Sieben Tipps

Gehirn umerziehen: So entwickeln Sie Freude an gesunder Ernährung

3.11.2023, 16:00 Uhr
Gutes und gesundes Essen muss schmecken, aber auch Spaß machen.

© IMAGO Gutes und gesundes Essen muss schmecken, aber auch Spaß machen.

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Jeder kennt das: Fast Food, fettige Snacks und Süßigkeiten geben uns kurzfristig ein gutes Gefühl. Doch wir wissen auch, dass all diese Dinge langfristig ungesund sind. Wie wäre es, wenn wir die gleiche Lust auf gesunde Lebensmittel hätten?

Das klingt erst einmal schwierig, doch es ist möglich.

Sprache hat Macht. "Hören wir das Adjektiv 'gesund', schaltet sich das Gehirn sozusagen aus", sagt Prof. Christoph Klotter. Er ist Ernährungspsychologe an der Hochschule Fulda und arbeitet in Berlin als Psychotherapeut. Der Begriff löse bei Gesunden Ängste aus, krank zu werden. Und Kranken macht er Angst vor noch mehr Krankheit.

Das bedeutet: Denken Sie um. "Ich würde daher lieber von guter Ernährung sprechen als von gesunder", sagt Klotter.

Gesunde Ernährung sei immer mit einem Appell verbunden: Ernähre dich endlich gesund! Solch ein "Du musst" löst dem Experten zufolge instinktiv Widerstand aus. "Wenn ich 'gesunde Ernährung' höre, denke ich sofort an Verzicht, Einschränkung und staatlichen Zugriff."

Klotter rät dazu, sich selbst eine simple Frage zu stellen: Welche Ernährung tut mir gut? Die Antwort darauf sieht bei jedem anders aus. "Wir können immer nur individuell nach der uns passenden Ernährung schauen." Es gebe nicht für alle die eine gesunde Ernährung.

Tipp: Schreiben Sie eine Woche lang auf, was Sie essen und wie Ihnen das jeweils bekommt. "Fühle ich mich hinterher gut, entspannt und leistungsstark? Oder welches Essen ist für mich schlecht?"

Auf diese Weise beginnt das Umdenken: Gute Ernährung ist keine Verpflichtung - sondern etwas, das Sie für sich selbst tun.

Gesundes Essen beginnt mit Muße. "Wir brauchen für das Essen wieder mehr Zeit und mehr Aufmerksamkeit", sagt Klotter.

Konkret heißt das für ihn: Nicht nebenbei am Laptop etwas essen, sondern sich eine halbe Stunde Zeit nehmen für die Mahlzeit. "Wer nebenbei noch Mails anschaut, wird psychisch nicht satt. Ich muss in Ruhe essen und nicht mit dem Handy in der Hand."

Tipp: Die Ernährungsberaterin Rebecca Kunz empfiehlt: "Nehmen Sie das Essen einmal bewusst mit allen Sinnen wahr: Riechen, schmecken, fühlen, anschauen." Essen Sie bewusst langsam. Nehmen Sie kleine Bissen und kauen Sie Ihr Essen gut - Obst und Gemüse zum Beispiel entfalten ihren Geschmack erst dann so richtig. Wird mehr Speichel produziert, tut das außerdem dem Magen gut.

Genießen hat mit Wertschätzung zu tun. "Wir leben seit 200 Jahren in einer Überflussgesellschaft, sozusagen im Schlaraffenland. Wir können uns glücklich schätzen", sagt Klotter. Und plädiert für eine dankbare und wertschätzende Haltung. Die zeigt sich auch, wenn wir das Essen hübsch arrangieren. Das Auge isst bekanntlich mit.

Richten Sie sich Ihren Teller sinnlich her, auch wenn es sich nur um eine Zwischenmahlzeit handelt. Decken Sie sich auch für sich allein den Tisch mit Servietten, Kerzen oder Blumen. Und benutzen Sie gutes Geschirr. Im Sommer können Sie sich zum Essen einen schönen Platz auf der Terrasse oder dem Balkon suchen.

3 Tipps, um die Mahlzeit genussvoll anzurichten:

  • "Je bunter, desto schöner", sagt Rebecca Kunz. Ein bunter Gemüsespieß oder frische Kräuter wie Petersilie als Topping über das Essen gestreut regen den Appetit an. Und sie sind gesund.
  • Die Kombination von verschiedenen Konsistenzen gibt dem Essen Pfiff: Das können knackige Nüsse oder Samen und Kerne sein, die in die Suppe, auf den Joghurt oder in den Salat gestreut werden.
  • Wie wäre es mit ein wenig extra Frische? Ein Spritzer Zitronen- oder Limettensaft rundet ein Essen geschmacklich schön ab.

Zusammen mit anderen zu essen macht Freude. Es kommt hier nicht so sehr darauf an, was wir essen, sondern dass es in Gemeinschaft passiert.

