"Heile Welt"

Dortmund-"Tatort": Ein Wiedersehen mit Martina Bönisch

27.8.2022, 18:55 Uhr
Martina Bönisch (Anna Schudt) und Peter Faber (Jörg Hartmann) auf dem Weg zum Tatort.

© Martin Menke, dpa Martina Bönisch (Anna Schudt) und Peter Faber (Jörg Hartmann) auf dem Weg zum Tatort.

Rosa Herzog heißt die Neue im Dortmunder "Tatort"-Team. Das war ja schon immer ein besonderes mit dem unberechenbar-impulsiven Faber (Jörg Hartmann), der seiner pragmatisch veranlagten Kollegin Martina Bönisch (Anna Schudt) mehr zugetan ist, als man das bislang tatsächlich sah. Nachdem Nora Dalay (Aylin Tezel) in der vergangenen Mafia-Doppelfolge ausgestiegen ist, komplettiert die zupackende Rosa Herzog (Stefanie Reinsperger) jetzt das Quarett mit Jan Pawlak (Rick Okon). Ein harter Einstieg, der gleichmal das Team zu sprengen droht.

Nach einem Brand im Keller des (fiktiven) Gerberzentrums, einer tristen Hochhaus-Siedlung, wird die verkohlte Leiche einer jungen Frau gefunden. Anna Slomka heißt sie, war frisch einzogen und wurde erschlagen, vielleicht auch vergewaltigt.

Die Ausländerquote im "Gerber" ist hoch, die Anonymität auch, die Bereitschaft mit der Polizei zu reden gering. Auch die irakische Familie Khaled schweigt. Der Vater ist Imam, der Sohn handelt mit Drogen. Als er nicht mit ihr reden will, führt die entnervte Bönisch den Jungen unsanft zum Verhör ab. In Windeseile stehen Handyaufnahmen davon im Netz – Futter für beiden Seiten: Rechte Politiker loben das vorbildliche Durchgreifen der Polizei und hetzen gegen Migranten. Die sich demokratisch gerierende Gegenseite ist auch nicht besser und setzt eine üble Kampagne in Gang, die Bönisch zur "Nazi-Schlampe" stempelt. Rechte und linke Gruppen stehen sich im Netz und bei eskalierenden Demos im Gerberzentrum gegenüber. Chaos, Gewalt, bürgerkriegsähnliche Zustände.

Mechanismen der Eskalation

Sehr beklemmend, überzeugend und differenziert zeigt das ausgezeichnete Drehbuch Jürgen Werners die Mechanismen der Eskalation im Zeitalter von Social Media und Fake News sowie die Folgen für den einzelnen im Shitstorm – mit so treffenden Sätzen wie diesem: "Eine Lüge ist schon drei Mal um die Erde gelaufen, bevor sich die Wahrheit die Schuhe anzieht." Regisseur Sebastian Ko setzt das ganze in "Heile Welt" (Sonntag, 20.15 Uhr, ARD) filmisch stark um. Die Dortmunder "Tatorte" sind oft gut, dieser ist herausragend. Rosa Herzog passt da gut rein.

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