Härte überschreitet Grenzen

Israels Regierung geht im Gaza-Krieg zu weit - und gefährdet so auch die Zukunft des Landes

Alexander Jungkunz

Chefpublizist

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13.9.2024, 11:24 Uhr
Palästinenser stehen in einer Schule, nachdem ein israelischer Luftangriff das Gebäude im zentralen Gazastreifen getroffen hat.

© Omar Ashtawy/Omar Ashtawy/APA Images via ZUMA Press Wire/dpa Palästinenser stehen in einer Schule, nachdem ein israelischer Luftangriff das Gebäude im zentralen Gazastreifen getroffen hat.

Es ist nun bald ein Jahr her, dass dieser mit Abstand längste aller Kriege in Nahost begann - durch das beispiellose Massaker der Hamas vom 7. Oktober 2023. Niemand darf diesen Auslöser des Konflikts vergessen. Das Leben der palästinensischen Zivilbevölkerung ist der Hamas gleichgültig.

Israel hat das Recht auf Gegenwehr. Allerdings nimmt diese Gegenwehr inzwischen ein Ausmaß an, das Zweifel wachsen lässt. Lange sagten viele Experten, die Reaktion Israels sei mit dem Völkerrecht vereinbar. Doch nun mehren sich die Stimmen, die genau jene Grenze überschritten sehen, die kein zivilisierter Staat überschreiten sollte: Ist die Tötung Zigtausender Palästinenser doch ein Genozid?

Darüber muss der Internationale Gerichtshof entscheiden, das wird noch lange dauern. Israels Regierung aber liefert Woche für Woche Material für Anklagen. Die rechtsradikalen Minister in Netanjahus Kabinett stört das nicht einmal, sie machen aus ihren Absichten, die Palästinenser möglichst ganz aus dem Land samt der besetzten Gebiete zu verdrängen, kein Hehl. Sie lehnen auch eine Zwei-Staaten-Lösung ab und radikalisieren den Krieg.

Auch im Westjordanland häufen sich Attacken

Auch im Westjordanland häufen sich Attacken von Siedlern und der Armee auf Palästinenser. In Gaza hat man sich an die fürchterlichen Nachrichten fast schon gewöhnt. Nun wurde wieder eine Schule bombardiert. Zuvor gab es eine Attacke auf ein Gebiet, das eigentlich eine Schutzzone sein sollte.

Ja, die Hamas hat gerade erst Geiseln eiskalt getötet, sie nutzt die noch Lebenden als Spielmaterial. Aber: Netanjahus Regierung gefährdet deren Leben durch die massiven Attacken zusätzlich. Hunderttausende forcieren in Israel ihren Protest gegen Netanjahu, fordern Verhandlungen und eine Waffenruhe. Doch Netanjahu bleibt hart - auch, weil er nur im Amt geschützt ist vor Verfahren. Aus Eigennutz (Netanjahu) und Hass (die Rechtsradikalen in Israel) einen Krieg zu verlängern - das darf ein Land, das wie Israel stolz ist auf seine Demokratie, seine Freiheit, nicht hinnehmen.

Anträge auf Haftbefehle zeigen, worum es geht

Gerade erst hat der Ankläger des Internationalen Strafgerichtshofs gefordert, die von ihm im Mai beantragten Haftbefehle gegen Netanjahu, Verteidigungsminister Gallant sowie zwei Hamas-Führer auszustellen - ein "Signal, dass beide Seiten den kriegerischen Konflikt beenden und alles dafür tun müssen, um die humanitäre Situation für die vielen unschuldigen Zivilisten schnell zu verbessern", sagte der Erlanger Völkerrechtler Christoph Safferling dazu im Mai. Seitdem ist nichts in diese Richtung geschehen.

Daher braucht es mehr Druck auf Tel Aviv - von den USA, aber auch von Deutschland, das Israels Sicherheit zu seiner Staatsräson erklärt hat. Ein radikalisiertes Land aber, das Krieg ohne Ende und Maß führt und damit den Hass seiner Gegner multipliziert - dieses Israel setzt seine eigene Sicherheit und Zukunft auf Spiel. Echte Freunde der einzigen Demokratie in Nahost können da nicht nur zusehen.

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