Erneut Aufregung in Bad Reichenhall

Radikale Positionen gegen Corona-Auflagen: Nun wird gegen einen zweiten Gebirgsjäger ermittelt

12.1.2022, 12:41 Uhr
Radikale Positionen gegen Corona-Auflagen: Nun wird gegen einen zweiten Gebirgsjäger ermittelt

© Sven Hoppe/dpa

Es ist starker Tobak, den der beschuldigte Gebirgsjäger laut Recherchen von tagesschau.de und dem Bayerischen Rundfunk in einer mehr als siebenminütigen Sprachnachricht von sich gibt. Der Soldat, der als militärischen Rang Hauptfeldwebel angibt und sich nach eigenen Worten im "Krieg" wähnt, fordert alle Angehörigen der Bundeswehr auf, sich "auf keinen Fall spritzen zu lassen". Außerdem spricht er davon, dass man "sich hier im Endkampf" befände und dass er die Bundesrepublik Deutschland für keinen souveränen Staat halte. "Die Zionisten ziehen aus dem Hintergrund immer noch die Fäden" ist ein weiterer verstörender Satz, der in einem Bericht des BR zitiert wird.

Laut dessen Recherchen ist der mutmaßliche Corona-Leugner im zur Gebirgsjäger-Brigade gehörenden Bataillon 231 eingesetzt, derselben Einheit in der Hochstaufen-Kaserne, in der auch der 29-jährige Oberfeldwebel Andreas O. seinen Dienst tat. O. hatte Ende Dezember 2021 öffentlich auf einer Kundgebung gegen die Corona-Schutzmaßnahmen der Regierung eine Art Ultimatum gesetzt und "Hochverrätern und Feiglingen am Grundgesetz" gedroht: "Eure Leichen wird man auf den Feldern verstreuen."

Das Tragen einer Schutzmaske verweigert

Schon Monate vor diesem Vorfall war der Unteroffizier seinen Vorgesetzten und seinen Kameradinnen und Kameraden aufgefallen. Unter anderem hatte er das Tragen eines Mund-Nase-Schutzes verweigert und Verschwörungstheorien verbreitet. Im April 2021 wurde ihm deshalb verboten, seinen Dienst weiter auszuüben. Nach seiner Freistellung wurde er auf Telegram aktiv, schrieb dort laut BR-Recherchen unter mehreren Pseudonymen mehr als 2000 Nachrichten, in denen er unter anderem durch Umsturz-Phantasien auffiel.

Wegen des Verdachts der Aufforderung zu Straftaten ermittelt nun die Generalstaatsanwaltschaft München gegen den Oberfeldwebel. Und auch in dem jüngsten Fall gegen einen weiteren Gebirgsjäger sind Ermittlungen angelaufen, wie ein Sprecher des Militärischen Abschirmdienstes bestätigt. Zu Details will sich die Verfassungsschutzbehörde, die unter anderem zuständig für die Bekämpfung von Extremismus innerhalb der Bundeswehr ist, aufgrund der laufenden Ermittlungen jedoch nicht äußern.

Weiterer Fall in Nordrhein-Westfalen

Neben den beiden Fällen in Bayern gibt es einen weiteren Soldaten, gegen den Ermittlungen laufen. Er ist nach Recherchen von tagesschau.de am Luftwaffenstützpunkt Erndtebrück in Nordrhein-Westfalen stationiert. In einer Telegram-Gruppe aus dem "Querdenker"-Spektrum schrieb er im Februar 2021, Anhänger der Verschwörungsideologie "QAnon" zu sein. Zu der Zeit wurde er zur Kontaktverfolgung beim Kreisgesundheitsamt abkommandiert. Über den Fall hatte die Westfalenpost berichtet.

Der Soldat kündigte damals auf Telegram an, exklusive Informationen zu liefern: "So Leute, da ich ja bei der Bundeswehr bin und ab heute zur Amtshilfe eingeteilt bin, kann ich direkt ab heute aus erster Hand berichten." Laut den eigenen Schilderungen des Soldaten fiel er mit seinen Äußerungen bereits mehrfach in der Kaserne auf.

So habe ihm ein Hauptfeldwebel einen Aluhut gebastelt. Ein Stabsoffizier habe ihn gefragt, ob er nicht Angst hätte, gemeldet zu werden. Seine Ansichten teilten in der Truppe jedoch die Wenigsten, der Großteil glaube an Corona und wolle sich impfen lassen. "Ich denke mir meinen Teil dabei, sollen sie ihre Gesundheit versauen", schreibt der Soldat. Er lasse sich "von so dummen Geschwätz nicht beeindrucken".

Anders als in den Fällen der Gebirgsjäger bleiben die Äußerungen des Soldaten in Nordrhein-Westfalen häufig Andeutungen. Sie sind jedoch konkret genug, dass der Militärische Abschirmdienst (MAD) gegen ihn ermittelt. Der MAD, zuständig für die Bekämpfung von Extremismus innerhalb Bundeswehr, bestätigt auf Nachfrage den Fall. Die verbreiteten Äußerungen seien bekannt, es laufe ein Ermittlungsverfahren gegen den Soldaten.

Konsequenzen gefordert

Der verteidigungspolitische Sprecher der Unions-Fraktion im Bundestag, Florian Hahn (CSU), verlangt harte Konsequenzen für radikalisierte Soldaten: "Egal in welcher Form sich dieses Gedankengut zeigt, ob über Reichsbürger-Argumentation oder als Querdenker: Sie alle verfolgen das Ziel, den demokratischen Rechtsstaat zu überwinden. Diese Menschen bewegen sich nicht mehr im Rahmen des Grundgesetzes und dürfen nicht in der Bundeswehr verbleiben."

Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, hält es für "in höchstem Maße alarmierend", wenn Soldaten sich auf diese Weise äußerten. Sie hätten einen Eid auf die Verfassung geschworen, so Klein, und sollten das Grundgesetz schützen, nicht bekämpfen.

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