Fragen und Antworten
Die Kandidaten für die Wahl im Landkreis Fürth: Diese Männer wollen Landrat werden
19.11.2023, 16:40 UhrAm Sonntag, 19. November 2023, bestimmt der Fürther Landkreis, wer den Chefsessel im Landratsamt bekommen soll. Wir haben die fünf Bewerber gebeten, uns einige Fragen zu beantworten - in jeweils wenigen Sätzen.
Bernd Obst (CSU)
Alter: 53 Jahre
Beruf: Volljurist, 1. Bürgermeister des Marktes Cadolzburg
Wie und wann kamen Sie zu Ihrer Partei, warum ist diese Ihre politische Heimat?
Ich bin 1996 in die CSU eingetreten, um mich neben dem Start ins Berufsleben kommunalpolitisch in Cadolzburg zu engagieren. Das geschah auch vor dem Hintergrund einer für die örtliche CSU verlorenen Bürgermeisterwahl im Jahr 1996. Ich war der Überzeugung, dass ich als „Neuling“ ein Stück weit auch frischen Wind in die Strukturen vor Ort bringen kann. Die CSU ist meine politische Heimat, weil ich mich mit den engagierten Menschen vor Ort verbunden fühle.
Welche drei Themen haben Sie vorrangig auf der Agenda, wenn Sie zum Landrat gewählt werden?
Meine großen Schwerpunkte als Landrat wären Familien und Bildung, ÖPNV und Nachhaltigkeit sowie Bürgerservice und Digitalisierung. Ich will zum Beispiel den Neubau eines Gymnasiums und einer Realschule vorantreiben, den Radschnellweg aus dem Landkreis in den Ballungsraum fördern und einen unabhängigen Pflegestützpunkt im Landkreis etablieren sowie die Bürgerfreundlichkeit der Verwaltung voranbringen.
Die Gründe für diese Schwerpunkte liegen auf der Hand: Die Übertrittzahlen an die weiterführenden Schulen steigen stetig an und es ist und wird zusehends enger an den bestehenden Schulen. Beim ÖPNV sollte es nicht nur immer um bessere Taktungen gehen, sondern auch um sinnvolle Strecken. Denkbar sind auch mehrere Schnellstrecken mit weniger Haltepunkten, um in Sachen Schnelligkeit mit dem Auto konkurrenzfähig zu sein. Nur wenn keine leeren Busse in der Gegend herumfahren, ist der ÖPNV auch nachhaltig.
Warum sind Sie der geeignete Kandidat für diese Aufgabe?
Ich bin seit 21 Jahren Bürgermeister von Cadolzburg und habe bei den letzten Wahlen jeweils ca. 80% der Stimmen erhalten. Mein Erfolgsrezept ist, dass ich immer den politischen Konsens suche und Heimat gestalte. Als Landrat will ich diese Erfahrung nutzen, um den Landkreis weiter zu einem dynamischen und lebenswerten und liebenswerten Raum zu machen. Ich kenne den Landkreis und das Landratsamt bestens. Insgesamt liegen mir die Menschen besonders am Herzen!
Wo liegen die Stärken und Schwächen des Landkreises?
Der Landkreis hat viele Stärken, wie zum Beispiel die große Wirtschaftskraft, die hohe Lebensqualität und die kurzen Wege. Wir sind ein dynamischer und familienfreundlicher Landkreis nahe des Ballungsraums mit hoher Lebensqualität, weil Wohnen und Arbeiten vor Ort möglich sind oder zumindest nicht weit voneinander entfernt sind. Der Vorteil der ballungsraumnahen Lage ist aber zugleich auch ein Nachteil, weil wir dadurch eine enorme Verkehrsbelastung auf den Hauptverkehrsadern im Landkreis haben, durch Pendler von außerhalb unseres Landkreises.
Was lief aus Ihrer Sicht gut, was falsch in der Kreispolitik der vergangenen Jahre?
Gut lief auf alle Fälle, dass wir über die Jahre hinweg eine sehr gute Finanzpolitik betrieben und dabei kräftig investiert haben ohne die kreisangehörigen Gemeinden zu überfordern. Wir entwickelten uns vom einst höchst verschuldeten Landkreis in Bayern hin zu einem Landkreis, der Ende des Jahres wahrscheinlich schuldenfrei sein wird. Wir haben insbesondere in unsere Schulen und in den ÖPNV und das Fahrrad investiert. Wir leben Regionalität, sind Fair-Trade-Landkreis und haben das Klima und die Nachhaltigkeit im Blick. Ich kann nicht erkennen, dass etwas falsch gelaufen ist. Vielleicht hätten wir im Bereich des Tourismus im Landkreis weiter vorankommen können. Aber da ist der Landkreis ja auf die Mitwirkung anderer, teils auch privater Player angewiesen. Hier muss teilweise noch weiter Überzeugungsarbeit geleistet werden, dass wir im Bereich der Tourismuskonzeption nur gemeinsam stark sein können.
