Kolumne zum Kleeblatt

Laubenweg 60: Der Sportplatz im Wohnzimmer

Michael Fischer

Nürnberger Nachrichten

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3.10.2022, 16:55 Uhr
Auch Oliver Fobassam war am Montag auf Sporttotal zu sehen. 

© Sportfoto Zink / Wolfgang Zink, Sportfoto Zink / Wolfgang Zink Auch Oliver Fobassam war am Montag auf Sporttotal zu sehen. 

Im Fußball wird ja gerne die Tradition hochgehalten, neuen, innovativen Dingen stehen viele Puristen und Romantiker eher skeptisch gegenüber. Auch der Autor dieser Kolumne wird eher kein Freund des sogenannten "VAR" mehr und sieht das Kleeblatt lieber gegen Kaiserslautern und Düsseldorf spielen als gegen die angeblichen Rasenballer aus Leipzig oder "1899" Hoffenheim.

Eine schöne Entwicklung des modernen Fußballs heißt dagegen "Sporttotal". Das hat eher weniger mit dem sogenannten "Voetbal totaal", dem von Ajax Amsterdam geprägten totalen Fußball zu tun – es wäre ja schon schön, wenn zumindest der Fürther Flachpass im Ronhof mal wieder ein bisschen ausführlicher zelebriert würde.

"Sporttotal", ein Unternehmen mit Sitz in Köln, hat in den vergangenen Jahren auf sehr vielen Sportplätzen spezielle Kameras installiert, die in der Lage sind, dem Spielgeschehen selbständig zu folgen. Die Vereine zahlen einen bestimmten Beitrag – und spielen dann live in den Wohnzimmern der Menschen. Auf der ganzen Welt.


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Das klappt meistens sehr gut, am Montag konnte man beispielsweise der U23 des Kleeblatts mit den Profi-Leihgaben Leon Schaffran, Oliver Fobassam und Lucien Littbarski in Rain/Lech zuschauen, hörte einen älteren Herren bei einer vergebenen Chance "des gibd‘s doch ned" rufen, erfuhr, dass die Rainer gerne mit Kuhglocken läuten – es war, als stünde man selbst am Sportplatz. Wo man ein eher weniger schönes 1:1 zweier Kellerkinder gesehen hätte.

Manchmal aber hat die moderne Technik auch so ihre Probleme. Bei einem Landesliga-Spiel hielt die Kamera einst die Glatze eines Trainers für den Ball – und bewegte sich einfach nicht mehr. Beim TSV Burgfarrnbach, wo die Fürther U23 ihre Heimspiele austrägt, gibt es übrigens keine Kamera. Wer dem kleinen Kleeblatt zuschauen will, muss also weiterhin sein Wohnzimmer verlassen.

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