Mit bis zu sieben Sitzplätzen
Dacia Jogger Hybrid: Wir testen den günstigen Familienvan
12.9.2023, 11:31 Uhr
Wie er aussieht:
Richtig gut. Wenn man es genau nimmt, ist der Dacia Jogger ein Van. Weil dieser einst so populären Fahrzeuggattung inzwischen ein eher angestaubtes Image anhaftet und selbst viele Familien dankend abwinken, hat Dacia die Karosserie mit schicken Beigaben vom SUV aufgepeppt – einen angedeuteten Unterfahrschutz gibt es ebenso wie eine verhältnismäßig hohe Bodenfreiheit von 20 Zentimetern und robuste Beplankungen hie und da. Auf dem Dach trägt der 4,55 Meter lange Jogger eine Dachreling (wir werden noch auf sie zurückkommen), der Heckabschluss ist ein nahezu senkrechter, das verspricht Praktikabilität.
Wie er eingerichtet ist:
Dacia erhebt nicht den Anspruch, eine Premiummarke zu sein, und so waltet im solide verarbeiteten Interieur eher ein funktionaler Pragmatismus. Eine Hartplastikallergie sollte man zwar nicht haben, doch der verbaute Kunststoff wirkt nicht billig, zumal sich quer über den Armaturenträger und über die Armauflagen an den Türinnenseiten eine Stoffbespannung zieht, die dem Interieur schlussendlich doch einen recht wohnlichen Charakter verleiht.

Die Sitze, na ja, mehr Seitenhalt und im Sinne des Sitzkomforts auch eine etwas dickeren Polsterung wär‘ schon schön. Die Fondpassagiere können – ausstattungsabhängig - aus den Rückenlehnen der Vordersitze kleine Tischchen ausklappen. Gegen 1000 Euro Aufpreis gibt es zudem zwei zusätzliche Sitze in dritter Reihe, was den Jogger zum Siebensitzer macht. Sich nach ganz hinten vorzuarbeiten ist allerdings nicht ganz einfach, mindestens muss dazu die Rücksitzlehne nach vorne auf die Sitzfläche geklappt werden, je nach Größe und Gelenkigkeit der Passagiere – Kinder sind da klar im Vorteil - kann es auch erforderlich sein, den Sitz senkrecht zu stellen. Luftzufuhr erhalten die Mitfahrer in letzter Reihe über Ausstellfenster.
In digitaler Hinsicht bringt der Jogger Hybrid – teils wiederum ausstattungsabhängig - alle wichtigen Basics mit: Ein digitales Fahrerdisplay, ein unkompliziert zu bedienendes Multimediasystem mit Acht-Zoll-Touchscreen, Smartphone-Integration (optional kabellos) und eine Rückfahrkamera.
Wie viel Platz er hat:
Bei fünfsitziger Konfiguration passen 607 Liter in den Kofferraum, das ist eine ganze Menge, werden die Rücksitze umgeklappt, wächst das Volumen auf beachtliche 1819 Liter und es tut sich eine Ladelänge von zwei Metern auf. Dass das Gepäckabteil bei siebensitziger Konstellation auf 160 Liter schrumpft, liegt in der Natur der Sache, Raum-Zauber kann Dacia nicht vollbringen. Wer häufig Schmuddelzeug zu transportieren hat, dem empfehlen wir die Kofferraumwanne, die – speziell zugeschnitten – sowohl für den Fünf- als auch für den Siebensitzer zu haben ist und 62 Euro kostet.

Auch bei der räumlichen Variabilität weiß der Jogger zu punkten – prinzipiell. So ist es möglich, sowohl die Sitze in zweiter als auch diejenigen in dritter Reihe umzulegen und senkrecht gegen die Vordersitzlehnen zu stellen. Dabei bleiben jedoch Stufen. Im Wagenboden zu versenken sind die beiden ganz hinteren Sitze nicht, man kann sie „nur“ ausbauen und aus dem Fahrzeug entfernen. Zumindest ist das keine Schwerstarbeit, denn mit neun Kilogramm wiegt so ein Stuhl nicht viel. Schön wäre es, wenn sich die Sitzbank in zweiter Reihe längs verschieben ließe, aber das kostet halt Geld und ist insofern wohl nicht ganz kompatibel mit Dacias Selbstverständnis als Budgetmarke.
