Statt Reifenwechsel

Allwetterreifen: Was sind die Vor- und Nachteile?

24.10.2023, 08:17 Uhr
Wie unkompliziert sind Allwetterreifen wirklich?

© Christin Klose/dpa Themendienst/dpa-tmn Wie unkompliziert sind Allwetterreifen wirklich?

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Einmal aufziehen und das ganze Jahr damit fahren - das ist das Versprechen von All-Season-Reifen. So gesehen sind Ganzjahresreifen bequem. Und sie werden immer beliebter.

Die Nachfrage nach Ganzjahresreifen hat in den vergangenen Jahren zugenommen. Ihr Marktanteil im Consumerbereich lag 2021 bei rund 27 Prozent, so der Bundesverband Reifenhandel und Vulkaniseur-Handwerk (BRV). 2020 waren es 25 Prozent, im Jahr zuvor 20 Prozent.

Ganzjahresreifen sind ein Mix aus Sommer- und Winterreifen. Und so sehen sie auch aus. Laut ADAC haben sie ausgeprägte Längsrillen wie Sommerreifen und kleine Lamellen wie Winterreifen.

Ganzjahresreifen sind für einen breiten Einsatzbereich konzipiert: Die Gummimischung muss laut ADAC bei Temperaturen zwischen minus 30 und plus 40 Grad funktionieren.

Ganzjahresreifen sind für Autofahrer geeignet, die ...

  • in der Stadt wohnen und öffentliche Verkehrsmittel als Alternative nutzen können
  • in einer Region mit milden Sommern und Wintern leben
  • mit dem Auto im Sommer nicht in den Süden reisen und im Winter nicht durch die Berge fahren
  • das Auto auch mal stehen lassen können - etwa bei sehr warmen oder sehr niedrigen Temperaturen oder im Winter bei Schnee
  • nur ab und zu mit dem Auto unterwegs und nicht ständig auf das Fahrzeug angewiesen sind
  • die einen Zweitwagen haben

Ganzjahresreifen konnten laut ADAC unter extremen Testbedingungen oft nicht überzeugen. Das zeigte ein Test von sieben Ganzjahresreifen von bekannten Markenherstellern. Alle sieben Modelle konnten guten Sommer- und Winterreifen nicht das Wasser reichen.

Für den Alltag in der Stadt ohne Eis und Schnee sind Ganzjahresreifen jedoch geeignet. Ob Sie also wirklich auf Sommer- und Winterreifen verzichten wollen, sollten Sie sich gut überlegen.

"Der Wechsel zwischen Sommer- und Winterreifen lohnt sich für Vielfahrer meistens - und ist oft günstiger und sinnvoller", sagt Marcel Mühlich, Experte beim Auto Club Europa (ACE).

Grundsätzlich dürfen Sie mit Ganzjahresreifen auch im Winter fahren, wenn diese das Alpine-Zeichen an der Reifenflanke tragen.

Das erkennen Sie am dreieckigen Piktogram: Schneeflocke und Berg. Es ist Pflicht für Winterreifen, die seit 1. Januar 2018 hergestellt werden.

Berg und Schneeflocke zeigen: Der Reifen ist wintertauglich.

Berg und Schneeflocke zeigen: Der Reifen ist wintertauglich. © Robert Günther/dpa-tmn

Allerdings sind Ganzjahresreifen ehrlicherweise nicht immer sinnvoll. Eben weil sie nicht an die gute Leistung von Sommer- und Winterreifen herankommen.

Der Grund: Ganzjahresreifen sind meist im Sommer nicht hart genug und im Winter nicht weich genug.

Das Material der Allwetterreifen ist ein Kompromiss aus beiden Welten - das Gummi der Reifen ist härter als bei klassischen Winterreifen, aber weicher als bei Sommerreifen, sagt Mühlich.

Darin sieht der Experte bei bestimmten Witterungsverhältnissen ein Sicherheitsrisiko.

"Bei winterlichen Bedingungen - also starkem Schneefall oder Matsch und Eis - würde ich empfehlen, ein Fahrzeug mit Ganzjahresreifen stehen zu lassen."

Die Haftung des Profils sei beim Bremsen und in Kurven einfach nicht so gut.

Denn: Echte Winterreifen besitzen nicht nur eine weiche Gummimischung, sondern auch viele Lamellen, also kleine wellenförmige Einschnitte in den Profilblöcken.

Die tragen maßgeblich dazu bei, dass ein Winterreifen auf Schnee und Eis eine bessere Haftung hat.

Grundsätzlich sollten Winterreifen nicht älter als acht Jahre sein, nennt der ADAC als groben Richtwert. Neue Sommerreifen sind nach acht bis zehn Jahren nötig.

Dem ACE zufolge sollten alle Reifen ab sechs Jahren - also auch Ganzjahresreifen - jährlich überprüft werden. Nach allerspätestens zehn Jahren sei es dann Zeit für einen Wechsel, weil das Material aushärte.

Wichtig ist laut Mühlich auch die Profiltiefe: Im Winter sollten Reifen nicht mehr unter vier Millimeter, im Sommer nicht unter drei Millimeter gefahren werden.

"Übrigens verschleißen Ganzjahresreifen zum Teil etwa doppelt so schnell wie Sommerreifen", sagt der Fachmann.

Gut zu wissen: Für Vielfahrer, die 20 000 Kilometer und mehr zurücklegen, dürfte es günstiger sein, mit Sommer- und Winterreifen zu fahren.

Zumal der Wechsel der vier Räder in der Werkstatt schon ab 20 Euro möglich ist. Zum Teil kommen aber noch Kosten für das Auswuchten und Einlagern der Räder hinzu.

Suchen Sie im Internet nach Angeboten. Wichtig dabei ist: Die genaue Bezeichnung der Reifen, die Traglast und die Höchstgeschwindigkeit müssen zum Fahrzeug passen.

Der Vergleich im Internet gibt Ihnen einen guten Überblick, wie teuer der gesuchte Reifen ist. Zum Kaufen und Montieren der Reifen gehen Sie am besten zum Fachhändler oder in eine Werkstatt.

Der Vorteil: Dort bekommen Sie die Reifen und den Wechsel aus einer Hand. Das spart meist Extrakosten, etwa für den Versand.

Wer sich unsicher ist, welche Ganzjahresreifen gut sind, kann sich an Tests orientieren, zum Beispiel vom ADAC oder ACE. Dabei sollten Sie sich fragen: In welchen Bereichen muss der Reifen gut sein?

"Es bringt ja nichts, wenn der Reifen perfekt auf Schnee abgestimmt ist, aber der Fahrer nie in verschneiten Regionen unterwegs ist", sagt Mühlich. Sie sollten dann zum Beispiel eher auf eine gute Haftung beim Bremsweg achten.

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