Startelf-Debüt gegen Freiburg

Mehr Iniesta als Rahmenbieger: Tobias Raschl überzeugt beim Kleeblatt

Michael Fischer

Nürnberger Nachrichten

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21.3.2022, 17:30 Uhr
Endlich zurück in der Bundesliga: Tobias Raschl (rechts) hatte gegen den SC Freiburg um Lucas Höler keinerlei Anpassungsprobleme und zeigte, was er kann.

© Sportfoto Zink / Wolfgang Zink, Sportfoto Zink / Wolfgang Zink Endlich zurück in der Bundesliga: Tobias Raschl (rechts) hatte gegen den SC Freiburg um Lucas Höler keinerlei Anpassungsprobleme und zeigte, was er kann.

Der Verlust war schmerzhaft, aber natürlich wollte der Vater seinem Sohn diese Chance nicht verwehren. Als Tobias Raschl 2015, mit 15 Jahren, ins Internat von Borussia Dortmund wechselte, da war das für Robert Raschl nur schwer zu verdauen. "Wir sind Handwerker. Um im Fußball Geld zu verdienen, steht die Chance bei eins zu einer Million“, hat er vor einigen Jahren mal auf der Homepage des BVB erzählt.

Die Raschls betreiben in Düsseldorf das "älteste Rahmenrichtwerk Deutschlands", auch der ältere Sohn Henrik arbeitet im Familienbetrieb mit. Der jüngere aber entschied sich, die Eins-zu-einer-Million-Chance zu ergreifen. Nach Stationen bei Borussia Mönchengladbach und Fortuna Düsseldorf wechselte Tobias Raschl in den Nachwuchs von Borussia Dortmund, führte die U19 als Kapitän zur Deutschen Meisterschaft und debütierte kurz darauf unter Lucien Favre in der Bundesliga.

Den Vater freute das natürlich, er wusste aber spätestens da, dass sein Sohn auf absehbare Zeit eher nicht mithelfen wird, Krummes wieder geradezubiegen. „Der Fußball hat mir einen Rahmenbieger genommen", sagte er einst. Ein Handwerker war und ist Tobias Raschl aber weder auf noch neben dem Platz, auch wenn bei BVB spätestens seit Jürgen Klopp das "Pöhlen", das leidenschaftliche Arbeiten, extrem wichtig ist.

Raschl hat es versucht, hat sich im Training angeboten, um die große Chance bei einem deutschen Spitzenklub zu ergreifen. "Mir war bei der Konkurrenz aber schon bewusst, dass es sehr schwer wird, sich durchzusetzen", erinnert er sich. Spielen durfte er nach seinem Debüt nicht mehr im Westfalenstadion, stattdessen schickten ihn die Trainer immer öfter zur U23. Anfangs war das nicht leicht zu akzeptieren für Raschl, er hatte ja diesen Traum von der Bundesliga.

Doch mit jedem gemeinsamen Training und mit jeder Minute in der Regionalliga wuchs er mehr hinein in die U23, stieg mit ihr in die dritte Liga auf und zeigte auch dort, dass es eine gute Entscheidung war, alles auf den Fußball zu setzen. Im Winter klopfte dann Rachid Azzouzi bei ihm an, von den Gesprächen mit dem Geschäftsführer des Kleeblatts sowie mit Trainer Stefan Leitl schwärmt der 22-Jährige sehr.

Vor der Entscheidung telefonierte er nochmal lange mit seinem ehemaligen Dortmunder Mitspieler Robin Kehr, der sich schon früher für einen Wechsel nach Fürth entschieden hat. "Sehr menschlich sehr herzlich" sei die Atmosphäre im Verein, habe der ihm erzählt, "das habe ich auch so wahrgenommen", sagt Tobias Raschl nach eineinhalb Monaten beim Kleeblatt.

Ein paar Tage nach seiner Ankunft durfte der 22-Jährige direkt in Wolfsburg 19 Minuten mitspielen, es folgten weitere 17 gegen Leipzig - und am vergangenen Samstag der erste Startelf-Einsatz. Auf der Doppel-Sechs zeigte er keinerlei Anpassungsschwierigkeiten, lief viele Räume zu, forderte Bälle, behauptete sie in engen Räumen und war beim 0:0 gegen Freiburg einer der besten Fürther.

Highlight-Videos von Iniesta

Noch lieber spielt er etwas offensiver auf der Achterposition - wie sein großes Vorbild Andres Iniesta. "Er war auf seiner Position einer der Weltbesten, aber ich versuche mir so viel wie möglich abzugucken", erzählt Raschl. Auf Busfahrten oder im Hotel schaut er sich immer wieder Highlight-Videos von Iniesta an, achtet auf kleine Details, "auf den Schulterblick, die Bewegungen, das Eins-gegen-Eins auf kleinem Raum".

Tobias Raschl ist, weiß man jetzt, mehr Iniesta als Rahmenbieger, so schmerzhaft der Verlust für den Papa auch ist.

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