"Sozialer Rückhalt ist ein Geheimnis für ein langes Leben", sagt Christoph Klotter. In Corona-Zeiten haben Menschen gemeinsam vor dem Bildschirm gegessen, um nicht alleine speisen zu müssen.

Wer Familie hat, kann sich ganz bewusst mit allen zum Essen an den Tisch setzen. Singles können sich mit Freunden zum Essen verabreden. Wenn die Gemeinschaft schon beim Kochen beginnt, umso besser.

Tipp: Ernährungspsychologe Klotter rät, das Essen bereits gemeinsam zu planen. "Setzen Sie sich in Ruhe zusammen und überlegen: Was wollen wir nächste Woche kochen? Wo kaufen wir entspannt ein?"

Für den Gesundheitsaspekt können bei der Planung bewusst frische Zutaten ausgewählt werden.

Wer sich Anleitung wünscht, kann gemeinsam mit Freunden einen Kochkurs besuchen. Oder alleine gehen und neue Leute kennenlernen. Kochschulen oder auch Restaurants und Geschäfte bieten Kurse an.

Klar, ständig nur Snacks zu essen, ist auf Dauer nicht gesund. Aber wir haben vielleicht auch nicht jeden Tag Zeit für drei vollwertige Mahlzeiten. Dann müssen die richtigen Snacks her.

"Ich empfehle, eine Tüte Nüsse oder ein Stück Obst oder Gemüse dabeizuhaben", sagt Ernährungsberaterin Bettina Jagemann. Sie arbeitet in einer eigenen Praxis und an der Universitätsklinik Hamburg-Eppendorf. "Es kann auch eine Scheibe Brot sein mit einer Scheibe Käse und einem Salatblatt drauf."

Und wie steht es um die beliebten Müsliriegel?

Hier kommt es drauf an - ein Blick auf die Zutatenliste hilft. In einem guten Riegel sind Nüsse, kernige Haferflocken, Trockenfrüchte, Samen und in kleinen Mengen Zucker, Honig oder Ahornsirup.

Reine Nussriegel, die es fertig verpackt zu kaufen gibt, geben Energie ohne zusätzlichen Zucker.

Nicht zugesetzt sollten Palmöl oder Sirup sein. Auch Weizenmehl in Form gepuffter Cerealien gehört nicht hinein.

Wer unterwegs ist und nichts dabei hat, muss das nehmen, was er gerade kriegen kann. Auf die Schnelle findet sich meist kein Bioladen, sondern eher ein Bäcker oder Fast-Food-Imbiss.

Tipp: Deshalb lohnt es sich, zu Hause schon an Snacks für später zu denken.

Aufgepasst: "Das Angebot von Bäckern wird immer energiedichter", sagt Bettina Jagemann. "Ich würde es inzwischen auf die gleiche Stufe wie Fast Food stellen." Dort also genau hinschauen, was man kauft.

Ein paar Tipps für den schnellen Snack unterwegs:

  • Beim Bäcker lieber ein Tomate-Mozzarella-Sandwich statt ein Brötchen mit Mett oder Salami kaufen.
  • Bitten Sie beim Bäcker darum, ein Sandwich ohne oder mit weniger Remoulade gemacht zu bekommen.
  • Bei der Fast-Food-Kette statt des Hamburgers lieber einen Wrap mit Gemüse und als Beilage statt Pommes einen Salat wählen.
  • Den Döner kann man sich ebenfalls nur mit Salat füllen lassen und aufs Fleisch verzichten. Einfach nachfragen.

    Sie sind eher Kochmuffel und haben wenig Freude daran, sich zu Hause an den Herd zu stellen und neue Rezepte auszuprobieren? Kein Problem. Auch Fertiggerichte lassen sich ohne viel Aufwand gesund aufpeppen.

    Die Frage ist laut Ernährungsexpertin Jagemann: Wie schaffe ich es, mehr Gemüse in meinen Tag zu bringen? Der Vorteil: Wer sein Essen mit Gemüse anreichert, wird mit unwesentlich mehr Kalorien noch einmal satter und gibt seinem Körper gleichzeitig mehr Nährstoffe.

    Tipp: Kaufen Sie sich einen fertigen Salat zum Beispiel aus Couscous oder Bulgur. Darunter mischen Sie eine Handvoll Rohkost wie Eisbergsalat, Tomate und Gurke. Oder Sie belegen eine Tiefkühlpizza zusätzlich mit Tiefkühlgemüse. Mit dem Gemüse können auch Fertigsoßen für Nudeln und Dosensuppen angereichert werden.

    Wer Fertiggerichte kauft, sollte sich die Zeit nehmen und auf die Zutatenliste schauen. Je weniger Zutaten, desto besser.

