Vor 25 Jahren verließen die US-Streitkräfte Schwabach

27.5.2017, 13:58 Uhr
Vor 25 Jahren verließen die US-Streitkräfte Schwabach

© Archivfoto: Karg

Im kurzen offiziellen Teil ertönen noch einmal die Hymnen beider Länder. "Wir sind glücklich und zugleich traurig", sagt Wilson in einer kurzen Rede, dann lässt er die "stars and stripes" einziehen und die deutsche Flagge hissen.

Im Mittelpunkt aber steht eine letzte persönliche Begegnung. Mit Bürgermeister Kurt Kestler tauscht Wilson eine Gedenktafel aus. Besonders herzlich bedankt er sich bei Marianne Krauß, der mittlerweile verstorbenen Vorsitzenden des Deutsch-Amerikanischen Clubs. Auch OB Hartwig Reimann verabschiedet sich nochmals beim US-Kommandanten. Es herrscht Smalltalk-Stimmung. "Epoche endet in lockerer Runde", titelt das Tagblatt. "Am Ende war es ein kleiner Abschied, weil die meisten Soldaten schon weg waren", erinnert sich der damalige OB Hartwig Reimann.

"Abschied von Freunden"

Die große Feier hat bereits ein knappes halbes Jahr zuvor stattgefunden. 16. Dezember 1991: die letzte Einheit zieht ab. Das 3. Bataillon des 5. Feldartillerie-Regiments unter dem Befehl von Oberstleutnant Stephan A. Danner. "Es ist ein Abschied von Freunden", sagt der Offizier mit dem deutschen Namen.

Ein völlig überraschender Abschied. "Sie sind als Befreier von der NS-Diktatur gekommen und wurden zu Verteidigern von Demokratie und Freiheit", sagt Hartwig Reimann. "Wir Deutschen schulden Ihnen tiefsten Dank."

Jubel über den Abzug gibt es keinen in Schwabach. Wohl schon deshalb nicht, weil er auch eine bittere Note hat. Die US-Streitkräfte ziehen ab, weil sich die weltpolitische Lage nach dem Zusammenbruch des Ostblocks deutlich entspannt hat. Doch gleichzeitig gibt es einen neuen Krieg: Auch Schwabacher GIs werden direkt in den "Desert Storm", den ersten Golfkrieg, abkommandiert.

Riesige Chance

Die Übergabe der Kaserne ist eine riesige Chance für die Stadtentwicklung. Als die Wehrmacht die Kaserne 1934/35 in nur sechs Monaten Bauzeit errichten ließ, lag sie noch am Stadtrand. In den 1960er Jahren aber entstand der neue Stadtteil Eichwasen. Die Kaserne wirkte nun wie ein militärischer Fremdkörper mitten in der Stadt. Das Areal ist mit 27 Hektar Fläche so groß wie die Altstadt. Die zivile Umgestaltung kann somit ein neues Stadtviertel erschaffen.

Der Start ist verheißungsvoll, dann aber ziehen sich Grundstücksverhandlungen mit dem Bund quälend lange hin, ehe die Entwicklung wieder neue Dynamik erhält.

Vor 25 Jahren verließen die US-Streitkräfte Schwabach

© Foto: Wilhelm

Ein Grundproblem von Anfang ist, dass das Gelände nicht zurück an die Stadt, sondern an den Bund geht. Daraus entwickelt, sich ein Rechtsstreit, der bis vor das Bundesverfassungsgericht führt. Vor dem Bau hatte die Stadt das Gelände dem Deutschen Reich kostenlos zur Verfügung stellen müssen. Schon damals ein Rechtsbruch. Deshalb fordert sie nun die Rückübertragung. Doch die Gerichte sehen das anders. 2002 fällt die endgültige Entscheidung: gegen Schwabach.

Das heißt: Die Stadt muss die Flächen, die sie entwickeln will, erst einmal selbst kaufen. Parallel zur Rechtsstreit wird verhandelt. "Die damals zuständige Oberfinanzdirektion Nürnberg hatte durchaus Verständnis für uns", sagt Reimann. So gelingt es, Grundstücke zunächst für Gemeinwohlzwecke zu erwerben.

