Reaktion auf Anschlag von Solingen

Zeitenwende in der Asylpolitik: Warum es richtig ist, Straftäter nach Afghanistan abzuschieben

Michael Husarek

Chefredakteur Nürnberger Nachrichten

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30.8.2024, 11:16 Uhr
Polizeibeamte begleiten einen Afghanen auf dem Flughafen Leipzig-Halle in ein Charterflugzeug.

© Michael Kappeler/picture alliance/dpa Polizeibeamte begleiten einen Afghanen auf dem Flughafen Leipzig-Halle in ein Charterflugzeug.

Wenn die Zeit zwischen Ankündigung und Umsetzung nur wenige Stunden beträgt, muss es sich um ein Thema handeln, das keinerlei Aufschub erlaubt: Diese Zustandsbeschreibung trifft auf die Asylpolitik zu, spätestens seit dem Solinger Anschlag konnte es nicht schnell genug gehen, Entschlossenheit an den Tag zu legen.

Genau dies ist der viel kritisierten Ampelregierung nun gelungen: Donnerstag spätabends kündigte Innenministerin Nancy Faeser (SPD) an, Straftäter und Gefährder auch nach Syrien und Afghanistan abzuschieben, Freitag in den Morgenstunden hob der erste Flieger gen Kabul bereits ab. An Bord waren 28 afghanische Straftäter.

Damit ist auch faktisch die sich anbahnende Zeitenwende in der Migrationsdebatte angebrochen. Denn Abschiebungen in Krisenherde mit undemokratischen Machtstrukturen, zu dieser Kategorie zählen Syrien und Afghanistan zweifellos, wurden bislang mit Verweis auf humanitäre Gründe unterlassen.

Es ist nicht so, dass die Bundesrepublik eine 180-Grad-Kehrtwende vornimmt, nach wie vor gilt das Recht auf politisches Asyl, doch es werden eben Dinge, die seit längerem für eine Mehrheit der Menschen im Lande nicht mehr nachvollziehbar waren, angepasst: Dazu zählt die zügige Ausweisung von Straftätern und Gefährdern - auch in Staaten, in denen keine EU-Menschenrechtsstandards gelten.

Dass im speziellen Fall Afghanistan indirekt mit den dort herrschenden Taliban verhandelt werden musste, mag schmerzhaft sein, unvermeidlich war es dennoch. Am Ende ging es um die Abwägung zwischen innenpolitischer Stabilität und außenpolitisch das Gesicht zu wahren - die Ampelparteien haben sich, durchaus im Einvernehmen mit der Union, für den ersteren Weg entschieden.

Das ist deshalb richtig, weil nur so den Rechtsextremisten der Wind aus den Segeln genommen werden kann. Der Kurs der vergangenen Jahre, der AfD mehr oder weniger kampflos das Megathema Zuwanderung zu überlassen, hat sich als Fehler herauskristallisiert.

Dafür hat Olaf Scholz ein Lob verdient

Es ist schmerzlich, genau dort setzen Kritiker auch an, dass Deutschland seine eigenen Standards in der Asylpolitik erneut absenken musste, doch es war eben in der jetzigen Situation unausweichlich.

Die sehr zurecht heftig kritisierte Ampelregierung ließ dieses Mal sehr rasch den Worten Taten folgen. Dafür hat Kanzler Scholz ein Lob verdient. An der längst begonnenen Halbwertszeit seiner Koalition ändert dies nichts mehr. Ende 2025 wird aller Voraussicht nach eine neue Regierung die Geschäfte übernehmen.

Wie diese Koalition genau aussehen wird, darüber entscheidet auch die Zuwanderungspolitik der Ampel. Es ist deshalb sehr zu begrüßen, dass nun eine an den veränderten Realitäten angepasste Linie eingeschlagen wurde. Je weniger entschlossen das Kabinett Scholz handelt, desto mehr steigen die Chancen der Populisten bei den nächsten Bundestagswahlen. Die Landtagswahlen in Sachsen und in Thüringen, so steht zu befürchten, liefern einen Vorgeschmack.

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