Schwarzmann und Co. auf der Festung

Wülzburg Open-Air: Beste Unterhaltung, ausbaubare Organisation

4.7.2022, 16:17 Uhr
Wülzburg Open-Air: Beste Unterhaltung, ausbaubare Organisation

© Robert Renner, NN

Die Resonanz auf die zwei Veranstaltungen hätte aber unterschiedlicher fast nicht ausfallen können. Während zu Schwarzmann über 2000 Menschen strömten und die Veranstaltung quasi ausverkauft war, fanden sich im Innenhof der Hohenzollernfestung hoch über Weißenburg zum Addnfahrer-Auftritt lediglich knapp 400 Besucher ein.

Drei Stunden Programm

Das focht den Comedian aus Gaißach bei Bad Tölz allerdings nicht an. Er präsentierte sein Programm „S‘Lem is koa Nudlsubbn“ über fast drei Stunden und sorgte für so manchen Schenkelklopfer. Und Schenkelklopfer ist an dieser Stelle durchaus der korrekte Begriff, denn der Addn-fahrer weiß vieles zu erzählen, wohl auch angeregt von eigenen Erlebnissen, und zeigt dabei keine Scheu vor Derbheiten. Politische Korrektheit oder gar eine gendergerechte Sprache lässt er geflissentlich links liegen. Das würde zu der Figur des Addn-fahrer, in die der 31-jährige Thomas Willibald schlüpft, aber auch gar nicht passen. Der erzählt breit, detailgetreu und genüsslich von seinen ziemlich schiefgelaufenen ersten Kontakten mit dem anderen Geschlecht oder von einem nicht ganz unfallfreien Thailand-Urlaub.

„Tat‘s freindlich sein!“

Um das Bild des urigen, beständig schnackselnden sowie von Bier und Schweinernem mit vielen Semmelknödeln geformten Kraftbayern zu vervollständigen hat er einen verschwitzten Trachtenhut auf und eine leuchtend rote Arbeitshose an, die von signalorangenen Hosenträgern gehalten wird, während er seine Direktheiten ins Publikum wirft. Und dazu nuckelt er beständig an einer Flasche Bier.

Alles eine Frage der (Ein)Stellung

Freilich ist es zum Auftritt ein Alkoholfreies. Doch auch wenn Willibald als Addnfahrer ziemlich krachledern daher kommt, er hat jenseits seines derben Humors eine Botschaft für sein Publikum dabei, die er diesem auf den Heimweg mitgibt: „Tat‘s freindlich sein!“ Es sei wichtig, sich um seine Familie und einen kleinen, aber guten Freundeskreis zu kümmern, denn es gebe schnell schwierige Momente im Leben. Oder wie es der Addnfahrer ausdrückt: „Freilich vögelt uns das Leben. Aber wir können uns die Stellung aussuchen.“

Wülzburg Open-Air: Beste Unterhaltung, ausbaubare Organisation

© Robert Renner, NN

Der gelernte Schmied, „brutal erfolgreich“, wie er selber sagt, weiß von was er spricht, hatte er doch einen schweren Arbeitsunfall, der ihn beinahe das Leben kostete und ihm zwei Jahre Klinikaufenthalte bescherte. Seither kann er nicht mehr als Metallbauer arbeiten.

Als Addnfahrer ist er nun unterwegs. Eine Addn ist zu deutsch eine Egge. Mit einer solchen an seinem Traktor donnerte er in seinem ersten Video über eine Wiese. Daher der Name. Ebenfalls landwirtschaftlich geprägt ist Martina Schwarzmann, die mit Mann und vier Kindern auf einem Bauernhof in Altomünster im Landkreis Dachau lebt. Aus diesem Leben saugt die 43-Jährige den Nektar für ihre unterhaltsamen, mitunter skurrilen Bühnengeschichten. „Fast wia im richtigen Leben“ möchte man den Titel der Fernsehserie mit Gerhard Polt zitieren. Oder wie es ein Zuschauer ausdrückte: „Wie bei uns im Wohnzimmer.“

Schwarzmann wie man sie kennt

Dabei sprudelt es aus der Kabarettistin nur so raus. Sie fängt beim Corona-Homeschooling an, kommt darüber auf Halloween zu sprechen und weiter geht es zu den Themen Dialekt, Gleichgültigkeit, Schilddrüse, vegane Ernährung, Touristen, Plastikmüll, Slipeinlagen, Tampons und Menstruationstassen bis hin zu einem hemmungslosen Stammtischchef und zum Sterben. Und fast immer ist mindestes ein Familienmitglied dabei, meist sind es alle Kinder.

So auch, wenn sie vom Nebenjob bei einer Freundin erzählt, die Paartherapie für Eheleute anbietet, „die net wissen ob‘s Kinder wollen“. Kurze Pause. Dann: „Wir kommen zu fünft zwei Stunden.“ Immer müsse es eine Mahlzeit geben. Kurze Pause. Dann: „Die Leit sagn oft nach einer Stund, sie wissen‘s etz scho.“ Und nicht nur aus der Nachbemerkung „und ob‘s uns was ausmacht, des Dessert mitzunehmen“, ist zu erkennen, dass sie sich eher nicht für eigenen Nachwuchs entschieden haben.

Die Organisation war ausbaufähig

Die prächtige Unterhaltung ließ darüber hinwegsehen, dass beim Wülzburg Open Air organisatorisch nicht alles rund lief. Nicht nur, dass es keine Speisen gab – der Caterer hatte wohl am Freitag Corona-bedingt abgesagt –, auch das Fehlen eines Shuttlebusses vom Parkplatz hinauf zur Burg hatten einige beklagt. Und manchen störte auch, dass der Weg zurück zum Parkplatz teilweise im Dunkeln lag. Doch in Corona-Zeiten ist eine solche Veranstaltung auch nicht so einfach aufzuziehen.

Den Parkplatz hat jedenfalls der Segelflugverein spontan zur Verfügung gestellt und gemäht, um so seinen Teil zum Gelingen des Festes beizutragen. ROBERT RENNER