Bilanz des Dreikönigstreffens
Ideologischer als andere: Die Lindner-FDP wird noch mehr zur Partei der Besserverdienenden
6.1.2025, 15:39 UhrMal drei, mal vier Prozent: Mehr ist laut Umfragen nicht drin für die FDP bei der Bundestagswahl. Und es gibt eine Reihe von Gründen, warum den Liberalen das Aus droht. Unter anderem ist es jene permanent forsche, besserwisserische Art, mit der Christian Lindner auch beim Dreikönigstreffen wieder so tat, als kenne allein seine FDP den Weg aus der Krise.
Von Demut oder Selbstkritik war da nur ein bisschen was zu hören. Der Mann, dessen Ansehen wegen des D-Day-Szenarios für den kühl kalkulierten Ampel-Ausstieg einen dramatischen Absturz erlebte, tritt nach wie vor auf wie der Oberlehrer der Nation. Mit den immer gleichen Rezepten.
Das alte Glaubensbekenntnis der Steuersenkungen
Lindner wettert gern gegen Ideologen. Dass er selbst mit seinem unverrückbaren Glaubensbekenntnis an die neoliberale Steuersenkungspolitik und seine starre Absage an irgendeine Reform der Schuldenbremse längst der größte Ideologe unter einer wachsenden Zahl von zusehends pragmatisch denkenden Konkurrenten ist: Der FDP-Chef blendet das aus.
Er blickt stattdessen auf den Zeitgeist, der aktuell kräftig von rechts und radikal-liberal weht. Daher seine nun leicht revidierte Aussage kürzlich, Deutschland solle "ein kleines bisschen mehr Musk und Milei wagen". Damit bringt er nicht nur den Ur-Liberalen Gerhart Baum gegen sich auf, der "entsetzt" ist über Lindners Anbiederung: "Ein Milliardär steigt in den Wahlkampf von Trump ein, er macht aus Politik ein persönliches Geschäft, um sich zu bereichern. Das ist doch irre!" Lindners Programmatik ordnet Baum so ein: "Hauptsache Staatsausgaben senken, Hauptsache Behörden zurechtstutzen – das ist doch kein Liberalismus mehr, sondern eine vulgäre Kettensägen-Ideologie."
Die FDP erfand das Umweltbundesamt. Nun will sie es auflösen.
Baum spielt da auf den Argentinier Milei an und auf den Vorstoß der FDP-Spitze, das Umweltbundesamt (eine laut FDP-Generalsekretär Marco Buschmann "staatlich finanzierte Aktivisteneinrichtung") aufzulösen. Das Amt wurde einst von Hans-Dietrich Genscher gegründet - nun ist sie einem Turbo-Liberalismus im Weg, dem Klimaschutz nicht mehr so wichtig ist.
Wirtschaftsinstitute haben die Steuersenkungspläne der FDP durchgerechnet. Sie würden zwischen 138 und 188 Milliarden kosten - also erst mal riesige Lücken in den Etat reißen. So viel verspricht keine andere Partei. Und keine andere will so massiv vor allem die Besser- und Bestverdienenden entlasten. Steuersenkungen sind ein Mittel, um die Konjunktur anzutreiben. Aber wenn sie so einseitig sind wie bei der FDP, wird dieses Instrument fragwürdig. Und seriös ist so ein Programm auch nicht.
Lindner baut auf Stimmen von Unions-Wählern. Das kann der FDP über die Fünf-Prozent-Hürde helfen. Aber dass es dann für Schwarz-Gelb reicht - dazu wäre ein Wunder nötig. Möglich, dass Wunderheiler Lindner daran glaubt. Dann könnte er seinen radikal einseitigen Liberalismus fortsetzen. Eigentlich bräuchte diese Partei aber eine Runderneuerung - und bessere Ideen davon, was Freiheit heute bedeutet.
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