Wenn es am Polarkreis Tag bleibt
Der helle Wahnsinn: Die schönsten Fotos von den Mittsommernächte in Schwedisch Lappland
27 Bilder 10.7.2024, 14:26 UhrIn diesem Teil des Bottnischen Meerbusens legt sich die Mitternachtssonne über das stille Gewässer wie ein gleißender Ball. Die Einheimischen zelebrieren diese Nächte mit ihren Liebsten, wie hier im Frevisören Camp & Resort bei Båtskärsnäs. Es sind leicht Tage. © Andrea Munkert
Weil mit der Helligkeit der menschliche Melatoninspiegel sinkt, der uns die Müdigkeit bringt, fühlt man sich in den Nächten, in denen die Sonne nicht untergeht, vor allem eines: energetisiert. Und ab zu viel Schlaflosigkeit auch ein wenig überdreht. Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte eine Schlafmaske im Gepäck haben. © Andrea Munkert
Idylle und Ruhe: Das sind die beiden vorherrschenden Aspekte, die für eine Reise nach Schwedisch Lappland, an den arktischen Polarkreis, sprechen. Denn: Wer sich zu viel im Hamsterrad der Gesellschaft gedreht hat, kommt hier schnell auf den Boden der Tatsachen - so unberührt scheint das Leben und vor allem die Natur in diesen Breitengraden zu sein. In Frevisören/Båtskärsnäs können Camper entweder direkt am Wasser stehen oder sich einen der Bungalows (mit eigener Sauna) nehmen. © Andrea Munkert
Viel Leben und viele Aktivitäten finden bei der sommerlichen Helligkeit in Schwedisch Lappland auch nachts statt - Wassersport zum Beispiel. Neben den Klassikern wie Kanu- oder Kajak-Fahren, können Sportliche sich auch auf das Hydrobike, also Wasserfahrrad, schwingen oder auf dem Stand-Up-Paddle-Board Runden über den Meerbusen bei Frevisören/Båtskärsnäs drehen. Einer der Anbieter vor Ort heißt "Nordic Life Experience". © Andrea Munkert
Lappland - ein Gebiet, das sich um den arktischen Polarkreis über Schweden, Finnland und Norwegen erstreckt - ist vor allem die Heimat der Sámi, den Indigenen. Im schwedischen Teil Lapplands leben insgesamt 2,3 Millionen Menschen. Die Samen machen davon 70. 000 aus. Das ist die offizielle Zahl - viele davon sind aber nicht staatlich registriert. © Andrea Munkert
Henry Huuva ist ein Sámi. Seine Familie ist seit unzähligen Generationen in den Wäldern Lapplands zu Hause. Nur wer samisches Blut hat, darf auch die Tracht der Indigenen tragen - und die ist bedeutungsschwanger: Die eingenähten Symbole auf dem Filz und dem Gürtel stehen für seine Herkunft. Huuva pflegt seine Kultur und möchten sie weitergeben. Deswegen hat er ein Hideaway mit vielen naturnahen Aktivitäten in seinem Stück Land aufgebaut. © Andrea Munkert
Mit seiner Frau Pia macht er das Leben im Rhythmus der Natur und ihrer Besonderheiten so nahe am Polarkreis erleb- und erschmeckbar. Während Henry auf ihrem Landstrich nahe des kleinen Dorfes Liehittäjä bei Övertorneå in der Outdoor-Küche typisch regional kocht, verhilft Pia Huuva zu einem Deep Dive in die läppischen Wälder. © Andrea Munkert
Das Leben der Sámi verläuft im Einklang mit und in Huldigung an die Natur: "Die Kultur ist es, nur so viel aus der Natur zu nehmen, wie man braucht", erklärt Pia Huuva. Die Ernährung bestückt sich ebenfalls nur aus dem, was das Land hergibt: Waldbeeren (darunter vor allem Preiselbeeren und die seltene Moltebeere), Fisch aus dem Fluss Torne älv, Rentier, Elch oder auch Kräuter. Die meisten Einheimischen bauen zudem Salat und Gemüse selbst an. © Andrea Munkert
In den rund 100 Nächten der Mittsommersonne, an denen es keinen Nachtschatten gibt, fällt auch der Tag der Sonnenwende am 21. Juni. Dieser Tag gilt in Schweden als zweithöchster Feiertag nach Weihnachten. Das ganze Land ist unterwegs zu Familie und Freunden - gemeinsam wird das typische Mittsommer-Dinner mit Blumenkranz im Haar und viel Aquavit (Schwedisch: "Snaps") zum Herunterspülen verzehrt. Dazu werden laut Trinklieder gesungen. © Andrea Munkert
