Kolumne zum Kleeblatt

Laubenweg 60: Der Pokal hat seine eigenen Gesetze (auch beim Feiern)

Michael Fischer

Nürnberger Nachrichten

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2.8.2022, 19:00 Uhr
Anführer der Stuttgarter Pokal-Party: DJ Robin (rechts) und Schürze.

© Hannes P Albert, dpa Anführer der Stuttgarter Pokal-Party: DJ Robin (rechts) und Schürze.

Die große Party nach der Pokalsensation führte einer an, der gar nicht dabei war. Nicht der Kapitän und auch keiner der beiden Torschützen. Kevin Dicklhuber, der eigentliche Anführer der Stuttgarter Kickers, stand nach dem 2:0 gegen die Spielvereinigung lieber in der Interview-Zone des Stadions und stichelte ein bisschen Richtung der erstaunlich unterlegenen Fürther: "Eine halbe Torchance als Zweitligist", sagte Dicklhuber über die Leistung des Kleeblatts, "das ist schon schwach."

Es waren auch nicht Denis Zagaria oder David Braig, die Torschützen, die sich als Stimmungsmacher hervortaten. Es war Robin Leutner, der 1996 in Stuttgart geboren wurde und auf dem Aufstellungsbogen voller No-Names (zumindest für den Beobachter von Zweitligafußball) nicht weiter aufgefallen wäre.

Niveau-Senken im Bierkönig

Leutner aber ist kein Fußballspieler. Er ist "ein deutscher DJ", wie auf "Wikipedia" nachzulesen ist – "und Interpret von Ballermann-Musik". Bekannt wurde Leutner zunächst durch seine Auftritte auf dem Cannstatter Wasen, dem Stuttgarter Pendant zur Kärwa, inzwischen ist er auch regelmäßig als Taktgeber dabei, wenn sich im "Bierkönig" auf Mallorca alle gemeinsam dem kollektiven Niveau-Senken hingeben.

Seit ein paar Wochen kennt ganz Deutschland die Musik von Robin Leutner, der besser bekannt ist als "DJ Robin". Gemeinsam mit dem Interpreten "Schürze", dessen echter Name nicht bekannt ist, zelebriert er im Song "Layla" den Sexismus und singt von der "Puffmama" und der "wunderschönen Layla", die "schöner, jünger, geiler" sei und gesegnet mit den Attributen "geile Figur, blondes Haar".

Seitdem streitet sich ein ganzes Land über seltsam dämliche Zeilen wie diese. Am Sonntag sah sich sogar das ZDF genötigt, etwas gegen die Verunglimpfung der Ballermann-Hochkultur zu unternehmen – und lud Robin und Schürze in den "Fernsehgarten" ein.

Darf man so einen Quatsch feiern? Die Kickers hatten tags zuvor eine klare Antwort. Nach dem Schlusspfiff erklang "Layla" über die Stadion-Lautsprecher – und später auch bei der großen Party in der Kabine. Der Pokal, er hat bekanntlich seine eigenen Gesetze.

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