Friedrich Merz, Unions-Kanzlerkandidat und CDU-Bundesvorsitzender, spricht mit Carsten Linnemann, CDU-Generalsekretär, beim 37. Bundesparteitag der CDU. Die CDU hat bei dem Parteitag ein "Sofortprogramm" beschlossen, das direkt nach der Bundestagswahl bei einer Regierungsbildung umgesetzt werden soll.
© Michael Kappeler/dpa
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Friedrich Merz, Unions-Kanzlerkandidat und CDU-Bundesvorsitzender, spricht mit Carsten Linnemann, CDU-Generalsekretär, beim 37. Bundesparteitag der CDU. Die CDU hat bei dem Parteitag ein "Sofortprogramm" beschlossen, das direkt nach der Bundestagswahl bei einer Regierungsbildung umgesetzt werden soll.

Parteitag der CDU

Warum Friedrich Merz sich unbeeindruckt von den Protesten gegen die Union zeigt

Riesen-Stimmung, gelöste Atmosphäre, viel Applaus: Die Inszenierung der CDU beim Parteitag war mehr als gelungen. Das "Sofortprogramm" für den Fall einer Regierungsübernahme wurde von den Delegierten euphorisch durchgewunken. So gehen Wahlparteitage. Und tatsächlich hat die Union allen Grund, optimistisch zu bleiben - selten standen die Chancen vor einer Bundestagswahl so gut für CDU und CSU.

Immer noch beträgt der Vorsprung in den Umfragen vor der SPD knapp 15 Prozentpunkte - eine schier unaufholbare Marge, zumal nur mehr drei Wochen bis zum Wahltag verbleiben. Friedrich Merz dürfte also aller Voraussicht nach die personelle Besetzung des Kanzleramts bereits planen.

Die vergangene Woche kam kaum vor bei dem Treffen

Und doch fehlte etwas: Die vergangene Woche spielte ein eher untergeordnete Rolle. Dabei könnten die letzten Januartage dereinst rückblickend als Paradigmenwechsel in der bundesrepublikanischen Geschichte eingehen. Denn die Union hat auf Betreiben von Merz eine Abstimmung im Bundestag mit Hilfe der AfD gewonnen, eine weitere knapp verloren. Mehrheiten mit den Rechtsaußenkräften im Parlament - das hat es seit 1949 noch nicht gegeben.

Seither gingen Hunderttausende in Deutschland auf die Straßen, um gegen die Merz-CDU zu protestieren. Auch der Parteitag in Berlin war von Protesten begleitet. In den Reden spielten diese Demonstrationen erwartungsgemäß eine untergeordnete Rolle. Parteitage vor Wahlen sind keine Foren für Selbstkritik, vielmehr dienen sie der Selbstvergewisserung und dem Schließen der Reihen. Demonstrative Rückendeckung lautet das Gebot der Stunde bei der CDU.

Letzteres war dringend nötig, fehlten Merz doch am vergangenen Freitag auch Stimmen aus den eigenen Reihen. Nun wird sich die Union - Markus Söders Rede war vielleicht das beste Beispiel dafür - bis 23. Februar nicht mehr auseinanderdividieren lassen. Der CSU-Chef hat reflexartig sein Grünen- und Ampel-Bashing zum Besten gegeben.

Ob dann das von vielen erwartete Ergebnis folgt, ist die wohl spannendste Frage, die auch der Verlauf dieses Parteitages offen lässt: Es gibt Beobachter, die als Folge der Merz-Woche der AfD einen Aufschwung prophezeien. Sollte es Alice Weidel und ihrer Partei gelingen, zur Union aufzuschließen, wäre dies eine herbe Niederlage für Merz.

Vor dem CDU-Vorsitzenden liegt eine Gratwanderung

Im Moment sieht es danach nicht aus. Merz zeigt sich unbeeindruckt - anders als etwa vergangenen Mittwoch, als es nach der AfD-Zustimmung zu seinem Entwurf der Fall gewesen war. Der Sauerländer weiß jedoch sehr genau, wie viel Vertrauen er verspielt hat. In den kommenden Wochen muss er gleichzeitig Wahlkampf führen und zeigen, dass er koalitionsfähig mit SPD oder Grünen ist. Derzeit gehen die potentiellen Koalitionspartner der Union gegen Merz auf die Straße. Vor dem CDU-Vorsitzenden liegt eine Gratwanderung, die gelingen kann, aber nicht gelingen muss.

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