Präsidentschaftswahlkampf in USA
Warum Taylor Swift den US-Wahlkampf mehr beeinflusst als das TV-Duell zwischen Harris und Trump
11.9.2024, 09:30 UhrSollten Studierende eines Tages nach Fallbeispielen für zornige alte Männer suchen, die einst erfolgreiche Politiker waren, liefert das große TV-Duell der US-Präsidentschaftskandidaten geeignetes Anschauungsmaterial: Donald Trump argumentierte kaum, er war einfach nur wütend.
Nun könnte man es sich leicht machen: Wer so auftritt, kann keine Chance haben. Das aber wäre eine grobe Fehleinschätzung, denn letzten Endes hat der 78-jährige Republikaner einfach das getan, was seine Fans erwarten. Seine Gegnerin Kamala Harris hat er als "Marxistin" beschimpft, den Demokraten unterstellte er erneut, auch Babys umbringen zu wollen. Und so weiter.
Es war die übliche Litanei eines Typen, dessen Programm aus zwei unerfüllbaren und dennoch verlockenden Verheißungen besteht: Amerika wolle er "größer und besser" machen.
Nachdem Harris deutlich schlagfertiger und agiler aufgetreten ist als Noch-Präsident Joe Biden vor wenigen Wochen, wirkt Trumps Lügenshow noch absurder als sie ohnehin ist. Statt sich im Gestern zu verlieren, so lautet die Argumentationslinie der 59-Jährigen, sollte es um Sachfragen gehen.
Als Trump über die Gewalt von Einwanderern faselt, schlägt die Stunde der Anklägerin Harris. Die Ex-Staatsanwältin zitiert Trumps Anklageregister, sonderlich viel - von den üblichen Verschwörungstheorien abgesehen - fällt dem Ex-Präsidenten dazu nicht ein.
Am Ende geht Harris als Punktsiegerin vom Platz, gewonnen hat sich deshalb noch lange nicht. Nach wie vor können beide Seiten ähnlich viele Wahlleute für sich verbuchen, immer noch spielt die Musik in einigen Swing States, also dort, wo es eben keine klaren Präferenzen für eine der beiden Seiten gibt.
Taylor Swift ist für Kamala Harris
Es bleibt spannend und womöglich sind es ohnehin ganz andere Faktoren als das im Vorfeld extrem gehypte TV-Duell, die diesen Wahlkampf entscheiden können. Taylor Swift zum Beispiel. Die global erfolgreichste Sängerin hat sich entschieden und nach dem Duell via Instagram ihre Wahlentscheidung den Zigmillionen Followern verkündet - sie will für Harris und Tim Walz, den Bewerber für das Vize-Präsidentenamt, stimmen.
Swift sieht in Harris auch eine Kämpferin für die Rechte der Frauen, im Umkehrschluss sagt das viel über ihre Einschätzung des entschiedenen Abtreibungsgegners Trump aus. Sollten nun, wie im Vorfeld spekuliert wurde, die "Swifties", also die riesige Community der Taylor-Swift-Fans, sich an ihrem Idol orientieren, hätte dies durchaus Folgen für den Wahlausgang.
Es sind solche aus europäischer Perspektive sonderbar anmutenden Faktoren, die eine weltpolitisch bedeutsame Entscheidung, das sind die Wahlen in den USA ohne jeden Zweifel, beeinflussen können. Das erste TV-Duell - ob Trump sich einem zweiten stellt, ist offen - hat jedenfalls noch keine Entscheidung gebracht. Allerdings wurde einer breiten Öffentlichkeit eindrucksvoll vor Augen geführt, wie wenig Trump neben der Wut des weißen, alten Mannes zu bieten hat.
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