Was kann sich der Kreis in den nächsten Jahren überhaupt noch leisten, an welchen Projekten müssen eventuell Abstriche gemacht werden?
Das ist eine gute Frage, die mich auch umtreibt, denn es wird ja immer wieder berichtet, dass sich die konjunkturellen Rahmenbedingungen in Deutschland zunehmend verschlechtern und dies auch vor dem Landkreis Fürth keinen Halt machen wird. Auf der anderen Seite hat es der Landkreis ausschließlich mit Pflichtaufgaben zu tun, denen er nachkommen muss. Daher bin ich der Überzeugung, dass nicht so einfach gestrichen werden kann. Wir müssen in Zukunft investieren! Es war wichtig, dass wir in den zurückliegenden „guten“ Jahren nicht der Versuchung erlegen sind, beim Landkreis kostenträchtige sogenannte freiwillige Leistungen aufzubauen. Sicher werden wir in Zukunft die ein oder andere Baumaßnahmen vielleicht strecken oder auf eine Zukunftsliste setzen, aber nicht bei den Schulbauten, denn Investitionen in Bildung ist meiner Ansicht nach die beste Investition. Wir haben gerade auch als CSU eine gesunde finanzielle Basis geschaffen.
Was ist Ihr Lieblingsort im Landkreis?
Der Landkreis Fürth ist schön und hat 14 tolle Städte und Gemeinden, alle mit ihrer individuellen Besonderheit. Dabei bleibt der Markt Cadolzburg mein lieber Heimatort!
Marco Maurer (Grüne/SPD)
Alter: 47 Jahre
Beruf: Diplom-Verwaltungswirt, Leiter der Zentralabteilung und „Chief Digital Officer“ im Fürther Landratsamt
Wie und wann kamen Sie zu Ihrer Partei, warum ist diese Ihre politische Heimat?
Als parteiübergreifender Landrat möchte ich ausdrücklich für alle Menschen im Landkreis und nicht nur Funktionsträger einer Partei da sein. Deshalb freue ich mich, dass ich von zwei Parteien, von den Grünen und von der SPD, vorgeschlagen worden bin. Soziale Gerechtigkeit und solidarisches Miteinander sind mir genauso wichtig wie Nachhaltigkeit und Verantwortung für die Umwelt, daher kann ich mich mit den Grundwerten beider Parteien sehr gut identifizieren.
Welche drei Themen haben Sie vorrangig auf der Agenda, wenn Sie zum Landrat gewählt werden?
Um in puncto Nachhaltigkeit voranzukommen, muss der Landkreis vor allem beim Aufbau kommunaler Energienetze eine moderierende, aber sehr aktive Rolle einnehmen. Im Sozialbereich brauchen wir vor allem wohnortnahe Pflegeberatung und flächendeckende Pflegeangebote. Außerdem sind mir die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an der Kreispolitik, die Beteiligung der Mitarbeitenden und die Mitsprache der Gemeinden ein sehr wichtiges Anliegen. Miteinander können wir viel erreichen und wir sollten mehr aufeinander hören.
Warum sind Sie der geeignete Kandidat für diese Aufgabe?
Ich kenne das Landratsamt und die Menschen, die darin arbeiten, durch meine jetzige leitende Tätigkeit als Abteilungsleiter bestens. Viele Herausforderungen, die wir künftig angehen müssen, um zukunftsfähig und bürgerfreundlich zu sein, kenne ich aus meinem derzeitigen Aufgabenbereich - sei es Digitalisierung, Fachkräftemangel oder auch die Ausgestaltung des Anbaus am Landratsamt. Ich glaube, dass ich für diese verantwortungsbewusste Aufgabe der richtige "Manager“ bin: Der Stellenplan beispielsweise liegt seit 2017 in meiner Verantwortung.
Wo liegen die Stärken und Schwächen des Landkreises?
Da der Landkreis Fürth der flächenmäßig kleinste Landkreis in Bayern ist, sind die Wege kürzer als anderswo, eine Zusammenarbeit der verschiedenen Kommunen und Absprachen können so schnell und unkompliziert gestaltet werden. Gemeinsame Projekte sind dadurch besser realisierbar. Rund 120.000 Einwohner im verdichteten Raum der Metropolregion bedeuten aber auch große Herausforderungen z.B. für die Verkehrsplanung, für die Energiewende, den Erhalt der Kulturlandschaft und die Pflege der sozialen Netzwerke in unseren Dörfern und Städten.
Was lief aus Ihrer Sicht gut, was falsch in der Kreispolitik der vergangenen Jahre?
Der Landkreis hat sich in sehr vielen Punkten sehr gut entwickelt und steht sehr solide da. Ich denke, hier ist sehr vieles gut und richtig gemacht worden, auch weil die Projekte meist von allen Fraktionen im Kreistag mitgetragen worden sind. Ich möchte das als überparteilich arbeitender Landrat ausdrücklich beibehalten, alle demokratischen Gruppierungen einbeziehen, gute Lösungen für den Landkreis finden und vor allem die Bürgerinnen und Bürger noch mehr an den Entscheidungen beteiligen.
