Bahnhof

Weißenburger CSU will schnell barrierefreien Ausbau

9.1.2022, 05:57 Uhr
Der barrierefreie Ausbau des Weißenburger Bahnhofs ist seit Jahren ein Thema, jetzt hat die CSU einen konkreten Vorschlag: Einen Reisendenübergang an Gleis 4. 

© R0BERT RENNER Der barrierefreie Ausbau des Weißenburger Bahnhofs ist seit Jahren ein Thema, jetzt hat die CSU einen konkreten Vorschlag: Einen Reisendenübergang an Gleis 4. 

Rund 700 vergleichbare Anlagen gibt es bereits, sagt Bernhard Amend. Der frühere Stadtrat der Christsozialen ist „in den vergangenen Monaten tief in die Thematik eingestiegen“, beschrieb jetzt bei einem Pressegespräch CSU-Stadtverbandsvorsitzender Klaus Drotziger.

Dies sei in Kooperation mit dem hiesigen Stimmkreisabgeordneten Alfons Brandl geschehen. Ihm beschied die Deutsche Bahn AG (DB) erst im August wieder, dass andere Bahnhöfe „über eine höhere Priorität“ verfügen und dass ein „barrierefreier Ausbau am Bahnhof Weißenburg derzeit nicht vorgesehen“ ist.

Viele Bahnhöfe sind noch nicht barrierefrei

Bahnsteige an Bahnhöfen mit mehr als 1000 Reisenden pro Tag – zu dieser Kategorie zählt Weißenburg mit rund 2300 Ein- und Aussteigern – gibt es im Streckennetz der Bahn 3977. Die Zahl hat Amend aus dem Infrastrukturzustands- und entwicklungsbericht der DB für 2020.

Demzufolge sind 503 Ende 2020 nicht barrierefrei gewesen. Von 2015 bis 2020 wurden 171 barrierefrei ausgebaut, knapp 29 Bahnsteige also pro Jahr. Bei dieser Ausbaugeschwindigkeit wären also alle 503 noch nicht ausgestatteten Bahnsteige bis 2038 barrierefrei, rechnet Amend vor.

Es gibt aber auch den nationalen Umsetzungsplan zum barrierefreien Ausbau der Bahnhöfe. Er stammt von 2017 und darin heißt es: „Bei einer gleichbleibenden Realisierungsrate von 40 Bahnsteigen pro Jahr wird diese Gruppe von Bahnhöfen in etwa 15 Jahren barrierefrei ausgebaut sein.“ Ende 2017 gab es 602 nicht barrierefreie Bahnsteige, so dass nach dieser Rechnung 2032 alle Bahnsteige barrierefrei wären.

"Ein fatales Ergebnis"

Deutlich schlechter sieht es aus, wenn man nicht die Zahl der Bahnsteige, sondern jene der Bahnhöfe, die bereits barrierefrei wurden, als Referenzgröße nimmt. Dann würde der Ausbau bis 2041 dauern. „Ein fatales Ergebnis“, befindet Amend und fügt an: „Ich hoffe mal nicht, dass Weißenburg der letzte in der Reihe ist.“

Egal jedenfalls welche Rechnungsvariante man nimmt, es wird noch Jahre bis zu einem barrierefreien Ausbau in Weißenburg dauern. Weil der Zustand des Bahnhofes vergleichsweise gut ist, es sich um keinen Knotenpunkt handelt, nur Regionalverkehr stattfindet und die nächste barrierefreie Station in Treuchtlingen nahe liegt, ergibt sich eine geringe Priorität für Weißenburg.

Daher ist der Bahnhof weder im Förderprogramm Bahnhofskonzept Plus“, Stufe 2 ,das von Bund, Ländern und Kommunen getragen wird, noch in den Bayern-Paketen I und II noch in einem Programm der Deutschen Bahn enthalten oder enthalten gewesen. Damit steht für Amend fest: „Es wird in den nächsten vielen Jahren am Weißenburger Bahnhof keine Aufzuganlage geben.“

Ein Reisendenübergang als Lösung?

Der frühere Direktor der mittelfränkischen Bezirksverwaltung schlägt daher Barrierefreiheit ohne Aufzüge vor und zwar mit einem sogenannten Reisendenübergang vom Parkplatz Kohlstraße über das Gleis 4 zum Bahnsteig von Gleis 3.

Der bauliche und der zeitliche Aufwand seien gering, und die Lösung sei kostengünstig: Nach Recherchen von Amend schlug ein solcher Übergang mit Umlaufsperre im Jahr 2010 mit 60 000 Euro, mit einer mit Fußgängerschranke mit 180 000 Euro zu Buche.