Die ersten Pioniere

Nur zwei Jahre nach dem Abzug der Amerikaner siedeln sich die ersten "Pioniere" an: 1994 ziehen das Stadtmuseum und das Baubetriebsamt mit Stadtgärtnerei um. Das eröffnet auch neue Möglichkeiten in der Stadt: Auf dem Gelände der ehemaligen Stadtgärtnerei wächst ein attraktives neues Wohngebiet.

In der ehemaligen Kaserne, die in "O’Brien-Park" umgetauft wird, geht es zunächst im Norden der zentralen Ansbacher Straße vorwärts: neues Gewerbe siedelt sich, die Stadtwerke werden gebaut, das THW erhält einen neuen Standort, 1998 öffnet das Gründerzentrum Schwung.

Südlich der Ansbacher Straße wird aus einem Mannschaftsgebäude das Sonderpädagogische Förderzentrum. Im Bereich Rohrer und Steiner Straße entsteht ein erstes Wohngebiet.

Schwierige Verhandlungen

"Die Kaserne war die hochwillkommene Chance, einige Engpässe wie beim Baubetriebsamt, dem Stadtmuseumk oder dem SFZ schlagartig zu lösen", erklärt Reimann. "Wir sind aber in keinen Rausch verfallen. Anders als etwa in Erlangen hatten wir ja keinen Großinvestor wie Siemens. Wir wussten also, dass es sich bei uns sehr kleinteilig entwickelt und es ein mühsamer Weg wird."

Für das im Südwesten geplante große Wohngebiet ziehen sich die Verhandlungen mit dem Bund. Reimann erinnert sich an ein Gespräch im Berliner Finanzministerium, das die Einigung einleitet: "Der Bund ist uns dann sehr entgegengekommen." Unter dem neuen OB Matthias Thürauf wird der Kompromiss 2009 endgültig perfekt. Nun kann aus Entwürfen und Ideen eine konkrete Planung werden. 2011 beginnt die Erschießung.

Bauboom ab 2011

Nach ersten Plänen sollen die Grundstücke binnen vier Jahren verkauft werden. Tatsächlich aber ist die Nachfrage so groß, dass nach nur fünf Monaten alle Einfamilien-, Doppelhäuser und die Wohnungen in den Reihenhauszeilen verkauft sind.

Gleich daneben werden die ehemaligen Stallungen sowie die Kapelle und das Kino am zentralen Quartiersplatz zu modernen Wohnungen umgebaut. Dahinter entsteht das neue Wohnheim der Lebenshilfe. Im O’Brien-Park herrscht Bauboom.

Neue Wohnungen

Selbst das frühere Offizierskasino, für das man lange Zeit keinen Interessenten finden konnte, wird nun für neue Wohnungen komplett saniert. Ebenso wie ein ehemaliges Mannschaftsgebäude neben dem Hermann-Vogel-Heim der AWO. Nach städtischen Einrichtungen und neuem Gewerbe wird damit auch das Planungsziel Wohnen verwirklicht.

25 Jahre nach dem Ende der US-Garnison sind nur noch wenige Flächen unbebaut. Eine davon haben die Stadtwerke als Erweiterungsmöglichkeit gekauft: das große Nachbargrundstück an der Ansbacher Straße.

Das 3000 Quadratmeter große Eckgrundstück an der Ansbacher Straße/Heilsbronner Straße gehört der Stadt. Eine konkrete Nutzung steht in beiden Fällen noch nicht fest.

Arbeitsplatz in der ehemaligen Kaserne

Heute haben rund 650 Menschen ihren Arbeitsplatz in der ehemaligen Kaserne. Und für rund 700 Schwabacherinnen und Schwabach ist der O’Brien-Park zum neuen Zuhause geworden.

"Ich bin sehr zufrieden mit der Entwicklung", sagt Hartwig Reimann. "Der O’Brien-Park hat sich in den letzten Jahren prächtig entwickelt und das Image des Kasernengeländes endgültig abgestreift", findet auch Matthias Thürauf. "Der Mix aus Schule, Museum, Wohnen und starkem Gewerbe funktioniert sehr gut. Ein neuer Stadtteil mit langer Geschichte, auf den die Stadt stolz sein kann."

Keine Kommentare