Kündigungsschreiben zur Unzeit

"Stadt Hollfeld hat ohne Not das größtmögliche Chaos inszeniert".

4.7.2022, 14:38 Uhr

© Foto: Stefan Brand

Dafür will auch ein Förderverein sorgen, dessen Gründung vergangenen Freitag geplant war. Dennoch haben die Briefe Überraschung ausgelöst – vor allem bei dem spürbar verärgerten Schulleiter Klaus Hammer.

Hammer ist sauer, er sagt: "Die schriftlichen Kündigungen der Verwaltung kamen für mich, die Eltern, die Stadträte völlig unerwartet." Selbst bei einem Telefonat am Abend vor der Versendung habe Kämmerin Stephanie Müller das Thema "mit keinem Wort erwähnt". Dass die Kündigung die "beste Vorgehensweise" sei, wie es in dem Schreiben, das der Redaktion vorliegt, heißt, "sehe ich überhaupt nicht so und kann auch im Wortlaut unserer Satzung dafür keinerlei Hinweis finden".

"Rechtlich fragwürdig"

Nur den Eltern werde ein Kündigungsrecht bis 30 Tage vor Ablauf des Schuljahres eingeräumt, also bis Ende Juni. "Rechtlich ist das für mich fragwürdig", erklärt Hammer. Auch der Hinweis, dass die Gebühren erhöht werden, rechtfertige nicht eine einseitige Kündigung. "Das könnten die Eltern selber tun, wenn die Verwaltung diese Gebührenerhöhung rechtzeitig vor dem Schuljahresende verabschiedet hätte."

Zeit genug dafür habe man gehabt im vergangenen Vierteljahr, "weil ja bereits im Frühjahr eine Erhöhung als ein Instrument zur Defizitreduzierung feststand". Richtig sei: Das Minus müsse verringert und die Schule umstrukturiert werden. Aber das könnten die Musiklehrer viel besser handhaben, "wenn uns die Verwaltung ein vertragliches Angebot vorgelegt hätte".

Wenn sie wüssten, wie viele Stunden sie über die Musikschule unterrichten dürfen, wie viele Stunden über die geplante Kooperation mit einer Musikklasse an der Grundschule abgedeckt sind. Solange dies nicht der Fall ist, "können wir keinen Ersatz für gekündigte Schüler werben, können nicht eventuell einzelne Schüler auf privaten Unterricht in gleichen Räumen zu gleichen Bedingungen ansprechen, falls wir zu viele Schüler hätten".

Stadtrat hat Bestand beschlossen

Der Stadtrat habe den Fortbestand der Musikschule beschlossen, "dem widerspricht dieses Tabula-rasa-Verhalten völlig". Weil es auch die Eltern "unnötig verunsichert, verärgert, ratlos hinterlässt". Die Verwaltung und Bürgermeister Hartmut Stern (Bürgerforum) hätten ohne Not "das größtmögliche Chaos inszeniert".

Nun müssten auf die Schnelle binnen weniger Wochen neue Anmeldeformulare, eine neue Gebührenordnung und konkrete Verträge für die Lehrkräfte präsentiert werden. Es stellte sich die Frage, ob das überhaupt zu schaffen sei – oder ob das "überrumpelnde Vorgehen auf Zermürbung und Ratlosigkeit hinzielt".

Er könne den Eltern jedenfalls "überhaupt keine Antworten auf Fragen zum weiteren Geschehen geben, weil ich keinerlei Informationen bekomme und an den Rand des Geschehens gedrängt werde", ärgert sich der Schulleiter. Dieses "aufgezwungene Chaos" überlagere nun die Gründungsversammlung des Fördervereins. Dahinter stehen auch einige Stadträte, denen der Erhalt der Schule am Herzen liegt.

Einer davon ist Stefan Stenglein (Heimatliste). Ziel sei es, "eine Unterstützung für die musikalische Bildung der Kinder zu gewährleisten". Sieben Gründungsmitglieder sind nötig, das dürfte nach den Vorgesprächen kein Problem darstellen, sagt Stenglein. Stehe das Grundkonstrukt, seien die Ämter erst mal vergeben, dann könne man schnell die Arbeit aufnehmen: "Einen Flyer gestalten, sich ins Vereinsregister eintragen, damit hätten wir eine Zwischenziellinie überschritten."

