Digitaler Tag der VHS im Landkreis Roth

Digitalisierung: "Die Technik soll mir helfen, nicht umgekehrt"

Tobias Tschapka

E-Mail zur Autorenseite

14.3.2022, 13:39 Uhr
Martin Haseneyer ist Software-Entwickler und versucht in einem VHS-Kurs, Digitalisierung nicht nur Nerds zu eröffnen.  

© Tobias Tschapka, NN Martin Haseneyer ist Software-Entwickler und versucht in einem VHS-Kurs, Digitalisierung nicht nur Nerds zu eröffnen.  

Für Samstag, 19. März, lädt die Volkshochschule (VHS) im Landkreis Roth im Rathaus Heideck (Bürgersaal) erstmals zum Seminar „Mein digitaler Tag – Die Digitalisierung erleben und begreifen“ ein. Dabei werden verschiedene Themenfelder, Trends und Hypes der Digitalisierung genauer beleuchtet. Zum Beispiel, wie die Sache mit der Kryptowährung (wie Bitcoin) funktioniert, wo, für was und warum Drohnen eingesetzt werden, oder was sich hinter dem Begriff „Internet der Dinge“ verbirgt. Die Teilnahme kostet 55 Euro. Anmeldung unter www.vhs-roth.de, Kursnummer 13005. Dozent ist der Business-Intelligence-Experte und Software-Entwickler Martin Haseneyer aus Erlangen. Vorab führten wir mit dem Dozenten ein kleines Interview zum Thema.

Herr Haseneyer, welche Zielgruppe wollen Sie mit ihrem Seminar ansprechen? Sind Vorkenntnisse von Vorteil, oder richtet es sich speziell an sogenannte „digitale Einwanderer“, wie man Menschen bezeichnet, die die digitale Welt erst im Erwachsenenalter kennengelernt haben?

Es braucht lediglich Neugierde, den Rest bringe ich mit. In Erlangen hatten wir mal einen 3-D-Drucker in die Fußgängerzone gestellt, zum Frühlingsfest, und alle Interessierten konnten schauen und fragen. Da lerne ich Anliegen und Ideen kennen, für die ich selbst schon zu „betriebsblind“ bin. Das ist für mich richtig spannend, diese verschiedenen Hintergründe und Blickwinkel, und überrascht mich immer wieder.

Ist die zunehmende Digitalisierung eher Fluch oder eher Segen für die Menschheit?

Grundsätzlich halte ich es für eine gute Sache, weil wir Menschen uns dadurch besser und schneller austauschen können. Oma und Opa sehen die Enkel per Videokonferenz auf dem großen Fernseher und umgekehrt. Nur vergessen wir manchmal, dass die bösen Menschen das auch können. Die Technik selbst ist neutral und macht, was wir ihr sagen: eine Drohne fliegt brav Dachfirste ab und prüft auf Sturmschäden, oder spioniert in fremden Gärten. Was genau, darüber entscheidet ein Mensch dahinter.

Warum hinkt Deutschland hinsichtlich der Digitalisierung im Vergleich zu anderen, durchaus auch wirtschaftlich deutlich schwächeren Ländern, so stark hinterher?

Da sehe ich einige Gründe. Ich nenne ihnen mal einen, den man selten hört: bei uns funktioniert sehr viel sehr gut, wenn man mit anderen Ecken der Welt vergleicht. Auch wenn uns die Bürokratie nervt, aber sie funktioniert solide. Andere Länder sind da hinten dran. Wenn die alles neu machen, haben die weniger zu verlieren, aber viel mehr zu gewinnen. Die Digitalisierung senkt die Hürden, solche Themen anzugehen, das können die dann plötzlich auch. Die machen das dann, weil ihr Leidensdruck höher ist.

Haben Menschen, die sich bis jetzt überhaupt nicht für Digitalisierung interessieren, vielleicht noch nicht mal ein Smartphone haben, in der Gesellschaft der Zukunft überhaupt noch einen Platz?

Eine Gesellschaft muss für alle da sein, und ich sehe es als unser aller Aufgabe, dafür zu sorgen. Dazu muss man meiner Meinung nach verstehen, was uns erwartet, welche Möglichkeiten es gibt und welche Gefahren drohen. Genau deswegen möchte ich solche Themen aus den Kreisen der Nerds und Enthusiasten herausholen und in die Mitte der Gesellschaft bringen, mache Vorträge zu Datenschutz und Privatsphäre und so weiter. Nur weil ich ein Smartphone habe, möchte ich trotzdem nicht jede komische App installieren. Die Technik soll mir helfen, nicht umgekehrt.

Manche Menschen glauben ja, dass wir zukünftig dank eingepflanzter Schnittstellen regelrecht „eins werden“ mit unseren Smartphones und Computer - Stichwort Transhumanismus. Glauben Sie dass wir vielleicht in zehn Jahren wirklich derart „verdrahtet“ durch die Gegend laufen?

Manche laufen bereits „verdrahtet“ durch die Gegend, mit einer Prothese, Herzschrittmachen oder einem Hörgerät. Und solange das freiwillig ist, finde ich das gut. Ansonsten sehe ich das als Randerscheinung und finde uns gut, wie wir sind. Diese Transhumanisten suchen ja Unsterblichkeit und sind oft richtig reiche Amerikaner. Und wenn man nicht richtig reich ist, macht Unsterblichkeit sicher keinen Spaß. (lacht) Außerdem möchte ich wirklich nicht alle Googles dieser Welt in meinem Kopf haben.