Traditionell kommt in der Mittsommer-Nacht Hering in Sahne mit Kallix Löjrom Kaviar, jungen Kartoffeln und flüssiger Butter, in die die Kartoffeln getunkt werden, auf den Tisch. Dazu gibt es Salat und hausgemachte Mixed Pickles aus Blumenkohl, Brokkoli und mehr. Auch die Festspeise ist eine Huldigung an die Fülle der Natur im Frühling nach einem langen Winter. © Andrea Munkert
Mit einem waschechten Sámi kommt man auch Finlandsvägen bei Övertorneå in Laufweite zur finnischen Grenze in Kontakt. Dort ist das Reich von Mika Korkeaniemi, der seine Herkunft nicht nur über handgemachte Souvenirs wie Schlüsselanhänger aus Elchhorn oder Schmuck aus Baumstämmen weitergibt, sondern die Besucher auch selbst Hand anlegen lässt. In seinem Forest Jewel können Urlauber eigene Kåsa (typisch läppischer Holzbecher, der am Gürtel baumelt) herstellen. Die Holztasse soll ein Leben lang halten. © Andrea Munkert
Mikas Kåsa hat ihm sein Vater aus einem Geschwulst an einem Birkenstamm geschnitzt, als Mika noch ein Kind war. Man sieht der Holztasse ihren Alltag an, denn Mika füllt sie gerne und häufig mit dem sehr starken und fast schon öligem schwedischem Kaffe oder mit rötlichem Pinienlikör, der fast schon teerig schmeckt. © Andrea Munkert
Der Fluss Torne älv zieht sich durch Schwedisch Lappland wie die Aorta durch den menschlichen Körper. Ähnlich stark versorgt der Torne auch seine Anwohner mit Lebenswichtigem: Er ist die Quelle für Lachs und Weißfisch. Gefangen wird die proteinreiche Beute im Dorf Kukkolaforsen noch klassisch per Hand und Kescher. In diesem traditionsreichen Fischerdorf wird alljährlich zur Hochzeit (dann wenn die Lachse auf dem Weg in ihre Brutstätten sind) eine riesige hölzerne Brücke in den Fluss gebaut. Im Winter wird sie wieder abgebaut und das Holz sowie die Seile eingelagert für das kommende Jahr. © Andrea Munkert
Das Leben am Fluss Torne ist rau. Im Winter wird hier eisgefischt, im Sommer plagen hier die Stechmücken (wie fast überall in dem gewässerreichen Landstrich). Die andere Uferseite ist klar zu sehen, Kukkolaforsen liegt an einer engeren Stelle im Flussverlauf des 410 Kilometer langen Torne. Hier feiert man Silvester gleich zwei Mal, denn Finnland ist der schwedischen Zeit eine Stunde voraus. © Andrea Munkert
Die Räucherhütte steht der Gemeinschaft in Kukkolaforsen sowie auch deren urlaubenden Gästen offen. Es ist wie ein Gemeinschaftshaus, in dem sich auch im strengen Winter bei einem Plausch aufgewärmt wird. Jenni Rissanen, der Chef quasi, hat den frisch gefangenen Lachs auf Holzbretter gepinnt, das Feuer erledigt den Rest. © Andrea Munkert
Frisch gefangen! Der Flammlachs landet direkt von der Feuerstelle in der traditionellen Holzschale. Auch die Kåsa, die Holztasse, darf nicht fehlen. Vor allem Weißfisch fangen sie hier, pro Saison und pro Fang-Brücke kommen schon 5000 Kilo pro Jahr zusammen. © Andrea Munkert
65 Prozent des Lachsaufkommens in der Baltischen See stammen aus dem Fluss Torneo. Hier in Kukkolaforsen werden Träume aus Bullerbü wahr. Hier ist Schweden so dermaßen kitschig und klassisch, wie es in Reiseführern oder Magazinen vermittelt wird. © Andrea Munkert
Schweden ohne Sauna? Gibt es nicht, fast jedes Haus hat eine Sauna integriert. In Kukkolaforsen, dem Fischerörtchen mit Fischereimuseum, liegt auch Schweden Sauna-Akademie. Dort sind verschiedene Modelle der Schwitzhütten zu entdecken - unter anderem eine Räuchersauna (in der es entsprechend riecht) mit einem offenen Räucherofen. Sie ist so groß, dass sich hier auch das Dorf trifft. Überhaupt ist in Schweden zu hören: "Das Leben beginnt und endet in der Sauna." Auch Geschäfte werden nackt und schwitzend abgeschlossen. Die Philosophie: Ehrlicher als in der Sauna ist man niemals. © Andrea Munkert
