Kommunen gehen in die Offensive

Erlangen-Höchstadt: Klimaschutz fängt in den Gemeinden an

Scott Johnston

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24.8.2022, 12:25 Uhr
Radelt selbst gerne, wenn es der enge Terminkalender zulässt: Die Eckentaler Bürgermeisterin Ilse Dölle (rechts) bei der Eröffnung des Fuß- und Radwegs zwischen Mausgesees und Herpersdorf.

© Scott Johnston Radelt selbst gerne, wenn es der enge Terminkalender zulässt: Die Eckentaler Bürgermeisterin Ilse Dölle (rechts) bei der Eröffnung des Fuß- und Radwegs zwischen Mausgesees und Herpersdorf.

"Klimaneutralität" als Ziel auszugeben, klinge zwar sehr plakativ, doch gebe es hierfür keine eindeutige Definition, betont Dr. Mignon Ramsbeck-Ullmann, die Klimaschutzbeauftragte der Stadt Herzogenaurach. So sei unklar, ob hier beispielsweise die Beschaffung von Materialien und das Verhalten der Verbraucher mit einfließe.

Doch komme es ohnehin nicht auf Wortklauberei an, sondern darauf, dass möglichst viel auf möglichst effektive Weise für die Umwelt unternommen werde. So hat die Stadt ein eigenes Leitbild entwickelt, um den Klimaschutz als dauerhaftes Ziel zu verankern. Unternehmen, Betriebe, Organisationen, Vereine und die einzelnen Bürger sollen hier entsprechend eingebunden werden.

Zum Einkaufen auf drei Rädern inklusive Regenschutz: Die Buckenhofer Bürgermeisterin Astrid Kaiser (Dritte von rechts) und ihre Kollegen Frederic Ruth aus Uttenreuth (rechts neben ihr ) und Andreas Wasielewski aus Spardorf (rechts) diskutieren mit einem Bürger über dessen Erfahrungen mit einem Lastenrad.

Zum Einkaufen auf drei Rädern inklusive Regenschutz: Die Buckenhofer Bürgermeisterin Astrid Kaiser (Dritte von rechts) und ihre Kollegen Frederic Ruth aus Uttenreuth (rechts neben ihr ) und Andreas Wasielewski aus Spardorf (rechts) diskutieren mit einem Bürger über dessen Erfahrungen mit einem Lastenrad. © Scott Johnston

Bis 2030 strebt die Stadt die Vollversorgung privater Haushalte, des Kleingewerbes und der Landwirtschaft mir regenerativen Energien an. Eine große Rolle spielen zudem Energiesparmaßnahmen unter anderem durch hohe energetische Gebäudestandards, Begrünung oder effizientere Geräte und Prozesse. Die Beratung der Bürger auch hinsichtlich finanzieller Vorteile ist hier von großer Bedeutung.

Forciert werden sollen weiterhin die Elektro-Mobilität, das Car-Sharing und der öffentliche Nahverkehr, der nicht zuletzt durch die Stadt-Umland-Bahn nach Erlangen und Nürnberg erheblich an zusätzlicher Attraktivität gewinnen dürfte. Bei der Optimierung des Radwegenetzes stimmt sich die Stadt eng mit dem Landkreis ab, der bekanntlich ein übergreifendes Konzept erarbeitet hat.

"Durch die Decke" geht laut Mignon Ramsbeck-Ullmann aufgrund der Energiekrise infolge des Kriegs in der Ukraine die Nachfrage nach der Förderung von Photovoltaik-Anlagen. Bekanntlich wurde Herzogenaurach wegen der vielfältigen Bemühungen um den Klimaschutz auch mit dem European Energy Award in Gold ausgezeichnet und schaffte heuer sogar mit höherer Punktebewertung die Rezertifizierung.

"Bubenreuth schafft die Null", hat sich die Instrumentenbauergemeinde vor den Toren Erlangens als Ziel gesetzt. Um energieautark zu werden und den gesamten Bedarf aus erneuerbaren Energien zu decken, entschlossen sich die Verwaltung und der Gemeinderat, ein Förderprogramm zur Reduzierung des Kohlendioxidausstoßes aufzulegen.

Dieses ist breit gefächert und reicht von umweltfreundlicher Mobilität über Wärmedämmung an Gebäuden, Solarthermieanlagen und Photovoltaik bis zum Austausch alter Wasch- und Geschirrspülmaschinen sowie Kühlschränken, die viel Energie verbrauchen, wofür es auf Antrag und bei Einhaltung der Richtlinien finanzielle Unterstützung gibt. Ein zweites Förderprogramm hat die Flächenentsiegelung, die Nachbegrünung sowie die Verbesserung des Mikroklimas und der Biodiversität als Schwerpunkte.

Durch die Freilegung von überbauten, ganz oder zum Teil versiegelten Bereichen wie wassergebundene Wegedecken, Schotter- und Kiesbefestigungen mit anschließender Umwandlung in Grünflächen, Staudenbeete, Wildblumenwiesen, Hecken oder Baumanpflanzungen mit heimischen Arten wird nicht nur die Qualität der Luft, sondern auch das Ortsbild optimiert. Positive Nebeneffekte sind eine bessere Neubildung von Grundwasser, eine geringere Belastung der Kläranlage sowie eine Reduzierung des Wasserschwalls bei Starkregen, was dem Hochwasserschutz zugutekommt. Dachbegrünungen haben gleichfalls mehrere Vorteile, zu denen die Dämmung im Winter, der Hitzeschutz im Sommer, die Bindung von Feinstaub, das Speichern der Niederschläge und die Förderung der Artenvielfalt zählen.

