Lehrerverband entsetzt

Vier-Tage-Woche für Schulen: Modell aus Sachsen-Anhalt auch für Bayern?

Kathrin Walther

Ressort Kinder, Familie und Bildung

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15.7.2022, 11:00 Uhr
Der Druck auf die Politik wächst. 

© Martin Schutt, dpa Der Druck auf die Politik wächst. 

"Das ist keine Bildungsrevolution, wie es einige Medien geschrieben haben, sondern ein Bildungsskandal." Sandra Schäfer, die Vorsitzende des Nürnberger Lehrer- und Lehrerinnenvereins, findet deutliche Worte. "Einmal mehr werden Schüler und Schülerinnen den Rahmenbedingungen angepasst und nicht umgekehrt. Gelöst wird das Problem dadurch überhaupt nicht."

Deutlicher Personalmangel auch in Nürnberg

Für Schäfer ist das Modellprojekt in Sachsen-Anhalt eine Reaktion auf den Lehrkräftemangel. Laut nationalem Bildungsbericht fehlen bis 2030 bundesweit Zehntausende Lehrkräfte, noch schlimmer steht's um den Notstand bei Erzieher und Erzieherinnen, zumal für den Ganztag mehr Köpfe nötig sein werden. Ab 2026 tritt das Recht auf Ganztagesbetreuung in Kraft.

Sachsen-Anhalts Bildungsministerin Eva Feußner (CDU) bleibt trotz Kritik auch aus der Opposition bei ihrer Lesart: An vier Tagen gehen die Kinder zur Schule, am fünften sollen sie ein Praktikum absolvieren oder Homeschooling machen. Dem Nachrichtenmagazin Spiegel sagte Feußner, es handle sich "explizit nicht" um eine Maßnahme gegen den Lehrkräftemangel, sondern um das Schaffen von "Freiräumen in der konzeptionellen Unterrichtsplanung".

"Das ist Ausdruck höchster Not und Verzweiflung", kommentiert Schäfer die Maßnahme. "Von den Fragezeichen der Erziehungsberechtigten will ich gar nicht reden." Jetzt sei vielmehr Ehrlichkeit gefragt und ein mittel- bis langfristiger Ausblick. Schäfer: "Wir müssen definieren: Wie tief ist das Tal und wie kommen wir da wieder raus." Schon jetzt gebe es Standorte in Nürnberg, an dem die Hälfte des Personals nicht aus ausgebildeten Lehrkräften bestehe.

Das Kultusministerium antwortete auf die Anfrage unseres Verlags, ob das Modellprojekt Vorbild sein könne, kurz und knapp: "In Bayern gibt es keine Pläne zur Veränderung der Unterrichtszeit." Sandra Schäfer sieht das anders: "Angesichts der personellen Situation werden wir nicht darum herumkommen, über Unterrichtspflichtzeiten zu sprechen. Abstriche in der Bildungsqualität werden nicht ausbleiben."

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