Polizei beobachtet die Entwicklung

Montags-Spaziergänge: Rechte Vereinigung brüstet sich damit, vor Ort zu sein

18.1.2022, 17:05 Uhr
Der Bad Windsheimer Marktplatz am Montagabend, kurz bevor sich die Versammlung in Bewegung setzt.

© Bastian Lauer, NN Der Bad Windsheimer Marktplatz am Montagabend, kurz bevor sich die Versammlung in Bewegung setzt.

Die montäglichen Corona-Proteste gehen weiter, die Reaktionen darauf sind teils radikal, in Bad Windsheim gibt es einen zweiten offenen Brief, eine rechtsextreme Partei bezog Stellung und auch die Polizei äußerte sich. Ein Überblick vom Dienstag.

Am Montagabend waren in der Kurstadt wieder Spaziergänger unterwegs. Das Polizeipräsidium Mittelfranken berichtete von etwa 200 Teilnehmern an der nicht angemeldeten Versammlung. In Neustadt sollen es gleichzeitig rund 1000 gewesen sein. Der Weg der Bad Windsheimer Spaziergänger führte in den Westen der Stadt, laut Polizeibericht seien alle Spaziergänge friedlich verlaufen.

Polizei ist wachsam

Dies lasse sich für bisher alle diese Veranstaltungen in der Kurstadt sagen, erklärte Bad Windsheims Dienststellenleiter Heiko Dürr auf Nachfrage. „Es ist bisher unproblematisch.“ Man beobachte alle Spaziergänge, teils zu Fuß, teils aus dem Dienstfahrzeug, sei aber jeweils in Uniform und nicht in zivil unterwegs, betonte er.

Offener Brief an den Bürgermeister

Derweil liegt ein zweiter offener Brief aus den Reihen der Spaziergänger vor. Er stammt von Sven Künzel, der sich ähnlich wie der erste Brief direkt an den Bürgermeister und den Stadtrat wendet. Darin wird die „Einschränkung unserer Grundrechte“ durch die Corona-Maßnahmen beklagt.

Gerade die Belastung für die Kinder sei dadurch sehr hoch und nicht mehr hinnehmbar. Künzel fragt in Richtung Stadtrat: „Wurden Sie nicht gewählt, um sich für das Recht und das Wohl aller einzelner Bürger einzusetzen?“ Etwa 130 Unterschriften liegen dem Brief bei.

Teils heftige Reaktionen

Die WZ-Redaktion erreichten in den vergangenen Tagen einige Reaktionen zu den Protesten. Man dürfe ihnen keine Bühne geben, die Polizei müsste einschreiten, von rechtsextremer Unterwanderung der Spaziergänge ist die Rede. Die Verfasser der offenen Briefe wiesen letztere Vorwürfe gegenüber der WZ zurück, offensichtliche Hinweise dafür gibt es zumindest bei den Veranstaltungen in Bad Windsheim nicht. Allerdings brüstete sich die als rechtsextreme geltende Splitterpartei „Der III. Weg“ gestern auf ihrer Internetseite damit, in Mittelfranken am Start zu sein. Dort hieß es: „So gab es Demonstration und Spaziergänge in Nürnberg, Fürth, Feucht, Höchstadt an der Aisch, Neustadt an der Aisch, Roth, Bad Windsheim und weiteren Städten. Mit dabei waren natürlich auch wieder Aktivisten unserer nationalrevolutionären Partei.“

Versammlungsrecht als hohes Gut

Die Polizei kann derweil nur den stillen Beobachter spielen, wie Heiko Dürr erläuterte. Obwohl die Spaziergänge nicht als Versammlungen angemeldet sind, seien sie als solche zu werten – und damit sogar von der Polizei zu schützen. Artikel acht des Grundgesetzes beschreibt das Versammlungsrecht. „Ein Blick da rein reicht eigentlich“, betonte Dürr. Laut Grundgesetz stehe es jedem zu, seine Meinung frei zu äußern. Dies müsse die Polizei gewährleisten.
Auch Landratsamtspressesprecher Bastian Kallert verwies auf das Versammlungsrecht als „ein sehr hohes Gut“. Auch wenn das von manchen Gegnern der Spaziergänge gefordert werde und das Landratsamt tatsächlich „versammlungsbeschränkende Maßnahmen“ anordnen könnte – „es ist halt schwer“. Vom Landratsamt könnten „Allgemeinverfügungen erlassen werden, die sich an alle Veranstalter und potentiellen Teilnehmer richten, die sich zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort zu einem konkreten Anlass versammeln wollen“.

"Abstrakt-generelle Verbote"

Das gelte „insbesondere auch“ für diese Spaziergänge, bei denen es keine Veranstalter gibt. Allerdings sei hier angesichts von „oftmals vielen Unbekannten der Erlass einer rechtssicheren Allgemeinverfügung bereits aus juristischer Sicht zumindest erheblich erschwert“. Denn der Anwendungsbereich – Zeit und Ort – solcher Allgemeinverfügungen müsste sehr konkret definiert sein.
Bisher habe man am Landratsamt von diesem Schritt abgesehen, aber man beobachte die Entwicklungen sehr genau, betonte Kallert. Abschließend hob er hervor: „Abstrakt-generelle Verbote jedweder Versammlung sind grundsätzlich versammlungsrechtlich unzulässig.“