Schädlingsbekämpfung

Kampf gegen die Wespen

1.8.2022, 11:00 Uhr
Kampf gegen die Wespen

© Julian Stratenschulte/dpa

Nach einer halben Stunde bemerkte Bernd Seidel wie seine Zunge pelzig wurde, wenig später lag er im Krankenhaus. Als er auf dem Sportplatz des BSV Hannover Gleidingen ein paar Fahnenstangen aus einem Schuppen holen wollte, stach er versehentlich in ein Wespennest.

Die Wespen stachen zurück - und zwar ganze sieben Mal. Die Folge war eine allergische Reaktion. Der Sportverein BSV Hannovera Gleidingen kämpft schon seit Jahren mit einem Wespenproblem. "Viele Sportler wissen ja noch gar nicht, dass sie allergisch sind", sagt Vorsitzende Heike Heisig. Zuletzt hatte es den Greenkeeper erwischt. "Es brummte und summte im Arm", erzählt Heisig. Gerade für die Kinder im Verein seien die oft aggressiven Insekten angsteinflößend und stören den Sportbetrieb.

Warmer und feuchter Sommer begünstigt Population

Helfen soll jetzt Günter Schaper. Er ist Schädlingsbekämpfer und kümmert sich um Schädlinge "von A bis Z, von der Ameise bis zur Zecke". Seit 41 Jahren ist er schon in diesem Bereich tätig. Nach kurzer Lageerkundung ist klar: Schaper hat hier einiges zu tun. In einem kleinen Spalt zwischen den Holzleisten an der Fassade fliegen die Wespen rein und raus, es herrscht ein reger Flugverkehr.

Doch Wespen zu entfernen ist gar nicht so leicht und auch nicht immer erlaubt. Da muss genau hingeschaut werden, um welchen Fall es sich dort handelt, sagt Schaper. Von insgesamt etwa 463 Wespenarten in Deutschland dürften nur zwei bekämpft werden.

"Das warme und trockene Frühjahr hat günstige Voraussetzungen für die Entwicklung von Wespenvölkern geschaffen", heißt es vom Nabu Niedersachsen. Der Sommer sei die Höchstphase dieser Insekten. Ob ein Nest umgesiedelt werden kann, sollte laut Nabu immer von Fachleuten bewertet werden. So auch, ob ein unbeschwertes Miteinander nicht doch möglich sei. "Im Herbst ist die Zeit der Wespen und damit ein möglicher Störfaktor für den Menschen ohnehin wieder vorbei."

Hohe Auftragslage für Schädlingsbekämpfer

So lange können die Sportler des BSV Hannovera Gleidingen nicht warten. Schädlingsbekämpfer Schaper kommt an die insgesamt drei Nester nicht direkt heran, ein Umsiedeln ist unmöglich. In ein Rohr mit einer Gasdruckpistole füllt Günter Schaper ein weißes Pulver. Das Mittel ist der biologische Wirkstoff Pyrethrum, der aus der Chrysanthemen-Blüte gewonnen wird. Für Menschen sei es ungefährlich, für die Insekten sei das Kontaktmittel tödlich, sagt Schaper. Das Pulver setzt sich auf den Beinen und dem Körper der Insekten fest. Schaper setzt den Wirkstoff seit über 40 Jahren ein.

Mit dem schmalen Ende des Metallrohrs dringt Schaper in den kleinen Spalt des Holzes ein, wo die Wespen herauskommen. Mit zwei kräftigen Sprühstößen steigt weißer Rauch aus den Ritzen des Holzes. Die Wespen sind aufgeregt und schwirren umher. Das Pulver setzt sich langsam ab, die Wespen schwanken wie betrunken hin und her. "Die sind natürlich jetzt sensibel", erzählt Schaper. Nach etwa zwei bis vier Stunden, sollten die Tiere außer Gefecht gesetzt sein, ihren Stechreflex behalten sie jedoch für etwa 24 Stunden weiter.

Nicht nur der Betrieb von Schaper kann aufgrund der hohen Wespenpopulation kaum noch Aufträge annehmen. "Wir haben ein deutlich erhöhtes Aufkommen", sagt auch Marcus Römer, Geschäftsführer vom Schädlingsbekämpfer Römer Biotech mit Standorten in Wilhelmshaven und Osnabrück. Er ist Mitglied im Vorstand vom Deutschen Schädlingsbekämpfer-Verband. Die Branche warnt derzeit vor unseriösen Anbietern ohne Fachkenntnis, die die Kunden abzocken würden. Man solle sich immer an regionale, gut ausgebildete Betriebe wenden.

Drei Wespennester hat Schädlingsbekämpfer Schaper im Sportverein an diesem Tag bekämpft. Heike Heisig ist froh, dass das Problem vorerst gelöst und die Gefahr für die Anwesenden erst einmal vorbei ist. Bernd Seidel kann sich nun auch wieder freier auf dem Sportplatz bewegen. "Aber ich halte weiter meine Augen offen."