Seinen Vorschlag hat der Christsoziale flankiert von Landtagsabgeordnetem Alfons Brandl der DB schon unterbreitet. Die allerdings sieht ein erhebliches Sicherheitsrisiko. Angeblich findet nicht unerheblicher Zugverkehr auf Gleis 4 statt, die Fahrdienstleitung am Bahnhof Pleinfeld sei mit der Überwachung des Reisendenübergangs überfordert und die durchfahrenden Züge hätten eine nicht zu unterschätzende Geschwindigkeit von 60 Kilometern pro Stunde.

Bahn argumentiert dagegen

Würde man diese senken, ergäben sich weniger Fahrplanreserven und eine geringere Pünktlichkeit der Züge. Gegebenenfalls seien Fahrplanänderungen nötig, fasst Amend die Argumentation der Bahn zusammen.

Die nahm er so auch nicht hin und schrieb dem Konzernbeauftragten für Bayern, Klaus-Dieter Josel, einen zweiseitigen Brief, in dem er genauere Angaben unter anderem zur Zahl der Zugfahrten auf Gleis 4, zu den zusätzlichen Belastungen für die Fahrdienstleiter und zu den geringer werdenden Fahrplanreserven wünschte.

Eine Antwort steht noch aus. „Die Gespräche mit der DB AG sind noch nicht abgeschlossen“, macht Amend deutlich und sieht „dringend Handlungsbedarf“.

"Nicht locker lassen"

Denn was bisher in Sachen barrierefreier Weißenburger Bahnhof getan worden sei, bringe nicht weiter. Man dürfe jetzt „nicht locker lassen“, auch die Stadt sei gefragt, nicht zuletzt mit einer Kostenbeteiligung. Die sei tragbar, selbst wenn solch ein höhengleicher Übergang mittlerweile eine halbe Million Euro kosten sollte, meinte CSU-Stadtrat Karl Roth.

Und Alfons Brandl zeigt sich „entsetzt, was behinderten Menschen in Weißenburg zugemutet wird“. Die Empfehlung der Bahn für mobilitätseingeschränkte Reisende, die aus Richtung Nürnberg kommend in Weißenburg aussteigen wollen, ist nämlich bis Treuchtlingen zu fahren, dort die Aufzüge zu nutzen, um einen Zug in Gegenfahrtrichtung zu bekommen und damit nach Weißenburg zurückzufahren.

Dann kann man auf Gleis 2 barrierefrei aussteigen. „Die Fahrtzeit zwischen Nürnberg und Weißenburg beträgt dann circa zweieinhalb Stunden“, hat Amend ausgerechnet.

Auch mit Übergang noch Mobilitätslücke

Nach dessen Lesart würde in Weißenburg aber auch mit einem Reisendenübergang noch eine „Mobilitätslücke“ bestehen. Denn Reisende steigen hier bei ihrer Rückkehr zwangsläufig auf dem gegenüberliegenden Bahnsteig aus dem Zug, auf dem sie eingestiegen sind. Ist man mit dem Auto zum Bahnhof gefahren, steht auch dieses zwangsläufig immer auf der gegenüberliegenden Bahnhofseite.

Gebe es den ebenerdigen Reisendenübergang an Gleis 4, könne man aber wenigstens auf dem Weg über die Bahnbrücke die Mobilitätslücke schließen, meint CSU-Stadtrat Tobias Kamm. Das sei zwar „nicht die Wunschlösung“, aber besser als der Ist-Zustand.

Reisendenübergänge sind in seinen Augen ein „oft durchgeführter, machbarer Weg“. Ein solcher wurde nicht nur gehbehinderten Menschen oder Rollstuhlfahrern, sondern auch Menschen mit Rollatoren, Familien mit Kinderwägen und Radfahrern nützen.

Recht auf Teilhabe

Amend weist darauf hin, dass die Bahn die Fahrradmitnahme in Zügen ausdrücklich unterstützt und auch dafür Bahnhöfe barrierefrei ausbaut. Wichtig ist ihm aber vor allem, was er auch in seinem jüngsten Brief an Klaus-Dieter Josel schrieb: „Es geht nicht um die Schaffung einer Annehmlichkeit, es geht vielmehr um das Beenden eines untragbaren Zustandes für Menschen mit eingeschränkter Mobilität, denen ihr Recht auf Teilhabe verweigert wird.“

Ziel müsse aber eine Aufzuganlage bleiben, meint Amend. Der Reisendenübergang wäre trotzdem nicht umsonst, denn er sollte Bestandteil der barrierefreien Station bleiben, schon alleine weil Aufzüge oft genug ausfielen.