Kampf um Einflusssphären

Punktsieg für Putin: Georgien driftet nach einer unfairen Wahl Richtung Russland

Alexander Jungkunz

Chefpublizist

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28.10.2024, 15:27 Uhr
Sie spricht von Wahlbetrug: die georgische Präsidentin Salome Surabischwili.

© Uncredited/dpa Sie spricht von Wahlbetrug: die georgische Präsidentin Salome Surabischwili.

Was geht uns Georgien an? Das kleine Land östlich der Türkei und südlich von Russland ist weit weg - und doch sehr nah, wenn es um aktuelle Konflikte und Kämpfe geht, um Macht- und Einfluss-Sphären. Da hat Moskau nun offenbar einen Punktsieg erzielt bei der Wahl in Georgien - und die Hoffnungen vieler Georgier auf einen EU-Beitritt schwinden.

In welche Richtung die Regierung in Tiflis steuert, das machte ein Mann sehr deutlich, der wieder einmal aus der Reihe tanzte: Ungarns Dauer-Premier Viktor Orbán. Als amtierender EU-Ratspräsident leistete er sich die nächste Extra-Tour, sehr zum Unwillen von Brüssel. Der Putin-Vertraute gratulierte der russlandfreundlichen Regierungspartei Georgiens schon zum Wahlsieg, als der noch gar nicht feststand. Und er reiste zum Glückwunsch prompt nach Tiflis.

Wieder leistet sich Viktor Orbán einen Alleingang

Dass Orbán da nur auf eigene Rechnung handelt, dürften viele leider übersehen. Umso wichtiger wird es für eine EU, die von ihren Werten nicht nur reden darf, sondern sie auch umsetzen sollte, dem ungarischen Autokraten noch mehr die Grenzen zu weisen.

Wenn sich Orbán über den Erfolg des "Georgischen Traums" freut, dann muss man davon ausgehen, dass diese Wahl für andere ein Albtraum ist. Nämlich für all jene, die gehofft hatten, Georgien schaffe es in absehbarer Zeit in die EU. Das Land, einst unter sowjetischer Knute, kam nach einer relativ liberalen Phase Ende 2023 in die Gruppe der EU-Beitrittskandidaten, seit Mitte 2024 liegt das Projekt aber auf Eis.

Der Grund: Die Regierung drückte gegen heftige Proteste, die das Land erschütterten, demokratiebeschränkende Gesetze durch, die russischen Vorlagen erstaunlich ähnelten und "ausländischen Einfluss" zurückdrängen sollten. Und den Wahlkampf bestritt der "Georgische Traum" mit Verschwörungserzählungen von einem angeblich drohenden Krieg nach ukrainischem Muster, ausgelöst vom Westen; da spielte die Regierung mit Ängsten.

Und schanzte sich mit einem geänderten Wahlgesetz sowie Manipulationen bei der Abstimmung - die Beobachter äußerten sich alarmiert - wohl den Wahlsieg zu. Ein Ergebnis, das selbst Georgiens pro-westliche Präsidentin Salome Surabischwili nicht anerkennt.

"Russische Sonderoperation" in Georgien

Sie spricht von einer "russischen Sonderoperation" und behauptet, der Kreml habe die Wahl massiv beeinflusst, mit allen Propaganda-Formen, die er auch bei uns einsetzt, digital und analog. Bei der Wahl in Moldau - auch ein EU-Beitrittskandidat - eine Woche vorher gelang das nicht so eindeutig, da sprach sich eine hauchdünne Mehrheit für die EU-Option des Landes aus, das Moskau auch wieder in sein Einflussgebiet einverleiben möchte.

Und zwar mit allen Mitteln. In Georgien hat Russland bei diesem Kampf um die Vorherrschaft nun gewonnen, die EU hat erst einmal verloren. Nächste Woche steht schon wieder ein EU-Gipfel an - in Budapest, mit Orbán als Gastgeber. Ein einhelliges Signal gegen Moskaus hybriden Krieg ist da nicht zu erwarten. Putin freut das.

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