Aufstieg und Negativrekorde

In der Gefühls-Achterbahn: Der Rückblick auf das Kleeblatt-Jahr

30.12.2021, 18:55 Uhr
Sie haben es tatsächlich geschafft: Die Fürther Fußballer Asta, Itter, Abiama, Leweling und Burchert (von links) Ende Mai nach dem 3:2 gegen Düsseldorf, das den Aufstieg brachte.

© Sportfoto Zink / Wolfgang Zink, NNZ Sie haben es tatsächlich geschafft: Die Fürther Fußballer Asta, Itter, Abiama, Leweling und Burchert (von links) Ende Mai nach dem 3:2 gegen Düsseldorf, das den Aufstieg brachte.

Das neue Fußballjahr begann gefühlt ein paar Stunden nach dem Silvesterfeuerwerk. Am 3. Januar empfing das Kleeblatt den damals noch abstiegsgefährdeten FC Sankt Pauli. Beim 2:1 taten sich die Fürther lange schwer mit dem Toreschießen, führten aber vermeintlich bequem mit 2:0 – und kassierten spät noch den Anschlusstreffer. Der Sieg geriet aber nicht mehr in Gefahr. "Wir sind froh, dass uns der Start ins neue Jahr mehr als gelungen ist", sagte Trainer Stefan Leitl. Seinen Spielern attestierte er einen "sehr konzentrierten und reifen Auftritt".

Dem guten Auftritt folgten einige fahrige. Beim 2:3 in Karlsruhe patzten Paul Jaeckel und Sascha Burchert, beim 1:1 gegen Paderborn verpassten die Fürther einen Heimsieg. In Düsseldorf wurde es wild, weil die Fortuna ihren Torhüter Florian Kastenmeier schon in der 82. Minute nach vorne schickte, wo der bei einem Eckball maßgeblich am 3:3 beteiligt war. Nach einem 1:0 in Osnabrück gewann das Kleeblatt 3:0 gegen Aue.

Wirbel um Leweling - und Usain Bolt

Der Februar startete mit einem Vorgeschmack auf die Bundesliga. Im Pokal schieden die Fürther gegen Werder Bremen aus, danach sorgte Jamie Leweling für einigen Wirbel. Die Würzburger warfen dem Fürther Angreifer eine Schwalbe vor, der Schiedsrichter entschied trotzdem auf Elfmeter. Robin Kehr imitierte beim 4:1 gegen die Kickers noch Usain Bolt und traf zum Endstand. Einem 0:0 beim HSV folgte der emotionale Heimsieg gegen Kiel, wo Maximilian Bauer das 2:1 für enorm ersatzgeschwächte Fürther erzwang. Beim 2:2 in Hannover ließ das Kleeblatt erneut Punkte liegen.

Im März revanchierte sich der VfL Bochum für die Niederlage im Hinspiel, das Kleeblatt rutschte auf Rang vier ab. Nach dem Sieg in Regensburg schoss sich Dickson Abiama noch ein bisschen mehr in die Herzen der Fans und köpfte in der 94. Minute das 2:2 im Derby gegen 1. FCN.

Es ging emotional weiter. Anfang April stieg Emil Berggreen (ja, tatsächlich) in Heidenheim in der letzten Spielminute in die Luft und brachte den Ball aufs Tor, den Abpraller drückte Maximilian Bauer zum 1:0 über die Linie. In Darmstadt holten die Fürther einen 0:2-Rückstand auf und beim 2:2 zumindest einen Punkt. Es folgte ein ungefährdetes 3:0 gegen Braunschweig, dann ließ der FC Sankt Pauli vier Monate und jede Menge Siege später im Rückspiel auch den Fürthern keine Chance.

28. April 2021. Englische Woche. Fürth gegen Sandhausen. Das klang nicht nach großem Fußball, war es auch lange nicht. Der ehemalige Kleeblatt-Angreifer Daniel Keita-Ruel traf zweimal für die Gäste – und als alle dachten, die Fürther würden wieder Punkte verspielen, da fasste sich Branimir Hrgota ein Herz und drosch den Ball zum 3:2 in den Winkel.

Der Mai begann mit einem kleinen Rückschlag im Aufstiegsrennen. Gegen den Karlsruher SC geriet das Kleeblatt zweimal in Rückstand, sicherte sich dank Toren von Havard Nielsen und, natürlich, Branimir Hrgota aber zumindest einen Punkt. Das furiose Sturmduo traf auch am vorletzten Spieltag in Paderborn, Paul Seguin und Dickson Abiama schossen die Fürther zum Auswärtssieg – und wegen der Niederlage des HSV in Osnabrück mindestens in die Relegation.

