Kolumne zum Kleeblatt

Laubenweg 60: Künftig der Enkel von Günther Fischer?

Michael Fischer

Nürnberger Nachrichten

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17.1.2023, 15:00 Uhr
Am Strand entlang zum Interview: Es gibt deutlich schlimmere Arbeitswege im Januar. Sofern einen nicht gerade zwei Sicherheitskräfte festhalten.

© Sportfoto Zink / Wolfgang Zink, Sportfoto Zink / Wolfgang Zink Am Strand entlang zum Interview: Es gibt deutlich schlimmere Arbeitswege im Januar. Sofern einen nicht gerade zwei Sicherheitskräfte festhalten.

Der nette Herr an der Rezeption des "Limak Arcadia" strahlte, seine noch etwas müden Augen glänzten. "Fischer?", fragte er den ebenfalls sehr müden Gast aus Deutschland, der um kurz nach 7 Uhr morgens gerade seine Zimmerkarten abgeben wollte, um sich nach acht Tagen in Belek auf die Heimreise nach Fürth zu machen.

Vorher aber hatte der Mitarbeiter noch eine wichtige Frage. Ob der Kleeblatt-Reporter denn mit Jazz vertraut sei - oder zumindest verwandt mit diesem "famous" Musiker aus Almanya. Große Augen auf der anderen Seite des Tresens, ein ahnungsloser Blick. Wie bitte? Lange wollte sich der Rezeptionist allerdings nicht mit seinem offenbar bildungsfernen Gegenüber aufhalten, hatte ein Einsehen, nahm die Karten und wünschte einen guten Rückflug.

Die Bildungslücke sollte aber so schnell wie möglich geschlossen werden. Also am Airport von Belek die Suchmaschine des Vertrauens angeworfen. Die erklärt einem, dass es tatsächlich einen sehr bekannten Jazz-Musiker namens Günther Fischer gibt, der anscheinend auch mehr als 2000 Kilometer Luftlinie von Fürth entfernt einen großen Fan hat.

Fischer, geboren 1944 im heutigen Tschechien, floh einer Online-Enzyklopädie zufolge nach dem Ende des zweiten Weltkriegs mit seinen Eltern von Teplice nach Zwickau, wo er später am "Robert-Schumann-Konservatorium" studierte. Er spielte im Günther-Fischer-Quartett, das später erst zum Quintett und dann zum Sextett wurde.

Musik für "Sushi in Suhl"

Bekannt wurde der Pianist unter anderem für seine Filmmusik - auch für so wunderbare Titel wie "Sushi in Suhl", einen Spielfilm über das 15 Jahre lang einzige japanische Restaurant in der DDR. Ob es dieser Film war, der einen jungen Mann an der südlichen Mittelmeerküste begeisterte oder doch eher das gesamte Wirken Fischers, blieb offen. Blöde Bildungslücke.

So freundlich wie der türkische Jazz-Fan waren allerdings nicht alle Menschen, die in den Hotels von Belek arbeiten. Auf dem Weg zu den Interviews im Mannschaftshotel, das preislich dann doch etwas über dem Verlags-Budget lag, wurde der Kleeblatt-Reporter mehrmals aufgehalten, musste sich ausweisen, mit schlechtgelaunten Rezeptionistinnen telefonieren und gefühlt an jeder der zehn Pforten seinen Namen hinterlegen.

Eine Garantie, einigermaßen entspannt arbeiten zu können, war allerdings auch das nicht - mit dem Höhepunkt, 20 Minuten lang am Strand von Belek zu stehen, belagert von zwei Sicherheitskräften, die einen wie einen Taschendieb festhalten.
Reporter! Journalist! Football Team! Fürth! Auch die sonst so wichtigen Begriffe, die einem in Belek fast alle Türen zu Hotels und Trainingsplätzen öffnen, halfen nichts. "We don‘t know you", plärrte der schlechtgelaunte Security. Sie kennen mich nicht? Das ist ja unerhört. Für das nächste Trainingslager, so es denn in Belek stattfindet, hat Günther Fischer einen Enkel.

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