    "Ist die Zutatenliste sehr lang und verstehen Sie vielleicht das meiste davon nicht, ist das nie gut", sagt Jagemann.

    Nicht alles, was ungesund klingt, muss auch schlecht sein. Beispiel Pommes - die bestehen nur aus Kartoffeln und Sonnenblumenöl.

    "Pommes werden zum Problem, indem sie Fett saugen, und das passiert in der Fritteuse", erklärt Jagemann. Die Lösung ist einfach: Bereiten Sie Fertigpommes einfach auf dem Blech im Ofen zu.

    Ein weiteres Problem von Fertigprodukten ist der oft zu hohe Salzgehalt. Wer sich zum Beispiel ein Tütengericht anrührt, sollte mehr Wasser zugeben als angegeben, rät die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE). Damit verringert sich der anteilige Salzgehalt.

    Was ist, wenn ich kein Gemüse mag? Geht es auch ohne oder gibt es Alternativen? "Es gibt niemanden, der kein Gemüse mag, aber genug Leute, die Gemüse boykottieren", stellt Bettina Jagemann klar.

    Ihre Erfahrung aus der Praxis ist: Jeder findet im großen Gemüsesortiment etwas, das ihm oder ihr schmeckt.

    Ein Picknick im Park zusammen mit Freunden ist immer eine gute Idee.

    Ein Picknick im Park zusammen mit Freunden ist immer eine gute Idee. © Christin Klose/dpa-tmn

    Tipp: Probieren Sie sich quer durch die Gemüseauswahl Ihres Lebensmittelladens. Vieles schmeckt als Rohkost, manches bekommt durch eine leckere Zubereitung einen ganz anderen Geschmack.

    Wenn Sie selbst nicht so gerne kochen, probieren Sie das nächste Mal im Restaurant ein neues Gemüse aus.

    Hier kommt ein Rezept für schmackhafte Gemüsetortilla (4 Personen):

    Zutaten:

    • 1 kleiner Bund Suppengrün aus Möhre, Sellerie, Lauch und Petersilie
    • 400 g Kartoffeln
    • 8 Eier (Größe M)
    • Salz, Pfeffer
    • 1 EL Olivenöl
    • 2-3 Stiele Oregano
    • 200 g Kräuterquark
    • 100 g Cherrytomaten

    Zubereitung:

    1. Suppengrün waschen, putzen und in Würfel bzw. Ringe schneiden. Kartoffeln waschen, schälen und raspeln. Eier verquirlen. Kartoffeln und Gemüse zugeben, mit Salz und Pfeffer kräftig würzen.
    2. Olivenöl in einer ofenfesten beschichteten Pfanne schmelzen. Kartoffel-Gemüse-Mix zugießen und im vorgeheizten Backofen (E-Herd: 200°C/ Umluft: 175°C) etwa 20 Minuten stocken lassen.

    3. Inzwischen Tomaten waschen und halbieren. Oregano und Petersilie waschen, trocken schütteln und Blättchen von den Stielen zupfen.

    4. Tortilla auf ein Brett stürzen. Mit Oregano und halbierten Tomaten bestreuen und Kräuterquark dazu reichen.

    Eines ist klar: Ohne Gemüse geht es nicht.

    "Sowohl die sekundären Pflanzenstoffe als auch die Mineralstoffe kann keine andere Lebensmittelgruppe auffangen", erklärt Bettina Jagemann. "Selbst das Obst kann das nicht."

    Es kommt darauf an, Neues ausprobieren zu wollen. "Der Kopf muss mit", sagt die Expertin. Der Ansatz: Ich tue mir selbst etwas Gutes.

    Eine clevere Taktik: Gemüse unauffällig in Gerichte integrieren. Zum Beispiel, indem man statt der Butter beim Abendessen dünn Tomatenmark aufs Brot streicht. Oder indem man ein paar Möhren weichkocht und püriert und in die Nudelsoße mischt. Fangen Sie mit wenig verstecktem Gemüse an und steigern Sie den Anteil.

    Essen soll Spaß machen. Drücken Sie zwischendurch auch mal ein Auge zu. Es muss nicht gleich extrem sein - indem man etwa sechs Tage vollkommen "clean" und nur gesund isst und einen Tag völlig über die Stränge schlägt. "Ich bin eher dafür, dass man sich jeden Tag eine kleine Ausnahme gönnt", sagt Ökotrophologin Rebecca Kunz.

    Tipp: Halten Sie sich an die 80/20-Regel.

    Für vier Fünftel des Essens gilt: "Da unterstütze ich meinen Körper, esse naturbelassen, Vollkornprodukte, viel Gemüse und Obst", sagt Kunz. Ein Fünftel darf die Ausnahme sein. "Das ist vielleicht das Stück Schokolade, die Kugel Eis oder das Stück Kuchen mit Freunden." Oder auch - statt etwas Süßem - ein saftiges Stück Salami.

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