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1. Januar 2022: A. D. ade: Blick zurück aufs Dürer-Jahr

1.1.2022, 07:00 Uhr
1. Januar 2022: A. D. ade: Blick zurück aufs Dürer-Jahr

© N.N:

Viel leeres Stroh wurde wieder gedroschen, und die gescheitesten Ideen des Jahres hatten mit Dürer direkt nichts zu tun: die Rede des Schriftstellers Horst Krüger über Nürnberg, die Einführung des Trempelmarktes, die Absage an die Schnapsidee des Stadionausbaues, der Baubeginn für das neue Messegelände. Wunsch für die nächsten Jahre: daß Nürnberg zu einem Gegenpol Münchens werden kann, daß diese Stadt attraktiver wird, daß sie mehr ausstrahlt als in der Vergangenheit. Erich Schreiber

Dürer hin, Dürer her, der Sommer war warm. Es hat nur einmal richtig geregnet und das war, als der Herr Bundespräsident kam, und da mußte ich den Bericht schreiben. Aber mich erwischt‘s ja immer. Was war denn schön, wenn man so rückblickend zurückschaut? Fast ist man als Lokalredakteur geneigt zu reduzieren, und zwar: auf den Trempelmarkt, auf den Waffenhof und auf die vielen Fremden von ganz weit weg, die auf einmal unser altes, liebes Nürnberg entdeckt haben, ganz so, als ob es die Stadt nicht früher auch schon gegeben hätte. Das aber ist mein Wunsch für 1972: Xundheit, einen Haufen Geld und warmes Wetter. Für den Durst. Prost! Harald Lamprecht

1971? Was rechtes ist aus dem Jahr nicht worden: die Polizei ist futsch, aber bezahlen müssen wir sie noch, Fürth dürfen wir dafür nicht eingemeinden, und der Stadionausbau? Wer den Schmarrn glaubt. Zum Glück: mir bleibt der Hafen. Da passiert immer etwas, hab‘ ich dem Chef beigebracht. Drum kann ich so oft rausfahren, wie ich mag. Natürlich schreibe ich auch meist irgendwas. Aber noch lieber liege ich in der Sonne und schau das viele Wasser an – oder bade drin (weils verboten ist). Helmut Dirla

Nach vier Stunden Franken kommt‘s mir erst, weshalb 1971 die führenden Köpfe im Rathaus so umgänglich waren. Sie honorierten damit nicht die 92 1/4 Manuskriptseiten über Stadiondebatten, auf denen kein Stadtrats-Schnauferer vergessen war. Sie dachten schon daran, daß wir außer dem Hafenjahr 1972 auch ein Wahljahr haben. In solchen ernsten Zeiten spricht (und nippt) der Kommunalpolitiker gern mit Presseleuten. Da fällt mir ein, es könnte eigentlich so bleiben. Wenn der Prölß auf den Holzbauer (oder umgekehrt) losgeht, lassen sich bei einem guten Tropfen unbedachte Wahlkampfsottisen ganz leicht verschmerzen, zumal alle das Wohl der Stadt im Auge haben. Karl Engelhardt

1971 war das Jahr großer Straßensammlungen. Zum Beispiel im Juni. Vier Bürger auf dem Hauptmarkt fielen besonders auf. Es waren Männer, denen eine erfolgreiche Karriere, Macht und Einfluß nachgesagt werden. Diesmal traten sie den Passanten mit der Sammelbüchse entgegen. Dabei mußten die erfolgreichen Herren erfahren, wie manch einer ihnen aus dem Wege ging, wie man sie geflissentlich übersah oder mit kurzen Worten abspeiste. Sammlerschicksal. Die Vier: Minister Pirkl sowie die Abgeordneten Balz, Drexler und Langenberger. Sie mußten erfahren, wie schwer sich die freien Wohlfahrtsverbände ihre Gelder zusammenbetteln müssen. Keine schlechte Erfahrung eigentlich, denn nun könnten die vier engagierten Parlamentarier ihren Einfluß geltend machen, daß die öffentliche Hand armen oder behinderten Menschen großzügiger hilft. Siegfried Ruckdeschel

Die Bilanz 1971 war recht ordentlich. Der Polizeireporter kann sich nicht beklagen. Die Schüsse bei Beate Uhse waren ein durchaus unpassender Jahresausklang. Da lagen Sex und Crime zu dicht beieinander. Ich hoffe, daß meine Freunde auch in Zukunft in den Dezernaten für Mord, Sitte und andere Gaunereien sitzen werden. Hoffentlich recht lange sitzen werden. Denn die Polizei lebt nicht vom Verkehr allein. Christian Polit

Sie haben in diesem Jahr viel genörgelt, die Nürnberger, wenn sie in den Cafés und Wirtschaften keine Plätze bekamen, weil diese von Dürer-Gästen belegt waren. Und die Einheimischen, die seit Jahren keinen Schritt in ein Museum getan hatten, wurden unversehens bildungsbeflissen und enttäuscht. Denn auch in Nürnbergs Musentempeln drängten sich die Fremden zuhauf. Ganz und gar fürs Volk waren eigentlich nur der Trempelmarkt und der Waffenhof. Trotzdem: heimlicher Stolz war auch in den Dauernörglern. Die NN machten die Probe aufs Exempel und konnten am gerechten Zorn der Nürnberger ersehen: es war wirklich kein „saublöd‘s Dürer-Jahr“.

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