Durch den Park-and-ride-Parkplatz am Bubenreuther Bahnhof soll der Umstieg auf den ÖPNV erleichtert werden. Bürgermeister Norbert Stumpf: "Wir betreiben keine solch intensive Öffentlichkeitsarbeit wie andere Gemeinden, aber ohne angeben zu wollen, kann man sagen, dass wir beim Klimaschutz sicher eine Vorreiterrolle im Landkreis spielen."

Der Markt Eckental ist derzeit noch am sondieren, wie Klimaneutralität erreicht werden könnte. "Hier eine konkrete Jahreszahl vorzugeben, bringt meiner Ansicht nach wenig. Wichtiger ist, dass wir als Gemeinde möglichst viel umsetzen, aber auch den Bürgern Anreize geben, die Umweltbilanz zu verbessern", hebt Bürgermeisterin Ilse Dölle hervor. So soll ein Energienutzungsplan aufgestellt werden, der die Grundlage für gezielte Maßnahmen bildet. Der Ausbau der Nahwärme über großzügige Photovoltaikanlagen ist hier eine Möglichkeit.

Schon in den zurückliegenden Jahren war es der Bürgermeisterin ein Anliegen, das Fuß- und Radwegenetz wie mit der Trasse nach Lauf zu erweitern. Die Zusammenarbeit mit dem Landkreis Erlangen-Höchstadt bewährte sich beim Bau des Radwegs entlang der Mühlenstraße parallel zur Schwabach.

Durch das Aufbringen eines radfahrerfreundlichen Belags auf der früheren Eisenstraße ab der Habernhofer Mühle, was vom Forst und den Gemeinden Buckenhof und Uttenreuth unterstützt wurde, vermögen Pendler seit diesem Jahr unbehelligt vom Autoverkehr bis nach Erlangen zu radeln, während Ausflügler die Strecke in der Gegenrichtung nutzen können. Die Verbindungen von Ober- nach Unterschöllenbach sowie von Herpersdorf nach Bullach machen das Radwegenetz noch attraktiver.

Eine eigene Stabstelle "Umwelt-Klima-Energie", für die Tamara Moll und Michael Sens zuständig sind, hat die Verwaltungsgemeinschaft Uttenreuth eingerichtet. „Wir wollen nicht auf die große Politik warten, bis dort Maßnahmen beschlossen werden, oder jammern, warum so wenig unternommen wird, sondern selbst die Initiative ergreifen und das anpacken, worauf wir vor Ort einen Einfluss haben‘“, skizziert die Gemeinschaftsvorsitzende und Buckenhofer Bürgermeisterin Astrid Kaiser den Ansatz.

Den Klimaschutz unter den vier VG-Gemeinden, zu denen noch Spardorf und Marloffstein gehören, zu koordinieren, sieht Uttenreuths Frederic Ruth als großes Plus der Stabstelle, die zudem viel fachliches Know-how innerhalb der Verwaltung garantiert, was in eine Reihe von Anregungen und Initiativen mündet. Wie seine Kolleginnen und Kollegen hält Ruth von "wohlklingenden Schaufensterreden" wenig, sondern setzt auf ein Bündel konkreter Einzelprojekte.

Stau bei Solaranlagen

Zusammen mit der Universität Amberg-Weiden wird ein Konzept erarbeitet, wie Gebäude umweltfreundlich umgestaltet werden können. "Die momentane Knappheit und Verteuerung bei Gas und Öl bewirkt, dass die Handwerker beim Bau von Solaranlagen mehr als ausgelastet sind. Das ist zwar schön, führt aber notgedrungen zu zeitlichen Verzögerungen", so der Uttenreuther Bürgermeister.

Die Förderung von Lastenrädern, Fahrradanhängern für Kinder und von Zisternen, die Umstellung auf LED-Beleuchtung mit geringerem Stromverbrauch, die Erweiterung des Radwegenetzes wie bei der Hühnerschlucht mit der Anbindung an das Spardorfer Schulzentrum, am Schleifweg und in Richtung Rosenbach sowie der Erhalt und die Erweiterung der Ladenstruktur, damit weite Wege zum Einkaufen vermieden werden, sind zusätzliche Eckpfeiler des lokalen Klimaschutzes. Mit einem Gutachten wird eruiert, wie sich die Grundschule und vor allem die Turnhalle auf eine umweltfreundliche Heizung umstellen lassen.

Tja - und dann verbindet die StUB vielleicht einmal Erlangen nicht nur mit Herzogenaurach und Nürnberg, sondern auch mit Uttenreuth, Neunkirchen und Eckental. "Das wäre der Traum", sind sich Frederic Ruth und Ilse Dölle einig. Ähnliche Projekte wie in Eckental, Herzogenaurach, Bubenreuth und der VG Uttensreuth haben auch die übrigen 18 Gemeinden im Landkreis je nach Größe und den spezifischen Bedingungen in unterschiedlicher Ausprägung ins Leben gerufen oder planen sie.

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