Umstrittene Überlegung
Mehr Flüchtlinge in den Städten? Fürths OB Jung appelliert an Söder - und warnt
6.8.2024, 19:10 UhrEin Vorstoß von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sorgt für Unruhe unter den Oberbürgermeistern: Söder hatte in der Süddeutschen Zeitung den Vorschlag gemacht, mehr Asylbewerber in den großen Städten unterzubringen statt im ländlichen Raum. Er reagierte damit auf Proteste und Kritik aus kleinen Orten, in denen größere Flüchtlingsunterkünfte geplant sind.
Nürnbergs OB Marcus König (CSU) sieht nach einem Bericht des BR insbesondere München in der Pflicht, Augsburgs Bürgermeisterin Eva Weber (CSU) warnt vor dem Kurswechsel und einer "Ungleichgewichtung". Auch Fürths OB Thomas Jung appelliert nun an Söder, die Städte nicht einseitig zu belasten.
Söder erwägt, mehr Asylsuchende in den größeren Städten unterzubringen
"Im Gegensatz zur offiziellen Parteilinie der Bayern SPD hatte ich in den beiden Jahrzehnten meiner Amtsführung nie Probleme, bayerische Ministerpräsidenten für manche ihrer Aktivitäten zu loben, sei es Horst Seehofer bei der Unterstützung während der Quelle-Krise oder den amtierenden Ministerpräsidenten Markus Söder bei der Begrenzung der illegalen Einwanderung oder der Entbürokratisierung der Verwaltung", betont Jung in einem längeren Statement.
Nun aber begebe sich Söder auf einen gefährlichen Weg, wenn er ernsthaft erwäge, die großen Städte in Bayern stärker mit Asylbewerbern zu belasten als die Landkreise, warnt der Fürther OB. "Bereits jetzt leisten die mittelfränkischen kreisfreien Städte im Vergleich zu den Landkreisen ein höheres Maß an Aufnahmebereitschaft für Asylbewerber. Dies haben meine Oberbürgermeisterkollegen und ich nie öffentlich thematisiert, sondern stillschweigend praktiziert", sagt Jung. "Dieses Wohlverhalten gegenüber dem Freistaat Bayern und seinen Unterbringungsnöten darf aber nicht dadurch bestraft werden, dass jetzt offiziell die Landkreise von der Pflicht entlastet und die Städte zusätzlich belastet werden."
Bereits heute, so Jung, übernehmen die großen Städte in Bayern "die Hauptlast der Migration". In Fürth sei es der stetige und ungebremste Zuzug von Menschen mit erhöhtem Bedarf an Pflege, mit psychischen Belastungen sowie Mehrfachbehinderungen. "Des Weiteren der ungebremste Zuzug von bildungsfernen Menschen aus Griechenland, die türkisch sprechen und sehr schwer integrierbar sind." Auch die Integrationslast vieler Arbeitskräfte aus der EU, vor allem aus Bulgarien und Rumänien, ebenso wie die Versorgung des Großteils der Geflüchteten aus der Ukraine, deren Anzahl in Fürth weiter steige, belasten nach Jungs Beobachtung die Großstädte.
Fürths OB: "Wohnraum, Schulraum, Kitas sind in großen Kommunen Mangelware"
In den großen Kommunen sei Wohnraum ebenso Mangelware wie Schulraum und Kitas. "In den ländlichen Regionen Bayerns sieht das teilweise ganz anders aus", gibt der OB zu bedenken. Der Verbandsvorsitzende des Bayerischen Städtetages, Markus Pannermayr (CSU), weise zu Recht darauf hin, dass die Integrationskraft auch von der Verfügbarkeit von Wohnraum, Kinderbetreuungsplätzen und schulischer Bildung abhänge.
"Ich stimme mit Ministerpräsident Söder überein, dass es Aufgabe des Bundes ist, den Zuzug zu begrenzen und zu steuern. Erste kleine Schritte der Besserung sind ja durch die neuen EU-Beschlüsse zu erkennen", sagt Jung. Einen Verteilungskampf zwischen Stadt und Land zu beginnen, könne nicht der richtige Weg sein. Er appelliere deshalb auch öffentlich an Söder, "seiner Gesamtverantwortung für die Menschen und die gute Entwicklung in Stadt und Land gleichermaßen gerecht zu werden".
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