Dickson Abiama wird zum Helden

23. Mai 2021. Einer der wichtigsten Tage der jüngeren Fürther Vereinsgeschichte. Gegen Fortuna Düsseldorf lief zunächst alles gegen das Kleeblatt. Rückstand, Rote Karte gegen Anton Stach. Alles vorbei? Nein. In der Kabine überzeugte Paul Seguin in Namen der Mannschaft den Trainer, zumindest noch ein paar Minuten Geduld zu haben und noch niemanden für die Relegation zu schonen. Hrgota glich tatsächlich aus, doch Düsseldorf traf erneut. An diesem Tag aber konnte nichts und niemand diese Fürther aufhalten. Julian Green traf zum 2:2, Kiel geriet in Rückstand – und dann rannte Dickson Abiama einfach los. Auf dem Weg zu den feiernden Fans vor dem Stadion schoss er den Ball zum 3:2 ins Tor und die Spielvereinigung in die Bundesliga. Der Rest war grenzenloser Jubel und Glückseligkeit.

Eines der Schlüsselspiele der Bundesliga-Hinrunde: Das Kleeblatt verliert zuhause gegen Abstiegskonkurrent Bochum. Entsprechend ist die Laune bei Nick Viergever.

Eines der Schlüsselspiele der Bundesliga-Hinrunde: Das Kleeblatt verliert zuhause gegen Abstiegskonkurrent Bochum. Entsprechend ist die Laune bei Nick Viergever. © Sportfoto Zink / Wolfgang Zink, Sportfoto Zink / Wolfgang Zink

Einen Tag später durften sich die Aufstiegshelden auf und neben dem Platz im Sportpark Ronhof ins Goldene Buch der Stadt eintragen und sich danach den gesamten Juni über erholen von einer sehr emotionalen ersten Jahreshälfte.

Am 3. Juli dröhnte die inoffizielle Aufstiegshymne aus den Boxen. Zum Lied „Feel the magic in the air“ traf sich die Bundesliga-Mannschaft zum ersten Training im Ronhof, wo sie ein paar Tage später das erste Testspiel gegen die Bayern-Amateure verlor. Der Anfang vom Ende? Am Tag danach verletzte sich Sturmhoffnung Jessic Ngankam, nach einem 0:1 Würzburg und einem 1:1 in Ingolstadt ging es ins Trainingslager nach Österreich. Dort regnete es dann so stark, dass die Salzach über die Ufer trat, Straßen überflutete und sogar Bahngleise unterspülte. An Fußball war erst einmal nicht zu denken.

Nach einem weiteren Ausflug in die Türkei, für ein Testspiel bei Fenerbahce Istanbul, begann die neue Saison Anfang August in Babelsberg. Beim Viertligisten schied das Kleeblatt im Elfmeterschießen aus, "es war eine unnötige Niederlage, denn wir hatten über 120 Minuten genügend Möglichkeiten, das Spiel zu entscheiden", sagte Stefan Leitl. Nach dem ernüchternden 1:5 in Stuttgart versprach der Trainer allen Fans auf der Fürther Freiheit den historischen ersten Heimsieg, den das Kleeblatt gegen Bielefeld nur knapp verpasste.

0:3 in Mainz. Länderspielpause. In dieser ging Rachid Azzouzi ging nochmal aufs Einkaufstour, besser wurde es aber auch im September nicht. 0:2 gegen Wolfsburg, 1:2 in Berlin und zum Abschluss ein Fußballfest gegen die Bayern, das 1:3 endete.

Torwartwechsel, weiter keine Punkte

Am 1. Oktober tauschte Stefan Leitl den Torhüter aus, doch auch Marius Funk konnte das 1:3 in Köln nicht verhindern. Nach dem 0:1 zuhause gegen Bochum kippte die Stimmung so langsam, es folgten zwei weitere Niederlagen in Leipzig und Freiburg. Zehn Spiele, ein Punkt.

Dem ersehnten Erfolgserlebnis war das Kleeblatt im November gegen Frankfurt nah, doch nach Ittens 1:1 in der Nachspielzeit schoss die Eintracht noch das 1:2. Beim 0:4 in Gladbach war die Spielvereinigung chancenlos, beim 3:6 gegen Hoffenheim stimmte die Balance zwischen Offensive und Defensive nicht.

Der Dezember begann mit einer kräftigen Ohrfeige. Beim 1:7 in Leverkusen zerfielen die Fürther in alle Einzelteile, nach dem Schlusspfiff saßen Trainerteam und Mannschaft eine Stunde lang in der Kabine zusammen. 14 Spiele, ein Punkt.

12. Dezember 2021. Mit seinem Tor zum 1:0 schrieb Havard Nielsen Geschichte und schoss das Kleeblatt zum ersten Bundesliga-Heimsieg der Vereinshistorie. Das zu hoch ausgefallene 0:3 in Dortmund sowie das 0:0 gegen Augsburg machen Mut, dass es in der Gefühlsachterbahn künftig auch wieder nach oben geht.

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