Extrakorporale Oxygenierung: Im ECMO-Gerät wird das Blut mit Sauerstoff versetzt und kann bei Bedarf auch erwärmt oder gekühlt werden. 1,2 Liter Blut pumpte das System in Hannahs Fall pro Minute.
© Michael Rabenstein/Uniklinikum
Extrakorporale Oxygenierung: Im ECMO-Gerät wird das Blut mit Sauerstoff versetzt und kann bei Bedarf auch erwärmt oder gekühlt werden. 1,2 Liter Blut pumpte das System in Hannahs Fall pro Minute.

Es musste schnell gehen

Erlanger Ärzte retten Hannah (3) aus Chemnitz nach schwerem Lungenversagen

„Ich habe das Röntgenbild ihrer Lunge gesehen“, berichtet Hannahs Mutter Laura C.. „Und ich wusste, was das heißt: Alles weiß. Also keinerlei Gasaustausch mehr“, erklärt die Gesundheits- und Krankenpflegerin. „Der Arzt sagte nur: ,Es tut mir leid.‘“

Die dreijährige Hannah wurde zu dieser Zeit, im Februar 2025, im Klinikum Chemnitz behandelt – eigentlich nur wegen eines kleinen Abszesses. Doch dann entwickelte sie gravierende Influenzasymptome – bis hin zu einem schweren Lungenversagen. Hannahs letzte Chance: die Extrakorporale Membranoxygenierung, kurz ECMO. Dabei wird das Blut außerhalb des Körpers mit Sauerstoff angereichert.

Doch in Chemnitz gab es diese Behandlungsoption nicht. So fuhr ein speziell ausgebildetes Team des Uniklinikums Erlangen nach Sachsen, um das lebensbedrohlich erkrankte Kind an die ECMO anzuschließen, nach Franken zu bringen und dort weiter zu versorgen. Hannah wurde gerettet, erholt sich aber noch immer von ihrer Erkrankung.

Mit Influenza auf die Intensivstation

„Es war schwer“, sagt Laura C. mit brüchiger Stimme. „Am Anfang dachte ich noch: Sie wird jetzt mal zwei Tage beatmet, damit die Lunge sich erholen kann. Aber dann gab es Tag für Tag schlechtere Nachrichten. Sie kam in Chemnitz erst von der Akut- auf die Intensivstation, wurde dort erst nicht-invasiv und dann invasiv mit Tubus beatmet, und die Lunge verschlechterte sich immer weiter.“ Prof. Heiko Reutter, Leiter der Neonatologie und Pädiatrischen Intensivmedizin in der Kinder- und Jugendklinik des Uniklinikums Erlangen, erklärt: „Wir haben in der Erlanger Kinderklinik noch nie so viele Kinder mit Influenza behandelt wie in der Grippesaison 2024/2025 – teilweise eben auch auf der Intensivstation.“

Um auch das kleine Mädchen aus Sachsen zu retten, musste es schließlich schnell gehen. „Mehrere Kliniken in ganz Deutschland wurden angerufen“, erinnert sich Hannahs Mutter. „In Erlangen haben sie sofort gesagt, dass sie sie holen.“ Kinderintensivmediziner Prof. Reutter, Kinderherzchirurg Dr. Ehab Nooh, Perfusionist Nicola Kwapil und Pflegefachkraft Eva Schatz aus der Pädiatrischen Intensivmedizin machten sich zusammen auf den knapp 250 Kilometer langen Weg zum Klinikum Chemnitz. „Mir war klar, wenn jetzt nicht schnell etwas passiert, wird Hannah das nicht überleben“, erinnert sich Laura C.. „Als Professor Reutter und das Team dann endlich da waren, wusste ich: Jetzt ist sie in guten Händen.“

Teamleistung: Nicola Kwapil (Perfusionist, l.), Prof. Dr. Oliver Dewald (Direktor der Herzchirurgie, 2. v. l.), Prof. Dr. Heiko Reutter (Leiter Pädiatrische Intensivmedizin, 2. v. r.) und Pflegefachkraft Susanna Schmauz engagierten sich gemeinsam für Hannah und ihre Mutter Laura C. (Mitte).

