Zug mit Strom an Bord

Premiere in Deutschland: Bahn testet Batteriezug in der Region

24.1.2022, 14:40 Uhr
Bis Mai wird der Batterie-Zug von Alstom im Fränkischen Seenland und in Baden-Württemberg im Fahrgastbetrieb getestet. 

© Silas Stein, dpa Bis Mai wird der Batterie-Zug von Alstom im Fränkischen Seenland und in Baden-Württemberg im Fahrgastbetrieb getestet. 

Die Deutsche Bahn und der Hersteller Alstom haben zusammen mit den Ländern Bayern und Baden-Württemberg den deutschlandweit ersten Batteriezug im Fahrgastbetrieb auf das Gleis gesetzt.

Bereits am Montag begann die Bewährungsprobe des "Battery Electric Multiple Unit" (BEMU), des ersten voll zugelassenen Batteriezuges von Alstom.

Die DB betreibt den emissionsarmen Fahrzeugtyp mit ihrer Regionalverkehrstochter DB Regio. Ab dem 24. Januar fährt der Zug werktags auf der Strecke Stuttgart - Horb. Vom 5. Februar an wird er dann für vier Monate immer am Samstag und Sonntag die Linie Pleinfeld - Gunzenhausen im Fränkischen Seenland bedienen. Der Testbetrieb läuft bis Anfang Mai 2022.

Zukunft der Mobilität

Alternative Antriebe seien die Zukunft der Mobilität, erklärte Müslüm Yakisan von Alstom. Mit der Batterie-Technologie könnten nicht-elektrifizierte Lücken im deutschen Schienennetz überbrückt werden.

Bundesweit fehlt bei rund 40 Prozent des insgesamt 33.000 Kilometer umfassenden Streckennetzes der Fahrdraht, in Bayern ist die Lücke sogar noch größer.

Der Ausbau geht gerade auch in Nordostbayern nur schleppend voran. So stehen etwa die Elektrifizierung der Strecken Hof – Regensburg und Nürnberg – Schirnding/Cheb (Franken-Sachsen-Magistrale) seit Jahrzehnten im Bundesverkehrswegeplan. Doch bislang hängt über Deutschlands größter "Dieselinsel" noch kein Meter Oberleitung.

Wichtiger Praxistest

Der Test des neuen Zugs im Fahrgastbetrieb soll wichtige Daten aus der Praxis liefern und das Potential der Technologie aufzeigen.

„Wir wollen als Deutsche Bahn bis 2040 klimaneutral sein. Mit dem ersten Batteriezug im Kundenbetrieb gehen wir nun im Regionalverkehr den nächsten großen Schritt auf dem Weg zu einer emissionsfreien Bahn in Deutschland“, so der Chef der Bahn-Nahverkehrstochter DB Regio, Dr. Jörg Sandvoß.

Er erhofft sich durch den Testbetrieb ebenfalls wertvolle Erkenntnisse im Umgang mit der für Züge innovativen Antriebstechnologie.

Jahrelange Entwicklung

Seit 2016 entwickelt Alstom zusammen mit der TU Berlin, mit Unterstützung der Nationalen Organisation Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie (NOW) sowie einer Förderung des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr den batterie-elektrischen Zug.

Die ursprüngliche Premierenfahrt ohne Passagiere bewältigte der als Prototyp gefertigte Zug Anfang September 2021 in Sachsen. Dort fuhr er von Chemnitz nach Flöha und Zschopau und anschließend zurück.

450 reine Diesellinien

Das Fahrzeug ist ein möglicher nachhaltiger Nachfolger für Dieselzüge in Deutschland: Insgesamt 450 Linien im deutschen Schienennetz werden bislang ausschließlich mit Dieselzügen befahren.

Alternative Antriebe könnten hier einen effizienten und vor allem emissionsfreien Betrieb ermöglichen.

„Wir brauchen diese Zukunftstechnologie auf der Schiene“, sagte der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne).

Gerade auf Strecken, wo der Bau einer Oberleitung schwierig und damit zu teuer ist oder erst in Zukunft realisiert werden kann, würden nach und nach Batterie- oder Wasserstoffzüge zum Einsatz kommen und den bisherigen Dieselbetrieb ersetzen.

Seit vier Jahren geplant

Bayerns Verkehrsministerin Kerstin Schreyer (CSU) erhofft sich von dem Pilotbetrieb im Fränkischen Seenland "wichtige Erkenntnisse, weil das bayerische Bahnnetz geradezu prädestiniert ist für den Einsatz solcher Batteriezüge und wir unsere Dieselzüge durch emissionsfreie Antriebe sukzessive ersetzen und im Bahnland Bayern bis spätestens zum Jahr 2040 klimaneutral werden wollen.“

Durch den Einsatz auf zwei Strecken wird zum einen eine möglichst hohe Laufleistung des Zuges ermöglicht. Andererseits können verschiedene Streckenprofile sowie unterschiedliche Batterieauflade-Szenarien getestet werden.

Aufladung während der Fahrt

Während in Baden-Württemberg die Aufladung während der laufenden Fahrt erfolgt, kann im Seenland nur an den elektrifizierten Ziel- und Startbahnhöfen aufgeladen werden, da die Strecke dazwischen überhaupt nicht elektrifiziert ist.

Anders als die Wasserstoffzüge von Alstom, die eher Langstrecken bedienen sollen, sind die Batteriezüge besonders für kürzere Linien mit nicht-elektrifizierten Abschnitten gedacht.

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