Seit 2020 hat die Norma-Filiale im Burgfarrnbacher Ortskern geschlossen. Auch in anderen Stadtteilen wünscht man sich eine bessere Nahversorgung.
© Wolfgang Händel
Seit 2020 hat die Norma-Filiale im Burgfarrnbacher Ortskern geschlossen. Auch in anderen Stadtteilen wünscht man sich eine bessere Nahversorgung.

"Kümmerer" für Vororte gefordert

Bürokratie, Barbershops, fehlende Gewerbeflächen: Fürths Handwerker plagen viele Nöte

"Der Mittelstand in Deutschland wird vergessen": Den bitteren Eindruck hat der Fürther Kreishandwerksmeister Konrad Ammon. Bei der Jahreshauptversammlung der Fürther Kreishandwerkerschaft ging er hart mit der Bundespolitik ins Gericht. Er sieht aber auch lokal zu verantwortende Probleme. So beklagt er zum Beispiel den Mangel an Gewerbeflächen in Stadt und Landkreis oder das Sterben von Einzelhändlern und kleinen Nahversorgern. Ammon riet der Kommunalpolitik, einen "Kümmerer" einzusetzen, der diesen Notstand gezielt angeht.

Wie es um den Mittelstand bestellt ist, war eine der zentralen Fragen, denen sich die Handwerksvertreter bei der Veranstaltung in den Räumen des Bayerischen Landesamts für Statisik widmeten. Zu kämpfen hat er mit den hohen Energiepreisen und dem Fachkräftemangel. Handwerks- und Landwirtschaftsbetriebe würden zudem mit immer mehr Bestimmungen und Bürokratie gegängelt, so Ammon. Großkonzerne wie Intel unterstütze man hingegen mit Milliarden.

In Fürth bereitet dem Obermeister der Fleischer-Innung die Entwicklung in mehreren Stadtteilen Sorge. So seien etwa Dambach und Unterfarrnbach bereits ohne Bäcker, Metzger oder Geschäft. In Vach habe der Dorfladen nach zwei Jahren wieder geschlossen.

Das sei auch das Ergebnis auch eines "kaum zu erklärenden" Verhaltens der Verbraucherinnen und Verbraucher, so Ammon in einer Pressemitteilung der Kreishandwerkerschaft: Sie wollen Produkte aus der Region und am Ort, kaufen dann aber doch beim Discounter. "Alle müssen umdenken", mahnte er. Ein "Kümmerer" müsse her, der die Stadtteile und deren Bewohner im Blick hat.

Angeregt hatte so einen Nahversorgungsmanager im Herbst auch schon die Fürther SPD-Fraktion. Dieser könnte sich nach dem Vorbild der städtischen Innenstadtbeauftragten um Leerstände kümmern und versuchen, Geschäfte anzusiedeln.

Eine "Vollbremsung im Hausbau"

Darüber hinaus plagen das Handwerk weitere Probleme. Für die Handwerkskammer (HWK) für Mittelfranken beklagte Vizepräsident Christian Sendelbeck aus Fürth das Betriebssterben beispielsweise im Sanitär-Heizung-Klima-Bereich, für das die "Irrfahrt der Politik" und "explodierende Preise" verantwortlich seien. Bau-Obermeister Georg Ruf aus Langenzenn berichtete derweil von einer "Vollbremsung" im Hausbau wegen hoher Zinsen, Preise und steigender Lohnkosten.

Bei den Friseuren lobte die stellvertretende Obermeisterin Karin Kiesel-Reichel aus Fürth die gute Zusammenarbeit mit Nürnberg und Erlangen im Ausbildungsbereich. Kritik übte sie an den vielen Ausnahmegenehmigungen der HWK für "Barbershops"; laut Christian Sendelbeck wurden 77 von mehr als 360 Anträgen bewilligt.

Die Fleischer belastet Ammon zufolge die sinkende Nachfrage durch die Mehrwertsteueranhebung in der Gastronomie, die Schließung von Schlachthöfen, der Mangel an amtlichen Tierärzten für die Lebensmittelüberwachung, zu viel Bürokratie, zu wenig Planungssicherheit.

Gefühlt ständig "an der Abbruchkante" sieht Obermeister Rudi Osswald aus Langenzenn die Kachelofen- und Luftheizungsbauer: Dass die Politik widersprüchlich über Holz als Heizmittel diskutiere, verunsichere die Kunden.

Der Klimawandel sorgt durch einen Boom bei Photovoltaikanlagen und Sanierungen für viele Aufträge bei den Dachdeckern. Laut Obermeister Harald Grüner aus Veitsbronn kämpft man aber gegen Mitgliedermangel, hohe Entsorgungskosten und gewerkfremde Firmen, die auf Kundenfang im Solarbereich gehen.

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