In Haparanda steht nicht nur das weltweit nördlichste Warenhaus von Ikea, sondern auch das altehrwürdige Haparanda Stadshotell, in dem schon vor Jahrhunderten Adlige oder auch Staatsmänner genächtigt haben. Inhaberin Susanne Wallin weiß da Geschichten zu erzählen. Erst kürzlich erschien der neue Krimi von Schwedens Bestsellerautor Hans Rosenfeldt, der hier spielt. Das Städtchen zeichnet sich unter anderem auch dadurch aus, dass man hier nachts und zu jeder Tageszeit Grenzen überschreiten kann - nämlich die nach Finnland. © Andrea Munkert
Wer kunstvoll nächtigen möchte, ist bei Gunhild Stensmyr richtig. Die Kulturunternehmerin verlagert ihr Leben von der Stadt aufs Land, weil sie sich unsterblich in den Ausblick bei Hedenäset verliebt hat. Und sie hat Ehrgeiziges vor: Sie möchte eine große Kunsthalle für zeitgenössische skandinavische Kunst an den Torne älv bringen und das über Crowdfunding finanzieren. Das Arthotel dazu hat sie schon in Betrieb genommen. © Andrea Munkert
Dunkler wirds nicht: Die Mittsommernächte haben etwas Magisches. Sie vermitteln das Gefühl, dass die Zeit unendlich ist. Die Helligkeit energetisiert, Müdigkeit nachts wie weggewischt. Das hat auch einen Grund: Der Melatoninspiegel im menschlichen Organismus steigt nur bei Dunkelheit. Die Einheimischen glauben, dass in diesen Nächten voller Licht magische Wesen unterwegs sind. Ob ja oder nein, das ist egal - die Natur sorgt ohnehin für genug Zauber. © Andrea Munkert
Hier soll in ein paar Jahren eine neue Anlaufstelle für zeitgenössische skandinavische Kunst entstanden sein. Im Sommer können Kunstsinnige dann außerdem zum Beispiel auf geführte Tour in die Wälder gehen oder im tiefsten und dunklen arktischen Winter Schneeschuhwandern oder auf Schlittentour mit Huskys gehen. © Andrea Munkert
In den lichten Nächten, die Ende Mai beginnen und Mitte Juli enden, sind natürlich auch die Einheimischen aktiver. Wer Lust hat, kann mit Guide Mika eine Runde über das sagenhafte Felsenmeer Luppioberget drehen und dann bei Lagerfeuer und Stockbrot den Blick in die Ferne schweifen lassen und sich von Mika etwas über das Leben in den Wäldern berichten lassen. © Andrea Munkert
"Jeesus!", hat jemand auf einen Teil des Felsenmeeres Luppioberget gesprüht - da kann der Passant beipflichten. Die Sehenswürdigkeit in Övertorneå ist wirklich eine Wucht. © Andrea Munkert
Nicht nur im Winter, sondern auch im Sommer können Urlauber in Lappland mit Huskys auf Tuchfühlung oder auf Spritztour gehen. Auch die Einheimischen lieben die agilen und sportlichen Hunde. Während man sich im Winter eher auf Schlittentouren verlagert, sind Husky-Spaziergänge im Sommer angesagt. Wobei "Spaziergang" bei diesen kraftvollen Tieren nicht wirklich zutrifft - es ist eher ein Huskyrennen. Sportliche Kleidung, gripfestes Schuhwerk und Mückenspray sind unerlässlich. © Andrea Munkert
Anbieter für Aktivitäten mit Huskys gibt es in diesem Landstrich einige, zum Beispiel über die Lapland View Lodge am Felsenmeer Luppioberget bei Övertorneå. Demi ist hier für den Zwinger, das Wohlbefinden und die Aktivitäten der Huskys zuständig. Im Sommer merkt man, dass die Kraftpakete wahre Winterfans sind - die Hitze strengt sie ordentlich an. Aber wie Huskys eben so sind, sie nehmen es sportlich. © Andrea Munkert
Wald und Grün, wohin das Auge reicht. 70 Prozent der schwedischen Landesfläche sind von Wäldern bedeckt. Hier wachsen vor allem Kiefern, Birken oder Tannen. Der Wald ist zudem das Zuhause von Luchsen, Bären, vielen Vogelarten, Rentieren oder auch Elchen. Die Wälder in Schwedisch Lappland, also im Norden, sind so unberührt und intakt, dass hier massenweise seltene Flechten wie dichte Spinnweben an den Bäumen hängen - sie wachsen nur bei sehr reiner Luft. Der gestresste Städter staunt über die Fülle und die Ruhe, die diese Wälder vermitteln - so als hätte jemand das Hamsterrad angehalten. © Andrea Munkert