Wiesenbrüter werden immer seltener

Um jeden einzelnen Vogel wird gekämpft

Jan Stephan

Weißenburger Tagblatt

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14.8.2022, 14:24 Uhr
In ganz Bayern wird der Bestand der Uferschnepfe noch auf 19 Brutpaare geschätzt. Einige wenige davon sind auch im Mittleren Altmühltal zu Hause.  

© Christoph Bosch/LBV In ganz Bayern wird der Bestand der Uferschnepfe noch auf 19 Brutpaare geschätzt. Einige wenige davon sind auch im Mittleren Altmühltal zu Hause.  

Damit hatte man das zweite schlechte Brutjahr in Folge zu verkraften. Bei Arten wie dem Großen Brachvogel oder der Uferschnepfe sind die Bestände im Mittleren Altmühltal die vergangenen Jahre deutlich zurückgegangen. Und das trotz diverser Schutzmaßnahmen.

Die Hoffnungen liegen nun auf dem Start der Hauptphase des großen Chance-Natur-Projekts, der für 2023 erwartet wird. Dann sollen mit vielen Millionen Euro über zehn Jahre hinweg verschiedenste Maßnahmen in dem Projektgebiet von Colmberg im Landkreis Ansbach die Altmühl hinunter bis Trommetsheim umgesetzt werden.

Schon jetzt kämpft der Landesbund für Vogelschutz vor Ort um jedes Exemplar der seltenen Wiesenbrüterarten. "Ich würde sagen, wir machen da wirklich Individualschutz", stellt Auernhammer fest. Und das ist bitter nötig. Bei der Uferschnepfe etwa geht man davon aus, dass es in ganz Bayern nur noch 19 Brutpaare gibt. Einige davon habe ihre Heimat in den feuchten Altmühlauen.

Genauso wie der Brachvogel, bei dem man in Bayern von deutlich unter 500 Brutpaaren ausgeht und den man mit etwas Glück auf den Altmühlwiesen rund um Trommetsheim gelegentlich auch zu Gesicht bekommen kann. Zu den anderen im Mittleren Altmühltal vorkommenden gefährdeten Wiesenbrütern zählen unter anderem Kiebitz, Rotschenkel oder Bekassine.

Die Mäuse sind schuld

Dass es in diesem Jahr ein böses Erwachen gegen Ende der Aufzuchtsaison gab, dürfte nicht zuletzt an den Mäusen liegen. "Es war ein außerordentlich schlechtes Mäusejahr und das führt dazu, dass Räuber alles andere zwischen die Zähne nehmen, was sie finden", erklärt Verena Auernhammer. Und dazu gehören dann eben auch die Küken der Wiesenbrüter.

Verena Auernhammer vom LBV betreut das Wiesenbrüterprogramm an der Mittleren Altmühl.

Verena Auernhammer vom LBV betreut das Wiesenbrüterprogramm an der Mittleren Altmühl. © Isabel-Marie Köppel, NN

Etwa 80 Prozent der Verluste durch Raubtiere erfolgen vom Boden aus, hat man herausgefunden. Fuchs, Marder oder Wiesel zählen zu den üblichen Verdächtigen. 20 Prozent der gerissenen Küken landen aber auch in Schnäbeln. Etwa von Raubvögeln wie Bussarden; auch Störche können Vogelküken verspeisen, wenn sie keine andere Nahrung finden.

Mithilfe der Erkenntnisse aus den vergangenen Jahren hat man im Altmühltal in zwei wichtigen Punkten schon Erfolge erzielt. Etwa beim Schutz der Gelege. Hier wird mittlerweile gezielt umzäunt, damit Räuber wie Fuchs oder Wildschweine gar nicht erst in die Nähe der Nester kommen, um die Eier zu rauben.

Die Küken des Großen Brachvogels werden besendert, sodass man auf der Homepage des LBV sehen kann, wohin die Tiere in ihr Winterquartier fliegen.  

Die Küken des Großen Brachvogels werden besendert, sodass man auf der Homepage des LBV sehen kann, wohin die Tiere in ihr Winterquartier fliegen.   © Martin Thomas/LBV

Deswegen hatte man heuer eine gute Anzahl von Küken, die zunächst auch wohlgenährt waren, weil die ersten Frühlingsmonte auch wettertechnisch passten. "Da waren echte Brummer dabei", so Auernhammer zur Konstitution des Wiesenbrüter-Nachwuchses. Auch Verluste durch die Mahd der Wiesen könne man inzwischen eigentlich fast zu 100 Prozent ausschließen, erklärt die LBV-Expertin. Weil man sehr gute Kontakte mit den örtlichen Landwirten pflege, könne man entweder den Zeitpunkt für die Mahd nach hinten schieben oder vorab händisch die Küken aus der Wiese bringen.

Das ist unter anderem deswegen möglich, weil einige Küken mit Radio-Telemetriesendern ausgerüstet sind. Die LBV-Experten können so genau verfolgen, wo die Tiere sind und auch die Erfolge der Aufzucht im Blick behalten.

Probleme hat man vor allem in dem Moment, in dem die Küken den mit Zäunen geschützten Bereich des Geleges verlassen. Im Wiesmet hat man auf 80 Hektar ein Areal umzäunt, um hier auch das Aufwachsen unter geschützten Bedingungen zu ermöglichen. Das könnte zumindest für Schwerpunktbereiche eine Option sein.

Auch andere deutsche Wiesenbrüterreviere sehen mit Spannung ins Altmühltal, wo nun in den kommenden Jahren mit den Ressourcen des großen Umweltschutzprojekts neue Maßnahmen entwickelt werden sollen, die endlich die Bestände wieder nach oben bringen. "Ich bin schon zuversichtlich, dass wir hier einiges bewegen können", gibt sich die LBV-Expertin optimistisch. "Wir haben hier wirklich günstige Bedingungen, nicht zuletzt deswegen, weil gegenseitiges Vertrauen da ist und man sich kennt." Jetzt noch ein warmes Frühjahr, ausreichend Wasser und dann vor allem ein paar Mäuse mehr und 2023 könnte endlich mal wieder ein gutes Brutjahr werden.

Für die Küken der gefährdeten Wiesenbrüter sind vor allem Raubtiere wie Fuchs, Marder und Wiesel ein Problem.  

Für die Küken der gefährdeten Wiesenbrüter sind vor allem Raubtiere wie Fuchs, Marder und Wiesel ein Problem.   © Verena Rupprecht/LBV

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