So üppig die Kopffreiheit im Jogger bemessen ist, so knapp fällt die Kniefreiheit im Fond aus. Wissen sollte man auch, dass sich die Anhängelast beim Hybrid auf 750 bzw. 715 Kilogramm (ungebremst) beschränkt. Die Stützlast von 75 Kilogramm dürfte aber für drei E-Bikes ausreichen.
Ein Wort noch zur modularen Dachreling: Sie lässt sich mit wenigen Handgriffen zum Dachträgersystem mit Querträgern umfunktionieren, eine praktische Sache.
Was ihn antreibt:
Der Vollhybrid ist die jüngste Antriebsvariante für den Jogger und gleichzeitig die teuerste. Die Technik beschäftigt insgesamt drei Motoren: Einen 1,6-l-Vierzylinder-Benziner mit 69 kW/84 PS und zwei Elektromotoren. Der größere (36 kW/49 PS) ist ins Getriebe integriert und für den Antrieb sowie den Wechsel der Fahrstufen zuständig. Der kleinere (15 kW/20 PS) wiederum dient als Startergenerator. Insgesamt ergibt sich eine Systemleistung von 104 kW/141 PS.
Einen Ladeanschluss braucht der Jogger Hybrid nicht, die verhältnismäßig große 1,2-kWh-Batterie lädt während der Fahrt. Die Rekuperationsstärke lässt sich bequem mithilfe einer B-Fahrstufe intensivieren.

Die Schaltarbeit übernimmt ein automatisches, kupplungsloses Multi-Mode-Getriebe, das zwei Fahrstufen für den elektrischen Antrieb bereitstellt und vier für den Verbrennungsmotor vorhält.
Der Hybrid ist übrigens die einzige Jogger-Variante, für die es überhaupt eine Automatik gibt. Ansonsten muss manuell geschaltet werden. Das gilt sowohl für den Dreizylinder-Benziner TCe 110 (81 kW/110 PS) als auch für das bivalente Autogas-/Benzin-Modell TCe 100 Eco-G mit 74-kW/101-PS-Ausbaustufe des Dreizylinders.
Wie er sich fährt:
Der Jogger Hybrid fährt immer im elektrischen Modus an, den ein leises Sirren begleitet. Auch im Verlauf der weiteren Fahrt und selbst auf der Autobahn nimmt sich der Verbrenner überraschend oft eine Auszeit, zu erkennen ist das dann am „EV“-Zeichen im Fahrerinstrumentarium.
Der Antrieb ist alles andere als durchsetzungsschwach, er dreht emsig hoch und versetzt den Jogger motiviert in Bewegung. So lässt es sich auch gut auf die Langstrecke gehen, dass 167 km/h das Äußerste sind, haben wir nicht als Defizit empfunden. Drückt man das Gaspedal allzu fordernd durch, mag sich der Vierzylinder akustisch allerdings nicht mehr zurückhalten und beginnt unwillig zu tönen. Zudem haben wir schon Automatikgetriebe erlebt, die beim Wechsel der Fahrstufen sanfter und harmonischer vorgegangen sind, es kommt vor, dass ein – unvermittelter – Ruck durch den Jogger geht.

Das Fahrwerk nimmt Unebenheiten und Querfugen ausreichend rücksichtsvoll die Härte. Keine allzu großen Ansprüche sollte der Kunde an die Assistenzabteilung richten, ausstattungsabhängig gibt es einen Totwinkelwarner und einen Tempomaten, nach fortgeschrittenen Systemen wie einem Spurhaltehelfer, einer kamerabasierten Verkehrszeichenerkennung oder einem Adaptivtempomat wird man die Preisliste aber vergebens durchforsten.
Gerade für Familien ist Sicherheit wichtig. Deshalb sei an dieser Stelle auf das schlechte Ein-Sterne-Ergebnis eingegangen, das der Jogger beim Euro-NCAP-Crashtest eingefahren hat. Fairerweise muss dazu gesagt werden, dass auch bestimmte Lücken bei den Assistenzsystemen zu Punktabzügen geführt haben - so gibt es für die dritte Sitzreihe keine Anschnallwarnung und der Notbremsassistent erkennt zwar Autos, aber keine Fahrräder oder Fußgänger. Beim Insassenschutz per se hat der Jogger immerhin 70 Prozent erreicht, was vier Sternen entsprechen würde.
