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"Annette": Zwei Weltstars in einem trashigen Kino-Musical

16.12.2021, 09:35 Uhr
Ein Star als Star: Neben Adam Driver stürzt sich die Französin Marion Cotillard als gefeierte Opernsängerin Ann in das trashige Musical "Annette".

© Alamode Film/dpa Ein Star als Star: Neben Adam Driver stürzt sich die Französin Marion Cotillard als gefeierte Opernsängerin Ann in das trashige Musical "Annette".

Dass dieser Film exzentrisch werden könnte, war allerdings zu erwarten. Als Regisseur von "Annette" firmiert schließlich kein anderer als Leos Carax, mittlerweile 61 Jahre alt und bekannt geworden als einer der Wilden des französischen Films mit Werken wie "Die Nacht ist jung" von 1986, "Die Liebenden von Pont-Neuf" (1991) oder "Holy Motors" (2012). Filmidee, Drehbuch und Musik stammen zudem von den Brüdern Ron und Russell Mael alias Sparks, einer der schrillsten US-Bands der Popgeschichte.

Dass "Annette" – als Eröffnungsfilm der diesjährigen Festspiele von Cannes im Scheinwerferlicht des Weltkinos – jedoch so exzentrisch sein würde, erstaunt dann doch. Wenn dieses 140 Minuten lange Musical-Melodram nun in die Kinos kommt, sollte sich das deutsche Publikum auf zwei furchtlose Starschauspieler (Marion Cotillard und Adam Driver), einige grandiose Massenszenen und eine Unmenge von visuellen Ideen einstellen – aber auch auf eine Geschichte, die mit krude noch recht vorsichtig umschrieben ist.

Blühender Unsinn

Es wird zur bombastischen Electropop-Orchester-Musik der Sparks also viel gesungen in "Annette". Driver als aufbrausender Bühnenkomiker Henry auf dem absteigenden Ast und Cotillard als sanfte, frenetisch gefeierte Opernsängerin Ann machen ihre Sache gar nicht schlecht, obgleich der US-Amerikaner Driver ("Star Wars", "Marriage Story") bisweilen mehr mit seinem muskulösen Oberkörper überzeugt als durch eine große Stimme.

Oscar-reif sind die Leistungen der beiden Top-Schauspieler nicht. Dazu wird ihnen vom Mael/Carax-Drehbuch und der Regie des Franzosen zu viel Pathos und oft auch blühender Unsinn abverlangt.

Natürlich, und wie so oft im Musical, spielt das Kommen und Gehen der Liebe bis hin zum gemeinsamen Weg in den Abgrund (Driver besingt ihn bis zum bitteren Ende mehrfach) eine große Rolle in "Annette". Die Titelfigur wiederum – so viel darf hier verraten werden – ist ein Baby. Und was für eines!

Die Gelassenheit, mit der die Eltern dieses unfassbare Wesen herzen und anschmachten, grenzt ans unfreiwillig Komische (wie übrigens auch eine der Sexszenen mit Gesang).

"Affe Gottes"

"Wir pfeifen auf die Logik/es war nicht der Plan", singt Adam Drivers Henry als potenziell gewalttätiger Comedian mit dem Künstlernamen "Affe Gottes" gleich zu Beginn. Das passt. "Annette" nimmt sich (zu) viele Freiheiten, die Sinnhaftigkeit der Handlung bleibt auf der Strecke. Andererseits: Es gibt nicht viele Regisseure wie Carax, die sich so viel opulent bebilderte Trash-Nähe trauen. Ein Film, der polarisieren wird – wobei am Ende Kritiker-Himbeeren näher liegen könnten als Oscar-Ehren.

In diesen Kinos läuft der Film.

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