Bräuche im Landjudentum

Maloche war verboten und Feiern ab dem Sonnenuntergang: Der Sabbat in Franken

15.5.2022, 05:55 Uhr
Die Vereinsvorsitzende Carola Kabelitz und ihr Stellvertreter Peter Wagner danken Hans Schlumberger (Mitte) mit einem Weinpräsent für seinen interessanten Vortrag.

© Jochen Ringer Die Vereinsvorsitzende Carola Kabelitz und ihr Stellvertreter Peter Wagner danken Hans Schlumberger (Mitte) mit einem Weinpräsent für seinen interessanten Vortrag.

Aktuell ist in den Museen im Alten Schloss in Neustadt/Aisch die Sonderausstellung "Jüdisches Leben in Neustadt und im Aischgrund" zu sehen. Unter dem Titel "Schabbes in Franken" befasste sich auch ein Vortrag von Hans Schlumberger, hatte doch gerade der Aischgrund bis ins 20. Jahrhundert hinein zahlreiche jüdische Landgemeinden.

Hans Schlumberger, Pfarrer in Ruhestand, gilt als ausgewiesener Kenner der Materie und hat in Unterfranken selbst viel von Zeitzeugen und Nachfahren über die jüdisch-fränkischen Traditionen erfahren dürfen. Diese waren durchaus eine besondere regionale Erscheinung, da religiöse Orthodoxie und Dorfleben viel Altes bewahrt haben, führte Schlumberger bei seinem Vortrag aus. Vor der Aufhebung des Matrikelparagrafen 1861 habe es jüdisches Leben im Königreich Bayern fast nur auf dem Land, großstädtisches und meist liberales Judentum hingegen kaum gegeben, da die Städte in den Jahrhunderten zuvor den größten Teil ihrer jüdischen Bevölkerung ausgewiesen hatten.

Pünktlich zum Sonnenuntergang

Recht streng und für manchen Hörer überraschend waren daher auch die Gebräuche am "Schabbes", dem Sabbat. Der begann traditionsgemäß schon am Freitagabend bei Sonnenuntergang und wurde den ganzen nächsten Tag gefeiert. Ab diesem Zeitpunkt (oder besser schon 18 Minuten vor Sonnenuntergang, um ganz sicher zu gehen) war "Maloche" verboten, was weit mehr als schwere Arbeit im heutigen Sinn bedeutete.

Den Grund für diese Interpretation findet man in der Tora – Maloche waren alle Arbeiten, die zum Bau des Tempels in Jerusalem nötig waren. Daher war Juden auch das Feuermachen am Schabbes untersagt. Die Vorbereitungen, von der Zubereitung der Speisen, dem Entzünden der Kerzen bis zum Bereiten des Schabbes-Tisches, wurden schon am Freitag tagsüber getroffen.

Vielfalt des Brauchtums

Allerlei Bräuche begleiteten nach Hans Schlumbergers Ausführungen den Sabbat, in der Synagoge wie zu Hause. "Das alles ist Brauchtum, wie es nie wieder zurückkehren wird", betonte der Referent. Selbst wenn dieser Tage viele Jüdinnen und Juden aus der Ukraine nach Deutschland und auch Franken kämen, unterscheide sich deren Lebenswelt von der des fränkischen Landjudentums des 19. Jahrhunderts doch beträchtlich.

Ein Grund mehr, die jüdische Geschichte der Region ins Bewusstsein zu rücken, ein besonderes Anliegen des Neustädter Geschichts- und Heimatvereins, wie die Vorsitzende Carola Kabelitz betonte. "Auch über die jüdische Vergangenheit müsste in Neustadt mehr gesprochen werden." Gelegenheit dazu bietet ein Ausstellungsbesuch noch bis Ende nächsten Monats. Mittwochs, freitags, samstags und sonntags ist das Museum von 14 bis 17 Uhr für Besucher geöffnet.

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