Neues Mundartbuch beleuchtet unseren Dialekt

Fränkisch als heiteres Sprach-Rätsel: Was bedeutet "verderderder"?

Alexander Jungkunz

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4.12.2022, 10:55 Uhr
So sieht es aus, das neue Dialekt-Buch des Verlags Nürnberger Presse.

© VNP / Zeitungsshop, NNZ So sieht es aus, das neue Dialekt-Buch des Verlags Nürnberger Presse.

Für Nicht-Franken sind diese Texte nicht selten eine echte Herausforderung. Gut, dass die Autorinnen und Autoren auch mal mit "Übersetzungen" ins Hochdeutsche nachhelfen, wenn es schwierig wird.

Der ganze Satz hilft bei der Lösung

Was, zum Beispiel, will uns das Wörtchen "verderderder" sagen? Der Zusammenhang, also ein kompletter Satz, bringt vielleicht auch des Fränkischen nicht mächtige Leser der Lösung näher. Der Satz geht so: „Dou dein Kakdus gäissn, suns verderderder“. Also: "Du solltest Deine Kaktee gießen, sonst verdorrt sie dir." Verderderder: ein wunderbares Beispiel für die hier gar nicht so prälabiale Mund-Wort-Art der Franken.

Was macht es aus, das Fränkische, fragt Herausgeber Norbert Autenrieth zum Einstieg. "Welche Mundart hat so schöne Wörter wie ,Buddlersbaa' oder ,Nachtgiecher'"? Eben: keine andere. Das zeigen auch die versammelten mal sehr kurzen, mal ein paar Seiten umfassenden Gedichte und Geschichten dieses Bandes.

Altehrwürdiger Club der fränkischen Dichter

Autenrieth hat sie zusammen mit neun anderen Mitgliedern des altehrwürdigen "Collegiums Nürnberger Mundartdichter" zusammengestellt. Dieser Club der fränkischen Dichter formierte sich 1966 in Nürnberg. Bekannt wurde das Collegium durch Beiträge in den BR-Sendereihen "Am Abend in der Stubn“, "Bairisch Herz-Fränkische Ausgabe“ und "Wort in der Volksmusik". Gut hundert größere und kleinere Buchveröffentlichungen haben die Mitglieder schon hinter sich, ihr Sprecher ist der in Cadolzburg lebende Nürnberger Norbert Autenrieth. Mit dabei sind neben Autenrieth die Autorinnen und Autoren Friedrich Ach, Margit Begiebing, Christa Bellanova, Erich Hübel, Peter Landshuter, Jürgen Leuchauer, Annette Schell, Fritz Stiegler und Walter Tausendpfund. Sie alle haben ihre eigene Handschrift, ihre eigene Spielart des Fränkischen.

Er stellte das Buch zusammen: Norbert Autenrieth.

Er stellte das Buch zusammen: Norbert Autenrieth. © privat, NNZ

Das mit Zeichnungen des verstorbenen Fürther Malers Fritz Lang illustrierte Buch umfasst fünf Kapitel, jeweils - was sonst - mit sehr fränkischen Titeln. "Woss di Sprooch su ausmachd" taucht tief ein in den Kosmos unseres Dialekts. Welten prallen da etwa aufeinander, wenn Autenrieth schildert, wie ein fränkisches Urgestein fast vergeblich versucht, bei "Starbucks" schlicht und einfach einen Kaffee zu bestellen - es musste dann ein "Java Chip Chocolate Cream Frappuccino R blended beverage" werden. Eindeutig komplizierter als früher, als die Bedienung nur fragte: "Ä Dassn oder ä Borzion?"

Die zwei großen Lügen des Radsports

"Allmächd, wer hädd mid suwoss grechnd" heißt Kapitel zwei, das diverse Arten der Freizeitgestaltung unter die Lupe nimmt - auch das "vegane Reiten" - genauer: E-Bike-Fahren. Jürgen Leuchauer enthüllt da die zwei großen Lügen des Radsports: "1. Nur noch ein Anstieg, dann sind wir da. 2. Wir fahren heute ganz gemütlich."

Kapitel drei: "Midernander gäihd alles besser". Nicht ganz einfach in Franken, wo der Gast beim Blick in eine Wirtschaft, in der an jedem Tisch eine Person sitzt, sagt: "Gemmer widder, dou is alles voll."

Auch um die lieben Nachbarn geht es da. "Denggn is manchmol schmerzli" stellt Kapitel vier fest, also: Der Denkvorgang kann zeitweise mit Schmerzen verbunden sein.

Der Pegnitzer Walter Tausendpfund beschreibt da - leider erschreckend aktuell - die "Verrigde Weld". Ein Kurz-Gedicht: "Di Weld is gloodn / wäi e Bulvefass... / Di Weld koo glei / houchgäih wäi e Bombn... / Alle wissen's... / Und alle zündeln rum / wäi klaane Kinnele / im Haihaafn."

Mal launige, mal nachdenkliche Lektüre - nicht nur für gestandene Fränkinnen und Franken. Fei wergli!

INFO

Collegium Nürnberger Mundartdichter/Norbert Autenrieth (Hg.): Mer red ja ned, mer sachd ja blous. Heiteres und Hintergründiges aus den Tiefen der fränkischen Seele. Verlag Nürnberger Presse VNP, 156 Seiten, 16,90 Euro. Erhältlich in allen Geschäftsstellen unserer Zeitung, im Onlineshop sowie telefonisch unter 0911-216-2777 und im Buchhandel.