Regierungserklärung im Landtag

Bürokratieabbau: Söders Konzept ist mutig - und Widerstand absehbar

Roland Englisch

Nürnberger Nachrichten

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13.6.2024, 14:27 Uhr
Alle reden und regen sich auf über das Paragrafendickicht in der Republik. Jetzt will CSU-Ministerpräsident Markus Söder es in Bayern auslichten.

© Sven Hoppe/dpa Alle reden und regen sich auf über das Paragrafendickicht in der Republik. Jetzt will CSU-Ministerpräsident Markus Söder es in Bayern auslichten.

Es ist ein mutiges Konzept, das Ministerpräsident Markus Söder und seine Regierung zum Bürokratieabbau vorgelegt haben. Nicht alles ist wirklich originell. Der genehmigungsfreie Ausbau von Dachgeschossen etwa ist bereits Gesetz. Doch das Gesetz verlangt, herzliche Grüße aus Absurdistan, ein Genehmigungsfreistellungsverfahren. Also weg damit.

Kein Gesetz ist von Haus aus sinnlos

Gut, dass Bayern viele Hürden abräumen will. Man wird sehen, was das Land davon umsetzen kann, wo es auf Widerstände treffen und wo es nachgeben wird. Jede Regel hat ihre Legitimation; sie ist nicht per se sinnlos, sondern aus vielerlei Gründen entstanden, weil sie Rechte einzelner oder der Allgemeinheit schützen soll. Wer sie abschafft, muss den Protest der Betroffenen aushalten.

CSU und Freie Wähler, aber auch die Grünen im Landtag und die SPD kämpfen für die Rückkehr zu mehr Eigenverantwortung. Sie sehen, dass das rechtliche Korsett in der Bundesrepublik viel zu eng geschnürt ist und der Wirtschaft wie der Gesellschaft die Luft zum Atmen nimmt. So weit, so gut.

Im Detail freilich geht es immer auch um Besitzstandswahrung. Wenn Söder fordert, dass Umweltstandards zurückgefahren werden, ruft das zwangsläufig die Grünen auf den Plan. Ähnlich bei der Frage nach dem Verbandsklagerecht. Natürlich irritiert, dass die Deutsche Umwelthilfe mit Sitz in Hannover regelmäßig Bayern und München verklagt. Söder will das abschaffen, die Umweltschützer nicht, weil die Verbände das Geld und das Know-How für komplexe Umweltverfahren haben.

Söder greift den Bürgerentscheid an

Dabei ist tatsächlich manchmal Vorsicht geboten, etwa bei Söders Reformplänen für Bürgerentscheide. Er wirft den Menschen im Land vor, sie missbrauchten sie für ihre persönlichen Interessen im Kampf gegen Windparks oder gegen (bayerische) Klinik-Reformpläne. Dabei ist die Grenze fließend zwischen Einzelinteressen und Allgemeinwohl und die Gefahr des Missbrauchs auf beiden Seiten groß.

Und natürlich ist zutreffend, dass Bayern unter dem CSU-Ministerpräsidenten Horst Seehofer nicht nur die 10H-Regel für Windkrafträder eingeführt, sondern auch erzwungen hat, dass die Hochspannungsleitungen aus dem Norden unterirdisch nach Bayern führen müssen. Beides bremst die Energiewende aus. Andererseits ist es die CSU-geführte Regierung Söder, die jetzt wenigstens versucht, diese Hemmnisse abzubauen. Die für zwei Jahre alle Statistikpflichten im Landesrecht auf Eis legt. Die Gesetze nach fünf Jahren auf ihre Sinnhaftigkeit überprüfen, für ein neues zwei alte abschaffen und zehn Prozent der Verwaltungsvorschriften streichen will.

Klar, all das sind Absichtserklärungen. Welche still untergehen, was umgesetzt wird - offen. Doch die Opposition wäre gut beraten, wenn sie sich mit Kritik zurückhielte und sich konstruktiv beteiligte. Dass auf Ankündigungen auch Taten folgen müssen, dürfte ihr nicht fremd sein - schließlich wartet das Land seit zwei Jahren auf die Zeitenwende, die ihr Kanzler angekündigt hat.

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