Was er verbraucht:
4,8 l/100 km, meldet die WLTP-Norm. Kann man schaffen, sofern man plan- und maßvoll mit dem Gaspedal umgeht und außerdem noch den Eco-Modus aktiviert. Tatsächlich ist es im Test dann ein Schnitt von 5,4 l/100 km geworden. Nicht rekordverdächtig, aber der Jogger liegt damit gut.
Was er bietet:
Den Dacia Jogger gibt es in vier verschiedenen Ausstattungsvarianten, der Hybrid 140 ist aber nur in Verbindung mit den beiden mittleren zu kombinieren, mit „Expression“ und „Extreme“ also. Zu den Mitbringseln der „Expression“-Variante zählen unter anderem Klimaanlage, die modulare Dachreling, das Multimediasystem mit Achtzoll-Touchscreen sowie das digitale Tachodisplay, ferner Regensensor und Tempomat. Der „Extreme“ legt noch 16-Zoll-Leichtmetallräder, Rückfahrkamera, Keyless Go sowie die Klapptischchen an den Rücksitzlehnen der Vordersitze drauf, außerdem ersetzt er die Klimaanlage durch eine Klimaautomatik.
Das höherwertigere Multimediasystem mit Navi kostet 400 Euro extra, die Option „Sitzheizung“ (250 Euro) bleibt – wenig nachvollziehbar - dem „Expression“-Modell vorbehalten.
Was er kostet:
Ab 24.100 Euro (Expression) beziehungsweise 25.100 Euro (Extreme).
Was wir meinen:
Praktisch, geräumig, optional siebensitzig, technisch und multimedial mit den wichtigsten Basics ausgestattet, solide verarbeitet und obendrein schick anzusehen: Müsste der Dacia Jogger mit einem einzigen Wort charakterisiert werden, so würde dieses wohl „vernünftig“ lauten. Der Hybrid 140 ist sicherlich die beste der drei Antriebsvarianten. Solcherart teilelektrifiziert, kann der Jogger zwar nicht mehr als Discountangebot durchgehen. Dennoch wird man keinen preiswerteren Familienvan finden. Und wer noch günstiger einsteigen will, kann dies bei der Autogas-Variante TCe 100 Eco-G schon ab 16.900 und beim Benziner TCe 110 ab 17.300 Euro tun.
Datenblatt: Dacia Jogger Hybrid 140
Antrieb: Otto-Vollhybrid, Multimode-Automatikgetriebe, Frontantrieb
VERBRENNUNGSMOTOR:
Hubraum 1598 ccm
Zylinder 4
Leistung 69 kW/94 PS bei 5600 U/min
max. Drehmoment 148 Nm bei 3200 U/min
HAUPTELEKTROMOTOR:
Leistung 36 kW/49 PS
Drehmoment 205 Nm
ZWEITER ELEKTROMOTOR:
Leistung 15 kW/20 PS
HYBRIDANTRIEB
Systemleistung 104 kW/141 PS
Batterietyp Lithium-Ionen
Batteriekapazität 1,2 kWh brutto
Höchstgeschwindigkeit 167 km/h
Beschleunigung 0 - 100 km/h 9,8 sec
Normverbrauch WLTP 4,8 l S/100
Testverbrauch 5,4 l/100 km
CO2-Emission WLTP 108 g/km
Schadstoffnorm Euro 6d-Full
Länge 4,55 m
Breite 1,78 ohne, 2,01 m mit Außenspiegeln
Höhe 1,67 m
Radstand 2,90 m
Bodenfreiheit 200 mm
Sitzplätze 5, optional 7
Gepäckraum 607 bis 1819 l
Tankinhalt 50 l
Leergewicht 1432 kg
zulässiges Gesamtgewicht 1825 kg
Zuladung 393 kg
Anhängelast 750 kg (gebremst), 715 kg (ungebremst)
Stützlast 75 kg
Dachlast 80 kg
Reifengröße 205/60 R16
Versicherungs-Typklassen 20 (HP), 17 (TK), 23 (VK)
Garantie 3 Jahre oder 100.000 km Laufleistung
Grundpreis 25.100 Euro
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