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Treffsicher in Eins-gegen-Eins-Duellen und im letzten Heimspiel der Saison: Viggó Kristjánsson behielt vom Siebenmeterstrich die Nerven. Eine im Kampf um die Klasse wertvolle Sensation gegen den SC Magdeburg ermöglichte das im ungleichen Duell mit dem SCM nicht.
© Sportfoto Zink / Daniel Marr
Treffsicher in Eins-gegen-Eins-Duellen und im letzten Heimspiel der Saison: Viggó Kristjánsson behielt vom Siebenmeterstrich die Nerven. Eine im Kampf um die Klasse wertvolle Sensation gegen den SC Magdeburg ermöglichte das im ungleichen Duell mit dem SCM nicht.

23:34 bei der Red Night

Siebenmeter-Trost und Schiri-Ärger: Der HCE hat gegen Magdeburg keine Chance

Rechnen konnte man nicht mit Pluspunkten im letzten Heimspiel einer komplizierten Saison. Dass Johannes Sellin, der Chefcoach des HC Erlangen, die Rechnung vor dem ungleichen Duell mit dem SC Magdeburg, der wohl größtmöglichen Herausforderung in Handball-Deutschland, trotzdem aufgemacht hatte? Zeugte von der zuversichtlichen und selbstbewussten Herangehensweise, die Sellin dem zuletzt ordentlich punktenden HCE im Abstiegskampf weiter injizieren will und muss.

„Auch Magdeburg kann geschlagen werden“, hatte der mit dem Erhalt der Erlanger Erstliga-Zugehörigkeit Beauftragte nach der Heimniederlage gegen Leipzig also gesagt. Beim 23:34 (12:16) gegen das Starensemble aus Magdeburg blieb sein Team jedoch chancenlos, was neben der Leistung beider Mannschaften auch mit den Schiedsrichtern zusammenhängen sollte.

Erbracht hatte den Nachweis, dass der SC Magdeburg geschlagen werden kann, in der jüngeren Vergangenheit abseits von Schiri-Ärger kein Bundesliga-Team. Seinen Weg zurück an die Spitze hatte sich der SCM mit zehn Siegen in Serie vor seinem Aufenthalt am Kurt-Leucht-Weg schonungslos gebahnt. Von ganz oben grüßte er bei Spielbeginn in Nürnberg allerdings noch nicht, der Branchenprimus, der den Tabellenletzten aus Potsdam unlängst mit 14 Toren Differenz aus der Bundesliga verabschiedet hatte. Gegeben war zumindest die Übernachtungsmöglichkeit auf Platz eins in der Magdeburger Reise-und-Titel-Planung erst am Mittwoch.

Dass gegen Magdeburg die Chance auf eine Sensation bestand, war trotz eines anständigen Erlanger Auftritts im ersten Durchgang dann auch nur eine leise Hoffnung. Richtig laut war es vor 8200 Zuschauern in der ausverkauften Arena beim Einlaufen der vier Spieler geworden, die der HCE nach der Partie noch einmal ausgiebig verabschiedete - am lautesten bei Nikolai Link, der nach 13,5 Jahren im fränkischen Handball-Einsatz Erlangens Vorzeigeverein nach Abschluss einer starken Nikolai-Link-Saison fehlen wird. Was recht schnell im sich anschließenden Spiel fehlen sollte, war das Momentum: Kurz nachdem Omar Ingi Magnusson den Ball unter Bedrängnis im linken Toreck untergebracht und auf der Gegenseite Viggó Kristjánsson recht weit am linken Toreck vorbeigeworfen hatte, war der HCE 0:2 hinten.

Dass sich der Isländer vom Siebenmeterstrich sehr zielsicher zeigen sollte, war für die Hausherren derweil von Vorteil. Der erste von fünf verwandelten Kristjánsson-Siebenmetern bereits in der ersten Hälfte bedeutete den Anschluss. Dass Sander Øverjordet, der nach schöner Körpertäuschung an SCM-Schussmann Hernández scheiterte, das 2:3 verpasste, gab früh jedoch Aufschluss darüber, dass das In-Fahrt-Kommen und In-Fahrt-Bleiben für den HCE kurz vor Christi Himmelfahrt schwierig werden würde.

