Nach bewegendem Video

Wie das Eichstätter Open Air am Berg gerettet wurde

Miriam Zöllich

Weißenburger Tagblatt

E-Mail zur Autorenseite

9.6.2022, 16:02 Uhr
Um das beliebte Open Air am Berg bei Eichstätt zu retten, sind am Wochenende zahlreiche Menschen spontan zum Festival gefahren.

© Stefan Schramm, NN Um das beliebte Open Air am Berg bei Eichstätt zu retten, sind am Wochenende zahlreiche Menschen spontan zum Festival gefahren.

Das Open Air auf dem sogenannten Elefantenhügel findet traditionell am Pfingstwochenende von Freitag bis Sonntag statt und ist normalerweise ein großer Anziehungspunkt für Rockfans in der Region. Auch aus dem Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen kommen jedes Jahr etliche Besucher nach Eichstätt. „Das Gelände ist auf 5000 Besucher ausgelegt, erwartet haben wir etwa 4000“, erklärt Organisator Max Beugel.

Doch als er und sein Team am späten Abend des ersten Festivaltags einen Blick auf die Zahlen warfen, war der Schock groß: Nur rund 2600 Menschen hatten ein Ticket gelöst und befanden sich auf dem Gelände. Eine Zahl, mit denen das Festival nicht finanzierbar ist. „Das Open Air am Berg kann es nächstes Jahr vielleicht nicht mehr geben“, erklärten Beugel und Leubert deshalb wenig später bedrückt in ihrem Video. „Weil wir leider zu wenig Besucher haben.“

"Vielleicht haben uns auch manche vergessen

Die Gründe für die geringe Resonanz sind vielfältig. Möglicherweise spielt Corona noch mit rein, vermutet das Orga-Team. „Vielleicht haben viele noch Angst, auf so große Veranstaltungen zu gehen.“ Als einen weiteren Grund hat man auch das starke Freitags-Line-Up von Rock im Park ausmachen können. Zwar finden die beiden Festivals schon seit jeher am selben Wochenende statt. Doch bislang sei das nie ein Problem gewesen, erklärte Max Beugel.

„Vielleicht haben uns auch manche vergessen“, mutmaßt der Raitenbucher Nico Leubert im Video. Denn nicht nur die Corona-Maßnahmen, sondern auch ein Untreue-Skandal 2018 hat dazu geführt, dass das Festival mehrere Jahre pausieren musste.

Das ist aber auch der Grund für die besonders prekäre Lage des JOKE-Vereins, der hinter der ehrenamtlichen Organisation steckt. „Wir haben ganz von vorne gestartet, ohne Rücklagen, ohne irgendwas.“

Hilfeschrei ging viral

Mit sichtlich betroffenen Mienen appellieren Max Beugel und Nico Leubert an die Menschen, das Video im Internet zu teilen und das Festival am Samstag zu besuchen. „Wir denken, es lohnt sich, dafür zu kämpfen, dass es dieses Festival auch weiterhin gibt.“ Man habe sich von den Rückschlägen der vergangenen Jahre nicht unterkriegen lassen, doch jetzt sei es „wirklich ernst.“

Um halb drei in der Nacht zum Samstag ging das Video auf den Social-Media-Plattformen online – und ging sofort viral. Etliche Fans und Unterstützer riefen im Web dazu auf, das Festival zu unterstützen. So postete etwa auch der Eichstätter Journalist und Buch-Autor Richard Auer auf Facebook: „Na, da werden sich also auch die älteren Herrschaften wie ich und Konsorten mal in Marsch setzen und ein Tagesticket allein schon für den Auftritt von Django 3000 erwerben. Ehrensache!!! Ich hoffe mal, dass sich möglichst viele von meiner Generation anschließen.“

Unterstützung "überwältigend"

Die spontane Welle der Unterstützung am Samstag sei „überwältigend“ gewesen, berichtet Max Beugel. Etliche Besucher – darunter auch viele ehemalige Festivalgänger mit ihren Familien – kauften ein Tagesticket und fanden sich auf dem Gelände ein. Einige zahlten zwei Tickets, obwohl sie alleine kamen. Andere gaben großzügiges Trinkgeld an den Essens- und Getränkeständen. Manch einer kaufte ein Ticket, ließ ein paar aufmunternde Worte da und fuhr wieder nach Hause – einfach als Zeichen der Unterstützung.

Zum Elefantenhügel gekommen ist auch eine Delegation des Eichstätter Stadtrats samt Bürgermeister und Stellvertreterinnen, um sich die Situation vor Ort anzuschauen und die Veranstalter zu unterstützen. Die Kommunalpolitiker zeigten sich beeindruckt von der Leistung des 25-köpfigen Orga-Teams und den rund 250 weiteren ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern auf dem Gelände.

Letztlich kamen am Samstag knapp 1000 zahlende Gäste zum Open Air am Berg. „Das würde zwar immer noch nicht ganz reichen, doch mit den zusätzlichen Spendeneinnahmen trägt es sich nun“, zeigt sich Max Beugel im Gespräch mit unserer Zeitung erleichtert. Die finale Abrechnung ist erst in gut zwei Wochen abgeschlossen, doch schon jetzt gehen er und seine Mitstreiter optimistisch in die Planungen für 2023. „Die Motivation ist so groß wie noch nie.“