Dass Kündigungsschreiben kommen, "war klar, dass sie jetzt kamen, ist akzeptabel", formuliert es Stenglein diplomatisch. Wichtig ist aus seiner Sicht, "dass noch fehlende Entscheidungen und Bausteine sobald als möglich folgen". Also eine Sitzung des Grundschul-Zweckverbandes und ein Beschluss des Stadtrates über die neue Gebührenkalkulation.

Künftig einheitlicher Tarif

Denn bisher zahlen auswärtige Schüler höhere Gebühren als Hollfelder Kinder. Künftig soll es einen einheitlichen Tarif geben, "das ist auch sinnvoll für die Gemeinden außen herum". Fraglich ist noch, ob sich die Kommunen aus dem Zweckverband der Grundschule – also Plankenfels, Aufseß und Wonsees – finanziell beteiligen wollen. Stenglein: "Erst dann wissen wir, welches Kontingent an Stunden wir vergeben können."

Mehr als ein "gefühlter Wunsch"

Schon bei der Vereinsgründung und in der Zeit danach werde sich rasch zeigen, welchen Rückhalt die Musikschule in der Bevölkerung besitze – über die längst überreichte Unterschriftenliste für ihren Erhalt hinaus. Es müsse mehr kommen als ein "gefühlter Wunsch, das muss sichtbar werden". Es gehe um bürgerschaftliches Engagement. Denn es "fällt leichter zu sagen, es soll an nichts fehlen, als selbst etwas dafür zu tun".

Wolle man ein Ziel erreichen, müsse man sich auch mit Taten dazu bekennen. Sein Mitstreiter Markus Seidler von der WG Land bezeichnet die Kündigungen als "sehr überraschend, davon hat niemand etwas gewusst". Das Ganze sei "bedauerlich".

Erst hätte der Zweckverband tagen, hätten die neuen Gebühren beschlossen sein sollen "und erst dann die Kündigungen", skizziert Seidler. Jetzt wisse keiner so genau, wie es weitergeht. Zeit sei genug vorhanden gewesen, "schließlich haben wir ja extra im April im Stadtrat beraten, damit die Verwaltung ausreichend Gelegenheit hat, die nächsten Schritte anzupacken". An den Räten liege die Verzögerung nicht, "wir haben das immer wieder angemahnt".

Wie Stenglein hofft auch Thomas Appel (Heimatliste) auf eine gute Resonanz bei der Vereinsgründung in St. Gangolf am Marienplatz: "Wenn da 20, 30 Leute da sind, wäre das schon ein Signal." Willkommen sei jeder, der zum Gelingen etwas beitragen möchte.

Bürgermeister Stern bestätigte auf Anfrage, dass sich der Zweckverband Grundschule in seiner nächsten Sitzung mit dem Thema befassen werde. Und er sagt: "Manche Stadträte haben durch ihren Antrag die Zeitschiene negativ beeinflusst mit Blick auf den Haushalt." Da sei auch Nicht-Wissen, wie man mit der Sache umgehen soll, im Spiel gewesen. Stern fügt hinzu: Es gab Gespräche mit den Lehrern, "da ging es auch um arbeitsrechtliche Angelegenheiten".

Das sei jetzt alles geklärt, "aber noch nicht vollzogen". Es müssen laufende Verträge in neue überführt werden. Daher jetzt die Kündigung für die Schüler in einem aus seiner Sicht "sehr netten und informativen Schreiben". Inklusive der Aussage, dass die Eltern demnächst einen neuen Entwurf erhalten.

Der Termin für die Sitzung des Zweckverbandes Grundschule steht noch nicht fest, sagt Kämmerin Müller. Weil da auch die Generalsanierung der Schule ein zentrales Thema sein werde – und da "bedarf es noch mancher Absprachen".

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