Verlassen konnte sich die Gastgeber im stimmungsvollen Red-Night-Ambiente auf die zuverlässige und intensive Unterstützung der Fans. Belohnt wurde das Engagement der Anhänger bei einem von Tim Gömmel abgeschlossen Genuss-Gegenstoß. Während die Fans im roten Rahmen anfeuerten und das ein oder andere unsauber blieb, arbeitete die Abwehr der Hausherren auf Hochtouren. Eine Monsterparade von Dario Quenstedt schob das 6:3 für den haushohen Favoriten nur auf. Der in diesen Minuten aufdrehende Marek Nissen hatte unter anderem per Prachtwurf allerdings eine Antwort.

Der HCE profitierte von seiner Galligkeit in der Defensive, die gegen die die Gäste weiterhin entschlossen verteidigte, und war vor Viertelstundenfrist auch deshalb auf Tuchfühlung mit dem Titelverteidiger. Zielsicher dabei? War wie auch in der Folge aus sieben Metern: Winterzugang Kristjánsson. Übertragen ließ sich dessen Coolness vom Strich aber nicht. Milos Kos war im Pivatduell mit Magdeburg-Keeper Hernández zweimal der zweite Sieger, auf der Gegenseite lieferten mit Omar Ingi Magnusson und Gisli Kristjansson zwei SCM-Stars beständig ab.

Glück hatte Erlangen, das trotzdem nicht abreißen ließ, vor der Pause nicht - weder bei Abprallern noch bei Schiedsrichter-Entscheidungen, die häufig und zunehmend auch unverständlicher gegen die Gastgeber ausfielen. Kos, der das Visier nun besser eingestellt hatte, und Kristjánsson hielten den Pausenrückstand trotzdem in einem Bereich, in dem eine Sensation weiterhin möglich schien, mit oder ohne Rechenschieber.

Wahrscheinlich war eine Sensation an diesem Abend allerdings nicht, auch wenn ein Øverjordet-Tor Hälfte zwei eröffnete. Das Pech bei Aluminium-Trefffern blieb ein Erlanger Begleiter. In der Entscheidungsfindung und im Passspiel geriet das ein oder andere weiterhin zu wild und fehlerhaft. Auf dem Weg zum Tor und im Abschluss agierte man bald oft auch zu überhastet.

Magdeburgs Offensivmaschinerie war längst heißgelaufen hingegen. Der Handball-Dominator der letzten Jahre traf weiterhin regelmäßig. Auch über Rechtsaußen Tim Hornke erzielte Erlangens Gegner oft Tore, die den HCE immer weiter ins Hintertreffen nun setzten.

Aufgab sich der HCE allerdings nicht. Er tröstete sich mit schönen Szenen, die Krisjánssons Stabilität aus sieben Metern von der Platte auf die Ränge übertrugen. Er baute sich auf, als Gömmel dem aus seinem Tor geeilten Hernández das Spielgerät am Kreis klaute und ins leere Gehäuse warf. Auch Tobias Wagner, der den HCE nach Saisonende verlassen wird, sorgte im Abschluss kompromisslos für ein paar rotschimmernde Lichtblicke in einem Spiel, das längst verloren war.

Verloren hatten die Zuschauer und teilweise auch die Spieler längst die Geduld mit den beiden Schiedsrichtern. Im zweiten Durchgang waren die Entscheidungen gegen die Gastgeber nicht weniger nachvollziehbarer geworden. Im Kollektiv reagierte man sich ab. Antonio Metzner traf schön und hatte Pech. Magdeburg bestrafte ausbleibende Treffer rücksichtslos. Der HCE war längst unterdessen dabei, das ungleiche Duell gegen Magdeburg abzuhaken.

Die mit Selbstbewusstsein gepaarte Begeisterung, die in den abschließenden Auswärtspartien in Bietigheim und Wetzlar beim Klassenverbleib helfen soll, war zurück, als die vier Spieler um Nikolai Link nach der Partie unter großem Applaus verabschiedet wurden. Es war etwas, mit dem man auch rechnen konnte - und trotzdem recht unkompliziert daherkam .

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