1:4 im Ronhof

Bundesliga-Abstieg besiegelt: Ersatzgeschwächtes Kleeblatt verliert gegen Leverkusen

Michael Fischer

Nürnberger Nachrichten

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23.4.2022, 17:52 Uhr
Die Vorentscheidung: Andreas Linde (links) weiß da schon, dass er dem jubelnden Leverkusener Azmoun das 1:2 geschenkt hat.

© Sportfoto Zink / Melanie Zink, Sportfoto Zink / Melanie Zink Die Vorentscheidung: Andreas Linde (links) weiß da schon, dass er dem jubelnden Leverkusener Azmoun das 1:2 geschenkt hat.

Die zehn Worte am Zaun der Nordtribüne fassten diesen 23. April 2022 aus Fürther Sicht ganz gut zusammen. "Es gibt schon manchmal Tage, da fällt das Leben schwer..." stand in grünen Lettern auf schwarzem Grund. Denn dieser Samstagnachmittag war tatsächlich ein wenig schöner für alle Fürtherinnen und Fürther - nicht nur, weil schon vor dem Anpfiff klar war, dass der Abstieg nach diesem Heimspiel gegen Bayer Leverkusen ziemlich sicher feststehen würde.

Denn da war ja nicht nur die sportlich schwierige Ausgangslage, sondern auch die sich stetig verschlimmernde Personalsituation. Neben den Verletzten Robin Kehr, Marco Meyerhöfer, Havard Nielsen und Paul Seguin fehlten gegen den Tabellenvierten die gesperrten Maximilian Bauer und Afimico Pululu sowie Max Christiansen und Jamie Leweling, die unter der Woche positiv auf das Coronavirus getestet worden waren.

Trainer Stefan Leitl äußerte vor der Partie dennoch, dass er "große Lust auf das Spiel" habe. Die war seiner Mannschaft zu Beginn auch anzumerken, doch dann schlug sich das Kleeblatt selbst und verlor am Ende völlig verdient mit 1:4 (1:2). Damit ist die Spielvereinigung drei Partien vor Saisonende abgestiegen.

Die Fürther Startelf stellte sich angesichts der großen Personalprobleme quasi von selbst auf. In der Fünferkette vor Torhüter Andreas Linde verteidigten Jetro Willems (links), Luca Itter, Nick Viergever, Sebastian Griesbeck und Simon Asta (rechts). Davor bildeten Timothy Tillman und Tobias Raschl erneut die Doppel-Sechs, Julian Green übernahm den offensiveren Part hinter den beiden Angreifern Branimir Hrgota und Jessic Ngankam.

Zwei Tore in acht Minuten

Das Spiel des 18. gegen den Tabellenvierten war auch eines zweier Mannschaften, bei denen zuletzt die Minuten gezählt wurden. Während die Gäste schon knapp 230 Minuten lang kein Tor mehr geschossen hatten, wartete das Kleeblatt sogar bereits fast 450 Minuten auf einen eigenen Treffer. Doch beide Serien endeten schnell.

In der fünften Minute setzte sich Jessic Ngankam bei seinem Startelf-Debüt für das Kleeblatt stark gegen Jonathan Tah durch, scheiterte mit seinem Abschluss aber an Lukas Hradecky im Leverkusener Tor. Beim Abpraller reagierte der wuchtige Angreifer dann jedoch erneut stark, sodass der Ball zu Jetro Willems sprang. Der legte sich den Ball zurecht und traf mit seinem schwächeren rechten Fuß zum 1:0.

Drei Minuten später aber lag der Ball nach einer Ecke auch im Fürther Tor - doch der Schiedsrichter-Assistent hatte seine Fahne gehoben. Abseits? Dachten alle. Doch dann konferierte Schiedsrichter Tobias Reichel mit dem Kölner Keller, wo Reichels Kollegen gesehen hatten, dass der Ball von Branimir Hrgota zum Leverkusener Patrik Schick gesprungen war. Das Tor zählte doch: 1:1 nach zehn Minuten.

Die Fürther Freude währte, wie schon beim letzten frühen Treffer gegen Leipzig, also nur kurz - und nach 18 Minuten verstummte der Ronhof endgültig. Nick Viergever spielte unter Druck zurück zu Andreas Linde, der alle Zeit der Welt hatte, dann aber in einen Sekundenschlaf verfiel. Der Fürther Torhüter wartete und wartete und schoss den Ball dann dem heraneilenden Leverkusener Sardar Azmoun an den Fuß. Der bedankte sich artig für das Geschenk und traf zum 1:2.

Abgestiegen um 16 Uhr

Um kurz vor 16 Uhr war das Kleeblatt damit abgestiegen und wirkte, nicht nur deshalb, geschockt. Fortan spielte fast nur noch der SV Bayer, ohne dabei jedoch zu überzeugen. Das reichte allerdings, denn den Fürthern gelang kaum mehr etwas. Stattdessen spielten sie unerklärliche Fehlpässe und schienen die große Lust aufs Spiel längst verloren zu haben. Den Gästen gelang allerdings ebenfalls wenig, am gefährlichsten wurde es, als Schick fünf Minuten vor der Pause aus zwölf Metern abschloss, Linde aber zur Ecke abwehren konnte.

Es war tatsächlich ein Tag, an dem allen Kleeblattfans das Leben schwerfiel. Ein Tag, der stellvertretend stand für diese Bundesliga-Saison. Mit Freude, die schnell der Ernüchterung wich, mit kurzen Glücksmomenten, die aber von den Rück- und Tiefschlägen verdrängt wurden.

Auch nach der Pause wurde es kaum besser. Stattdessen erhöhte Leverkusen nach einer abermals schlechten Fürther Ecke und einem blitzschnellen Angriff auf 1:3 (52.). Das Kleeblatt hatte jedoch Glück im Unglück, dass Moussa Diaby minimal im Abseits stand, sodass der Treffer nicht zählte. Fünf Minuten später aber genügte den Gästen ein simpler Doppelpass, um den gesamten Abwehrverbund der Spielvereinigung auszuhebeln. Am Ende traf Paulinho im Fallen, nachdem er zuvor über den Ball gehauen hatte.

Eine lange Mängelliste

Das Kleeblatt gab sich nicht auf - dass diese Mannschaft vollkommen zurecht absteigt, sah man in der letzten halben Stunde aber immer wieder. Ngankam traf den Ball aus aussichtsreicher Position nicht richtig, sodass er Richtung Tor kullerte, Tobias Raschl schoss nach schöner Bewegung eher Richtung Tribünendach, Hrgota verschleppte, wie so oft in den vergangenen Wochen, das Spiel statt es schnell zu machen, Itter flankte hinter statt vor das Tor - die Liste hätte sich beliebig verlängern lassen.

20 Minuten vor Schluss verletzte sich Torschütze Willems, der zuvor schon viele Laufduelle gegen Diaby verloren hatte, dann auch noch - für ihn kam Gideon Jung, Luca Itter übernahm den Part ganz links in der Fünferkette. Bis zum Schlusspfiff passierte nicht mehr viel. Jeremy Dudziak und Dickson Abiama durften noch ein paar Minuten mitspielen - und vom Rasen aus mitansehen, wie der eingewechselte Palacios in der 85. Minute per Distanzschuss sogar noch auf 1:4 erhöhte.

Es war der letzte Höhepunkt dieses Nachmittags. Fünf Minuten später war Schluss. Und das Kleeblatt um 17.20 Uhr abgestiegen. Die Fans auf der Nordtribüne sangen, noch lauter als in den vergangenen Wochen: "Unser Kleeblatt, das wird niemals untergeh'n".

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