T1-Unikat mit Kettenantrieb
Nach 60 Jahren: Der Raupen-Bulli klettert wieder
11.6.2022, 20:34 UhrDer legendäre „Bulli“ T1 zählt zu den begehrtesten automobilen Sammlerstücken. Wer ein gut erhaltenes Exemplar aus den 1950er oder 1960er Jahren ergattern möchte, kommt mit 50000 Euro noch sehr günstig davon. Dabei sind vom T1 bis 1967 rund 1,5 Millionen Einheiten gebaut worden. Nahezu unbezahlbar ist daher ein 60 Jahre altes Unikat, das unter den Händen der Oldtimer-Spezialisten von VW Nutzfahrzeuge zurück zu alter Form gefunden hat: Der „Raupen-Fuchs“.
Seine Laufbahn begann der orangefarbene Kletterkünstler anno 1962 noch als ganz normaler VW-Bus. Bis Kurt Kretzner in sein Leben trat: Der Wiener VW-Mechaniker hatte für das alpine Österreich einen Mangel an geländegängigen Transportern konstatiert und war zur Tat geschritten. In rund vier Jahren baute der passionierte Skifahrer den T1 um. Vorne verpasste er ihm eine gelenkte Doppelachse mit Zwillingsreifen, hinten gleichfalls eine Doppelachse mit Kettenantrieb, einschließlich dicker Gummiblöcke, um asphaltierte Straßen vor Schäden zu bewahren.
Die Antriebskräfte nehmen sich nach heutigen Maßstäben überaus bescheiden aus: 25 kW/34 PS, bereitgestellt von einem 1,2-l-Boxermotor und ausreichend für 35 km/h Höchstgeschwindigkeit.
Der Erfolg blieb aus
Die erhoffte Karriere auf – so Kretzner – „Schnee, Almwiesen, Mooren, kleinen Bächen und in Wäldern“ blieb dem Raupen-Bulli allerdings verwehrt. Nur zwei Exemplare des Gipfelstürmers wurden fertiggestellt, beim dritten stockte die Produktion dann schon.
Von Bulli-Liebhabern übernommen
Die Geschichte des einzigen überlebenden Modells verlief wechselvoll. 1985, so rekapituliert VW, wurde der T1 letztmalig in Wien gesichtet, Anfang der 1990er-Jahre gelangte er dann in den Besitz des Porsche-Museums Gmünd und später in den der Liebhabergemeinschaft „Bullikartei“, deren Restaurationsversuch allerdings unvollendet blieb.
Das änderte sich erst 2018, als der Hochalpinist Eingang in die Sammlung Volkswagen Nutzfahrzeuge Oldtimer fand. Die Klassik-Experten entfernten den Lack, setzten die Karosserie instand, tauchten sie in ein korrosionsschützendes KTL-Bad und überzogen sie mit frischem Leuchtorange. Das zunächst entkernte Interieur wurde mit Mobiliar aus Buchen- und Kiefernhölzern eingerichtet und mit Werkzeughalterungen bestückt. Im Schnee und an Steilhängen durfte sich der Raupen-Bulli freilich nur kurzzeitig beweisen – seine neue Heimat wird er wohl im Museum finden.
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