Durchsuchungen in ganz Deutschland

LKA geht gegen Hetze im Netz vor: Beschuldigte auch in Franken

22.3.2022, 14:01 Uhr
Hass im Netz soll mit bundesweiten Razzien unterbunden werden. 

© Fabian Sommer, dpa Hass im Netz soll mit bundesweiten Razzien unterbunden werden. 

Mit bundesweiten Razzien und Ermittlungen gegen Online-Hetzer wollen Regierungen und Justiz die Flut von Beleidigungen und Drohungen gegen Politiker eindämmen. In Bayern durchsuchten Polizei und Staatsanwälte am Dienstag im Rahmen eines bundesweiten "Aktionstags gegen Hasskriminalität" 14 Gebäude. Ermittelt wird nach Angaben des Landeskriminalamts in München gegen insgesamt 17 Beschuldigte - 13 Männer und vier Frauen im Alter von 33 bis 69 Jahren. Das teilte das Landeskriminalamt in München anschließend mit.

Ermittlungen in der Region

In den Landkreisen Fürth und Forchheim kam es unter anderem zu Durchsuchungen. Gegen die Beschuldigten wird wegen Verleumdung ermittelt. Der Hetzer im Landkreis Fürth hatte einen Post abgesetzt, in dem er der Bundestagsabgeordneten und Grünenpolitikerin Katrin Göring-Eckart eine Aussage in den Mund gelegt hat, die sie nie getätigt hat.

So soll sie gesagt haben: "Die sexuellen Übergriffe in Schorndorf (Baden-Württemberg) lassen sich zwar keineswegs entschuldigen, aber sie zeigen einen Hilferuf der Flüchtlinge, weil sie zu wenig von deutschen Frauen in ihren Gefühlen respektiert werden." Nachweislich hat Göring-Eckart diese Worte nie genutzt. Auch im Landkreis Forchheim ist ein Politiker Opfer von Verleumdung geworden: Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Im Post des Beschuldigten hieß es: "Söder: Eltern, die ihre Kinder ohne Impfschutz in die Schule schicken, sollen die Erziehungsberechtigung verlieren." Auch Söder hat das nachweislich nie so gesagt und ging gegen den Post rechtlich vor.

Razzien und Vernehmungen gab es auch in 12 anderen Bundesländern. Deutschlandweit wird nach Angaben des Bundeskriminalamts gegen über 100 Beschuldigte ermittelt. "Viele Engagierte in den Kommunen werden beschimpft und bedroht", sagte LKA-Präsident Harald Pickert. "Die Hassdelikte gegen Politiker haben gerade in Zusammenhang mit der Bundestagswahl zugenommen."

Durchsuchungen oder Vernehmungen gab es am Dienstag in allen sieben bayerischen Regierungsbezirken. Schwerpunkt war Oberbayern. Dort durchsuchten die Ermittler laut LKA insgesamt sieben Objekte, davon drei in München.

Innenminister Joachim Herrmann (CSU) betonte, dass es bei diesen Ermittlungen nicht bleiben soll: "Durch die akribische Auswertung der Beweismittel erhoffen wir uns auch neue Ermittlungsansätze zu weiteren Taten und Tätern."

Vorgehen gegen Hetze als Schwerpunkt

Herrmann ist derzeit Vorsitzender der Innenministerkonferenz und will das strafrechtliche Vorgehen gegen Hetze zu einem Schwerpunkt machen. Hassbotschaften könnten die Vorstufe für weitere Eskalation bis hin zu Handgreiflichkeiten oder Tötungsdelikten sein. "Mit unseren verstärkten Durchsuchungsaktionen wollen wir auch potenzielle Hetzer abschrecken."

"Angriffe auf unsere Politikerinnen und Politiker sind Angriffe auf die Demokratie", sagte Justizminister Georg Eisenreich. Nach Angaben des CSU-Politikers hat die Staatsregierung mittlerweile 22 Sonderdezernate bei den Staatsanwaltschaften eingerichtet, die gegen Hass und Hetze im Internet vorgehen sollen. "Seit 2020 haben sie fast 4000 Verfahren wegen Hass-Posts geführt", sagte Eisenreich.

Ein für die Demokratie schädlicher Effekt der permanenten Hetze ist nach Einschätzung vieler Kommunalpolitiker, dass es immer schwieriger wird, Kandidatinnen und Kandidaten für Gemeinde- und Stadtratswahlen zu finden.

Seit Herbst 2020 gibt es in Bayern ein Online-Meldeverfahren, das die Strafverfolgung erleichtern und beschleunigen soll. Kommunale Mandatsträger und Abgeordnete können auf diese Weise Anzeigen und Prüfbitten an die Generalstaatsanwaltschaft München übermitteln. Nach Worten Eisenreichs gab es bis Mitte Februar 140 Prüfbitten, 19 Anklagen und Strafbefehlsanträge, und 18 Urteile gegen Hetzer.

Oberstaatsanwalt Klaus-Dieter Hartleb - der Beauftragte gegen Hasskriminalität bei der Generalstaatsanwaltschaft - warnte die Betreffenden, dass im Falle einer Verurteilung Mindestfreiheitsstrafen von drei Monaten drohen. Nach Angaben eines Polizeisprechers gingen im vergangenen Jahr wegen Hassdelikten mehr als 1500 Strafanzeigen ein.

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