
Wie der Gangster zur Musik kam
Unterhaltsames Epos: Fatih Akins "Rheingold" über das Leben des Rappers Xatar
Das Leben des Rappers und Musikproduzenten Xatar alias Giwar Hajabi ist definitiv Stoff für einen Film: Kindheit im Kriegsgebiet, Flucht nach Deutschland, harte Jugend als Migrant in Bonn und der anscheinend vorgezeichnete Weg in die Drogenkriminalität, kombiniert mit dem Wunsch, viel lieber ein erfolgreicher Musiker zu sein.
Dazu noch ein gelungener Goldraub, der aus dem Gefängnis heraus der Start für eine Karriere im Musikbusiness ist: Der Hamburger Kult-Regisseur Fatih Akin hat nun ein Zweieinhalb-Stunden-Werk über all das geschrieben. Angelehnt an Richard Wagners Oper hat er es "Rheingold" genannt – und ebenso mächtig inszeniert.
Meisterhaft verknüpft
Eigentlich sind es mehrere Filme in einem. Ein Familiendrama, ein Geschichtsfilm, eine Musik-Story und ein Gangsterfilm. Akin verknüpft alle Teile so meisterhaft, dass keine der 140 Minuten langweilig ist. Das gelingt auch dank der Leistung seines Hauptdarstellers Emilio Sakraya ("4 Blocks"), der Xatars Verwandlung und die Zerrissenheit zwischen nötiger Härte, den eigenen Wünschen und der Suche nach Liebe sehr charmant und sympathisch verkörpert.
Akin arbeitete für die Verfilmung sehr eng mit dem Rapper zusammen und blieb dabei dicht an den Tatsachen. Wichtig war ihm vor allem, dass der Film echt ist. Zu Xatars Geschichte: Der im Iran geborene Kurde ist Kind eines berühmten Komponisten/Dirigenten und einer Musikerin. Seine ersten Kindheitserinnerungen sind die ans Gefängnis, wo er mit seinen Eltern eingesperrt war und der Vater gefoltert wurde. Die Eltern können schließlich über Paris nach Deutschland fliehen und hoffen dort auf gute Bildung für ihren Sohn.
Doch in der bürgerlichen deutschen Gesellschaft hat es der Migrant trotz bester Schulnoten schwer. Schließlich bestimmen Drogen und Gewalt sein Leben. Er ist schlau und mutig genug, um sich in dieser Welt nach oben zu arbeiten. Gleichzeitig gibt er seinen Traum nicht auf und studiert nebenbei Musik.
Als ihm aber vom Kartell geliehenes Kokain im Wert von 20 Millionen Euro im Regen verschwindet, bleibt Xatar nur noch der Überfall auf einen Transporter voller Zahngold, damit er nicht mit Beton an den Füßen im Rhein landet...
Mitreißende Bildsprache
Der legendäre Coup gelingt, doch wenig später werden er und seine Komplizen im Ausland festgenommen und in Deutschland zu mehreren Jahren Haft verurteilt. Dort startet Xatar unter Decken rappend seine Musikerkarriere. Unter Akins Regie wurde die beeindruckende Lebensgeschichte zu einem durchgehend unterhaltenden Film. Das liegt nicht zuletzt auch an der mitreißenden Bildsprache.
Ob Xatars Geburt in einer Höhle, seine Zeitraffer-Entwicklung hin zu einem Schläger, seine zarte Liebe für die Nachbarin oder seine jugendliche, neugierige Begeisterung für Musik – Akin nimmt sich Zeit zum Erzählen und bringt in all diesen kleinen Geschichten eine Tiefe und viele witzige Momente, die auch nach dem Film noch hängen bleiben.
Und die Musik – auch die von Richard Wagner! – tut ihr Übriges. (140 Min.)
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