Israel und Iran belauern sich
Ein kleines Stück Hoffnung: Der große Krieg in Nahost wird offenbar zumindest vertagt
9.8.2024, 14:39 UhrEs war ein Doppelschlag, der aufhorchen ließ: Erst tötete Israel den Vize der Hisbollah, Fuad Shukr, in Beirut. Dann löschte eine Bombe in Irans Hauptstadt Teheran Hamas-Chef Ismail Hanija aus. Zu dieser Tötung schwieg Israels Regierung, wie üblich. Doch das Signal war eindeutig: Wir sind stark, wir wissen genau Bescheid über unsere Feinde - und wir schlagen zu, um sie aus dem Weg zu räumen.
Danach erwarteten viele einen Flächenbrand in Nahost. Denn der Iran kündigte ebenso wie die Hisbollah Vergeltung an, mit den üblichen, sehr starken Worten. Doch bisher passierte: nichts - außer den leider schon alltäglichen gegenseitigen Attacken zwischen Israel und seinen Feinden Hamas und Hisbollah, diesen vom Iran gesponserten Terrorgruppen.
Das Szenario erinnert ans Frühjahr: Im April bombardierte Israel das iranische Konsulat in Syriens Hauptstadt Damaskus und tötete 16 Menschen, Teheran kündigte Vergeltung an - und es folgte: zwar der erste direkte Angriff des Iran auf Israel, allerdings auf kleinstmöglicher Flamme und mit vorheriger Ankündigung. Fast alle Raketen fing Israel - mit Hilfe der USA und auch Jordaniens - ab; Tel Aviv reagierte dann wiederum mit einem ebenfalls eher symbolischen Vergeltungsschlag gegen den Iran.
Die Verbündeten auf beiden Seiten drängen zur Mäßigung
Dosierte, teils auch inszenierte Rache war das, kein echtes militärisches Kräftemessen, eher ein Muskelspiel. Wiederholt sich das nun ähnlich? Es sieht jedenfalls so aus, als zeige der massive Druck der mächtigen Verbündeten beider Seiten Wirkung. Die USA - vor allem der scheidende Präsident Joe Biden - drängen Netanjahus Regierung zur Zurückhaltung. Und Russland wie auch China pochen im Iran auf Mäßigung.
Denn alle wissen, wie gefährlich ein großer Krieg wäre - auch für die Ölversorgung der Welt. Israel ist Atommacht, Irans Atomprogramm steht angeblich kurz vor dem Abschluss - im schlimmsten Fall stünden sich da zwei nuklear bewaffnete Todfeinde gegenüber. Einer davon, der Iran, sieht die Auslöschung Israels als Staatsauftrag - eine Erklärung dafür, dass Israel sich mit aller Härte und teils übers erlaubte Maß hinaus verteidigt.
Empörende Forderung eines rechtsradikalen Ministers in Israel
Nun drängen die USA, Ägypten und Katar auf die Wiederaufnahme von Verhandlungen für eine Waffenruhe in Gaza. Die werden mit dem neuen Hardliner an der Hamas-Spitze kaum leichter. Aber sie wären eine Chance - für die noch lebenden Geiseln und auch für Israel. Dort sorgte gerade der rechtsradikale Finanzminister Bezalel Smotrich für Empörung, als er forderte, man solle die Palästinenser in Gaza so lange hungern (also auch verhungern) lassen, bis die Geiseln frei sind.
Ein krimineller Aufruf - der zeigt, wie eine teils enthemmte Regierung Israels Demokratie ramponiert. Eigentlich müsste Netanjahu so einen Mann feuern - das wäre die Gelegenheit für einen Neuanfang und ein Hoffnungsschimmer für die Region. Aber schafft er es, über seinen Schatten zu springen? Da muss der Druck von innen wie außen wohl noch mehr steigen.
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