Teamleistung: Nicola Kwapil (Perfusionist, l.), Prof. Dr. Oliver Dewald (Direktor der Herzchirurgie, 2. v. l.), Prof. Dr. Heiko Reutter (Leiter Pädiatrische Intensivmedizin, 2. v. r.) und Pflegefachkraft Susanna Schmauz engagierten sich gemeinsam für Hannah und ihre Mutter Laura C. (Mitte). © Michael Rabenstein/Uniklinikum

Die veno-venöse ECMO, die Hannah angelegt wurde, unterstützt die Lunge außerhalb des Körpers – etwa bei einem schweren Lungenversagen, einer Lungenentzündung oder einer Sepsis. Dazu wird sauerstoffarmes Blut aus dem Körper geleitet und im ECMO-System oxygeniert, also mit Sauerstoff versetzt. Prof. Reutter beschreibt die Herausforderung: „Bei Kindern sind alle anatomischen Strukturen, zum Beispiel die Venen, viel kleiner. Deshalb muss man ultraschallgesteuert genau schauen, dass die Kanüle der ECMO wirklich richtig liegt. Also dass sie über den rechten Vorhof des Herzens in die untere Hohlvene geht, dass dort sauerstoffarmes Blut angesaugt wird und es dann, mit Sauerstoff angereichert, zum rechten Vorhof zurückgeführt wird.“

Das Thromboserisiko ist bei Kindern höher

Perfusionist Nicola Kwapil von der Sektion Kinderherzchirurgie in der Herzchirurgischen Klinik des Uniklinikums suchte den geeigneten Oxygenator für Hannah aus. Er nahm ein kindgerechtes, mobiles Transportset mit nach Chemnitz, schloss das Mädchen dann gemeinsam mit den Ärzten an die ECMO an und stellte Parameter wie Blut- und Gasfluss sowie Sauerstoffzufuhr für Hannah passend ein. „Weil Kinder ein höheres Thromboserisiko haben, behalten die Ärztinnen und Ärzte und ich immer auch die Blutgerinnung im Blick und nutzen blutverdünnende Medikamente“, erklärt der Perfusionist.

Laura C. am Bett ihrer Tochter Hannah auf der Intensivstation der Kinder- und Jugendklinik des Uniklinikums Erlangen. Sechs Tage war die Dreijährige hier an die ECMO angeschlossen.

Laura C. am Bett ihrer Tochter Hannah auf der Intensivstation der Kinder- und Jugendklinik des Uniklinikums Erlangen. Sechs Tage war die Dreijährige hier an die ECMO angeschlossen. © Michael Rabenstein/Uniklinikum

„So wie wir Hannah per Intensivtransportwagen abgeholt haben, so werden wir das künftig für alle Kinder tun, die ein schweres Atemversagen erleiden und nicht mehr beatmet werden können“, erklärt Prof. Oliver Dewald, Direktor der Herzchirurgie des Uniklinikums Erlangen. „Unser vierköpfiges ECMO-Team richtet sich damit vor allem an Kliniken in Süd- und Mitteldeutschland. Diese können ihre Patientinnen und Patienten bei uns anmelden.“

Hannah benötigte nach ihrer schrittweisen Entwöhnung von ECMO und Beatmung noch eine intensive Sauerstofftherapie. „Sie musste das Atmen erst wieder lernen“, erklärt Laura C.. „Kinder haben aber unheimliche Regenerationsfähigkeiten und wir gehen davon aus, dass Hannah das alles unbeschadet überstehen wird“, schätzt Prof. Reutter die Situation ein. „Das zu hören, tut immer wieder gut“, sagt Laura C.. „Trotzdem werden wir die vergangenen Wochen noch einmal in Ruhe mit der Familie aufarbeiten, auch professionell. Das hinterlässt ja doch seine Spuren.“

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