Nach tödlicher Bluttat in Hof

Polizei gibt Tipps: Wie verhalte ich mich richtig bei einem Messerangriff?

7.7.2021, 05:40 Uhr
Wenn ein Messer im Spiel ist, sollte man möglichst Land gewinnen und nicht den Helden spielen, rät die Polizei. Aus sicherer Entfernung kann man lautstark andere Menschen auf die Gefahr aufmerksam machen - und natürlich möglichst schnell die 110 wählen.

© colourbox.com, Symbolfoto Wenn ein Messer im Spiel ist, sollte man möglichst Land gewinnen und nicht den Helden spielen, rät die Polizei. Aus sicherer Entfernung kann man lautstark andere Menschen auf die Gefahr aufmerksam machen - und natürlich möglichst schnell die 110 wählen.

Herr Roos, Sie bieten von Seiten der Polizei Verhaltenstrainings an, in denen Bürger lernen, wie sie sich in Konfliktsituationen verhalten sollten. Was würden Sie denn jemandem raten, der in einem Fall wie in Hof bei einem Streit dazwischen gehen möchte?

Christian Roos: Wir wissen jetzt natürlich nicht, ab wann das Messer zu sehen war. Sollte ein Messer im Spiel sein, kann man aber nur jedem raten, größtmöglichen Abstand zu halten und nicht den Helden zu spielen. Selbst mit einem kleinen Taschenmesser kann man schon sehr schwerwiegende oder tödliche Verletzungen herbeiführen, dazu braucht man kein Rambo-Messer. Man sollte immer davon ausgehen, dass das Gegenüber gut und schnell damit umgehen kann. Und dann verblutet man, selbst wenn der Notarzt schon daneben steht.

"Ohne Schutzweste und Waffe gehe ich da nicht rein"

Was sollte man stattdessen in solchen Situationen tun?

Roos: Man sollte aus der Entfernung lautstark sein. Sie könnten rufen: 'Hey, was machen Sie da? Sie haben da ein Messer, Vorsicht!" Dadurch macht man andere Menschen darauf aufmerksam und warnt sie zugleich. Vor allem sollte man möglichst schnell die 110 wählen und die Profis verständigen, die auch die Mittel haben, um dort einzugreifen.

Christian Roos von der Polizeiberatung Zeughaus in Nürnberg lehrt in Verhaltenstrainings, wie man brenzlige Situationen erkennt, sie vermeidet und auflöst.

Christian Roos von der Polizeiberatung Zeughaus in Nürnberg lehrt in Verhaltenstrainings, wie man brenzlige Situationen erkennt, sie vermeidet und auflöst. © Claudia Urbasek

Welche Mittel braucht man da denn?

Roos: Wenn ein Messer im Spiel ist, gehe ich da auch als ausgebildeter Polizeibeamter nicht ohne Schutzweste und Waffe rein.

In Würzburg wurden einige Leute als Helden gefeiert, weil sie den Messer-Angreifer in Schach gehalten haben - ohne Schutzweste und Waffe.

Roos: Natürlich ist es gut, wenn sie weitere Opfer verhindert haben. Aber das ist ein ganz schmaler Grat, da muss man extrem vorsichtig sein und keinen falschen Ehrgeiz entwickeln. Es ist niemandem geholfen, wenn da plötzlich zwei, drei oder vier Opfer mehr daliegen. Wenn das in Würzburg passiert wäre, wäre das Resümee natürlich auch ein anderes. Durch Würzburg sollte niemand bestärkt werden, sein Leben in solchen Situationen aufs Spiel zu setzen. Man soll nicht denken, dass es cool ist, sich selbst zu gefährden.

"Immer auf die Hände des Angreifers achten"

Was sollte ich tun, wenn zunächst keine Waffe zu sehen ist, der Angreifer dann aber plötzlich ein Messer zückt?

Roos: Man sollte immer auf die Hände eines Angreifers achten, um eine Waffe schnell zu entdecken. Wenn ein Messer auftaucht, sollte man ganz schnell Land gewinnen. Da muss man sich nicht sozialadäquat verhalten, also groß darüber nachdenken, auf welchem Fluchtweg jetzt mehr oder weniger zusätzliche potentielle Opfer sind. Dafür geht das auch viel zu schnell. Da kann man nicht mehr denken oder abwägen.

Was kann ich tun, wenn der Täter definitiv keine Waffe hat? Wann kann es wagen, mich da auch körperlich dazwischen zu stellen?

Roos: Wenn Sie den 8. Dan in Karate haben und auf solche Situationen trainiert sind, können Sie das wohl wagen. Einem Laien würde ich es aber keinesfalls raten. Man weiß nie, wem man da gegenübersteht. Und solche Täter sind oft in einem psychischen Ausnahmezustand, handeln unvorhersehbar und blenden ihr Schmerzempfinden aus. Niemand kann verlangen, dass man da körperlich eingreift. Das ist dann auch keine unterlassene Hilfeleistung.

Wann wird beherztes Eingreifen zur Selbstjustiz?

Wenn ich aber eingreife und auch körperlich überlegen bin: Wann höre ich wieder auf, ab wann ist das übertriebene Selbstjustiz?

Roos: Wenn die Situation eigentlich schon gelöst ist und ich weiter auf den ursprünglichen Täter einprügele, wenn ich ihn k.o. schlage, obwohl das gar nicht notwendig ist, ist die Notwehr natürlich überzogen. Wenn ich vorher in lebensbedrohlichem Stress war, wird einem das später bei der Beurteilung aber zugute gehalten.