Künstler, die uns mit Bild-Vorgaben quälen

Knebelverträge bei Konzerten: Darum veröffentlichen wir keine Fotos von diesen Auftritten

Thomas Correll

Leben

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11.12.2022, 11:00 Uhr
Trotzdem ein tolles Bild, klar. Aber aus dieser Entfernung ist es schwieriger, eine gute Nahaufnahme des Künstlers (in diesem Fall Rapper Cro) zu bekommen.

© Roland Fengler, NNZ Trotzdem ein tolles Bild, klar. Aber aus dieser Entfernung ist es schwieriger, eine gute Nahaufnahme des Künstlers (in diesem Fall Rapper Cro) zu bekommen.

Am Samstag, 10. Dezember, trat Bryan Adams in der Arena Nürnberger Versicherung auf. Eigentlich ein Konzert, bei dem einer unserer Fotografen im Einsatz wäre. Wenn Rockstars berühmt genug sind, die rund 10.000 Plätze der Arena zumindest halbwegs vollzumachen, gehört das für ein regionales Medienhaus zum Pflichtprogramm. Wenn da nicht ein Problem wäre, das zuletzt gehäuft auftrat - unter anderem beim Billy Idol-Konzert am 30. September.

Keine Bilder von Bryan Adams

Im Fall von Billy Idol und ähnlich auch bei Bryan Adams lief das so ab: Per Mail nannte der Veranstalter eine Bedingung, die wir nicht akzeptieren können. "Alle akkreditierten Fotograf*innen müssen für das Konzert einen Vertrag unterschreiben, in dem sie zustimmen, dass sie ihre Bilder zeitnah im Anschluss an das Konzert dem Künstler zur Nutzung überlassen", heißt es da. Das widerspricht den Regeln, wie sie (nicht nur) in unserem Haus gelten: Das Recht an der Nutzung der Fotos hat der Verlag, von dem der Fotograf schließlich sein Gehalt bezieht. Das Recht am Bild selbst, das Copyright, bleibt beim Fotografen.

Die Akkreditierung läuft bei Konzerten immer über den Veranstalter, also Agenturen wie das Concertbüro Franken, Semmel Concerts oder, wie bei Billy Idol, Argo Konzerte. Allerdings sind fast immer die Künstler oder deren Management für ungewöhnliche Bedingungen verantwortlich. Erfahrungsgemäß fallen besonders zwei Gruppen von Künstlern damit auf: Absolute Superstars, die sich jede noch so verrückte Forderung leisten können; und Künstler, die generell kein gutes Verhältnis zur Presse haben und auf die Berichterstattung verzichten können, weil sie ihre Fans anders erreichen - Stichwort: soziale Medien.

Ärger um Robbie Williams

Zur ersten Gruppe gehört Robbie Williams, der im August in München vor 100.000 Menschen spielte. Die Deutsche Presse-Agentur war nicht vor Ort - man könne den Vertragsbedingungen für Fotografen "aus rechtlichen Gründen nicht zustimmen". Zudem entzog der Konzertveranstalter, Leutgeb Entertainment, dem "Münchner Merkur" die Akkreditierung - das sei eine Ausnahme, hieß es, der "Merkur" habe in einem vorherigen Artikel über ein Helene-Fischer-Konzert Unwahrheiten verbreitet.

Ein Imago-Fotograf war da, die Deutsche Presse-Agentur nicht: Robbie Williams in München.

Ein Imago-Fotograf war da, die Deutsche Presse-Agentur nicht: Robbie Williams in München. © IMAGO/Daniel Scharinger, IMAGO/Daniel Scharinger

In Nürnberg finden keine Konzerte vor 100.000 Menschen statt. Hier geht es häufiger um die oben erwähnte zweite Gruppe. Am Montag, 19. September, waren die Böhsen Onkelz in der Arena zu Gast. Der Name des Veranstalters: LiveGeist Entertainment. Eine Firma, die offenbar keinen großen Wert darauf legt, kontaktiert zu werden. Nach einiger Internet-Recherche fand ein Redakteur unseres Hauses immerhin eine E-Mail-Adresse. Auf unsere Anfrage wegen der Akkreditierung kam allerdings keine Antwort. Also gab es auch in diesem Fall keine Fotos.

Über die Gründe kann man in diesem Fall nur spekulieren. Vor Jahrzehnten wurde viel über die Frage diskutiert, wie weit am rechten Rand die Onkelz politisch anzusiedeln sind - ein Aufreger-Thema ist das heute nicht mehr. Vielleicht ist bei der Band eine gewisse Abneigung gegenüber Journalisten geblieben - ob nun zurecht oder nicht, die Rocker kamen in den Medien häufig schlecht weg.

Aber auch das Verhältnis von Bands und Fans spielt sicher eine Rolle. Die Onkelz haben eine treue Fangemeinde, für die ein Artikel überhaupt keine Rolle spielt, sei er nun positiv oder negativ. Das Konzert in der Arena war ausverkauft, warum sich anstrengen?

Subtile Beeinträchtigung

Gleiches gilt für Rapper wie Capital Bra oder Cro. Ersterer will generell keine Presse auf seinen Konzerten, wie ein Redakteur im Vorfeld eines Auftritts des Teeniestars vor einigen Jahren feststellen musste. Beim Konzert des letzteren, Cro, im Frühjahr in der Kia Metropol Arena in Nürnberg durfte unser Fotograf nicht vor der Bühne fotografieren. Eine subtilere Form der Beeinträchtigung. Für den Fotografen wird es schwieriger, den Künstler in Großaufnahme abzulichten. Wir entschieden uns, in diesem Fall die Bedingung zu akzeptieren.

Normalerweise gilt: Fotos vor der Bühne, die ersten drei Songs, kein Blitz. Es ist eine Art Gentlemen's Agreement - wenn Künstler oder Veranstalter andere Regeln machen wollen, dann können sie das tun. Und in manchen Fällen sehen wir dann wiederum von der Berichterstattung ab.

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