Geplanter Anschlag

Islamistischer Terror: Es wird Zeit, dass wir unseren Sicherheitskräften die Augenbinden abnehmen

Roland Englisch

Nürnberger Nachrichten

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10.8.2024, 05:00 Uhr
Es ist ein wunderbares Zeichen, dass die Swifties sich vom Terror nicht unterkriegen lassen, sondern einfach feiern. Doch ohne die USA hätte es ganz anders laufen können.

© Heinz-Peter Bader/picture alliance/dpa/AP Es ist ein wunderbares Zeichen, dass die Swifties sich vom Terror nicht unterkriegen lassen, sondern einfach feiern. Doch ohne die USA hätte es ganz anders laufen können.

Dank der guten Arbeit der Sicherheitsbehörden hat es das Blutbad nicht gegeben, das mutmaßlich ein IS-Fanatiker in Wien bei Taylor Swift geplant hatte, in letzter Sekunde. Die Polizei in Wien hat den Mann verhaftet; jetzt klärt sie sein Umfeld auf.

Dass es so gekommen ist, ist allerdings nicht zuerst das Verdienst der Wiener Behörden. So wie es in etlichen Fällen nicht das der deutschen Sicherheitsabteilungen war, wenn sie hierzulande Terroranschläge verhindert haben. Denn sie waren und sind weitgehend blind, was das Vorfeld angeht.

Sicherheit: Wir sind abhängig - und zucken mit den Schultern

Entscheidend ist jener verschämte Nebensatz, der viel zu regelmäßig fällt, wenn wieder ein Attentat verhindert worden ist: dass die Hinweise von ausländischen Diensten gekommen seien. Es sind in erster Linie die US-Amerikaner, in zweiter die Briten und manchmal die Israelis, die unseren Sicherheitskräften auf die Sprünge helfen und Schlimmstes verhindern.

Wir nehmen diese Abhängigkeit schulterzuckend hin. Es ist bequem, weil die ausländischen Dienste jene Drecksarbeit erledigen, zu der wir nicht bereit sind. Wir halten den Datenschutz in extremen Höhen, beschneiden die Möglichkeiten jener, die uns beschützen sollen, und feiern uns dafür. Die USA, Großbritannien und Israel haben aus ihrer Geschichte diese Scheu abgelegt; sie gehen den schmutzigeren Weg.

Es ist ein Luxus, den wir uns nicht leisten können. Denn es ist das pure Wohlwollen, dass fremde Dienste unsere Leute warnen und sie mit Informationen versorgen, für deren Art der Beschaffung wir sie gleichzeitig verurteilen. Wer das scheinheilig nennt, liegt richtig.

Manchmal könnte ein Gespräch mit Fahndern weiterhelfen, mit den Praktikern im Sicherheitskampf, die tagtäglich an den hohen Hürden scheitern, die wir eingezogen haben. Das betrifft nicht nur den Kampf gegen Terroristen, sondern ebenso den gegen Internetkriminelle, Kinderschänder, gegen Waffen- und Drogenhändler und die anderen hochkriminellen Elemente, die den Schutz des Internets missbrauchen.

Ein rechtsfreier Raum für Kriminelle

Es ist angesichts der immensen Herausforderungen grotesk, dass die Provider noch immer nicht festhalten müssen, wer sich bei schwersten Straftaten hinter einer IP-Adresse versteckt. So entsteht mit staatlicher Duldung und unter dem Etikett des Datenschutzes ein rechtsfreier Raum, der für die Sicherheitsbehörden ein blinder Fleck ist.

Denn auch die neue Generation an Islamisten radikalisiert sich nicht mehr in der Moschee, sondern im Netz, in Chaträumen, auf Internetplattformen. Wir verbinden unseren Fahndern die Augen - die Amerikaner schauen hin. Ohne ihre Hilfe hätten wir wohl Dutzende von Anschlägen mit hunderten oder tausenden Toten durchlitten.

Dabei ließe sich eindeutig definieren, welche Informationen wann herausgegeben werden müssen. Und welche schwersten Verbrechen, geplant oder verwirklicht, davon erfasst sein müssen. Es wird Zeit, dass wir unsere Doppelmoral beenden, gerade in dieser aus den Fugen geratenen Welt.

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