Was kann sich der Kreis in den nächsten Jahren überhaupt noch leisten, an welchen Projekten müssen eventuell Abstriche gemacht werden?
Die Einnahmen des Landkreises kommen zu einem großen Teil aus der Kreisumlage unserer 14 Gemeinden. Ich gehe nicht davon aus, dass wir hier in den nächsten Jahren große Steigerungen haben werden. Deshalb müssen wir sehr sorgfältig darauf achten, das zur Verfügung stehende Geld sinnvoll auszugeben. Etliche Bauprojekte sind gestartet und müssen vollendet werden, ebenso tatkräftig müssen wir in eine gute Präventionsarbeit bei der Jugend investieren. Sparen werden wir künftig bei Projekten, bei denen der Kreistag keine dringende Notwendigkeit sieht.
Was ist Ihr Lieblingsort im Landkreis?
Ich fühle mich an vielen Orten im Landkreis Fürth wohl, einen Lieblingsort habe ich nicht. Mit unseren Hunden gehe ich gerne im Wald spazieren, aber auch mit dem Rennrad bin ich im gesamten Landkreis unterwegs. Ich lebe gerne in meiner Heimatkommune Oberasbach, zuhause ist mein Lieblingsplatz in unserem Garten.
Felix Kißlinger (Freie Wähler)
Alter: 43 Jahre
Beruf: Handelsfachwirt
Wie und wann kamen Sie zu Ihrer Partei, warum ist diese Ihre politische Heimat?
Ich bin 1996 in die damalige Oberasbacher Liste eingetreten, den späteren Freien Wählern. Bereits in meiner Jugend war ich politisch interessiert. Die Gruppierung war damals frisch gegründet und der dortige Willensbildungsprozess von unten nach oben hat mich beeindruckt. Ferner kann jeder seine Meinung frei äußern und in den entsprechenden Gremien vertreten.
Welche drei Themen haben Sie vorrangig auf der Agenda, wenn Sie zum Landrat gewählt werden?
ÖPNV mit Reform des AST(Anrufsammeltaxisystems) mit mehr Flexibilität und Wegfall des Zuschlags, bessere Verknüpfung Bus/Schiene und Taktverdichtungen in den Abendstunden und an den Wochenenden.
Schule und Bildung: Weitere Fortführung der Sanierungen und Bau eines modernen Gymnasiums in Cadolzburg nach zeitgemäßen Standards. Freizeit und Tourismus: Noch bessere Vernetzung der Angebote. Einführung einer Gästekarte.
Warum sind Sie der geeignete Kandidat für diese Aufgabe?
Ich habe mittlerweile 15 Jahre kommunalpolitische Erfahrung als Stadtrat in Oberasbach, bin mittlerweile Fraktionssprecher und Vorsitzender des Rechnungsprüfungsausschusses. Hinzu kommt aus meiner beruflichen Tätigkeit die Erfahrung aus der Wirtschaft, die ich auch gerne mit einbringen möchte und durch meine vielfältige ehrenamtliche Tätigkeit die Vernetzung in diesem Bereich.
Wo liegen die Stärken und Schwächen des Landkreises?
Der Landkreis hat ein sehr gutes Regionalmanagement, das sehr breit aufgestellt ist, und er hat auch ein umfassendes Schulangebot.
Was lief aus Ihrer Sicht gut, was falsch in der Kreispolitik der vergangenen Jahre?
Man hat sehr viele Initiativen und Konzepte angestoßen, wie z.B. das Radverkehrskonzept, die Landkreismacher oder Gutes aus dem Fürther Land. Im ÖPNV ist noch Luft nach oben, was den barrierefreien Ausbau betrifft. Die Vernetzung von Bus und Bahn kann noch besser werden, genauso wie die Taktverdichtungen. Einen Fehler hat man meines Erachtens bei der Ausschreibung der Buslinien 63/64 in Stein gemacht. Vor dem Hintergrund der Mobilitätswende und der bereits guten Auslastung wäre eine Ausschreibung von 3-Achser-Bussen mit einem höheren Platzangebot sinnvoller gewesen, um während der Vertragslaufzeit noch Kapazitätsreserven zu haben.
Was kann sich der Kreis in den nächsten Jahren überhaupt noch leisten, an welchen Projekten müssen eventuell Abstriche gemacht werden?
Das kann der Landrat nicht alleine, sondern nur gemeinsam mit dem Kreistag entscheiden. Wenn der finanzielle Rahmen nicht ausreicht, dann müssen Projekte ggf. auch nochmal geschoben, komplett überarbeitet oder gestrichen werden. Je nach Leistungsfähigkeit des Landkreises, wird eine sehr genaue Prüfung auf Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit erforderlich werden.
Was ist Ihr Lieblingsort im Landkreis?
Nachdem ich in Oberasbach wohne, halte ich mich sehr gerne im Asbachgrund oder auf dem Hainberg auf, was naheliegend ist. Allerdings hat der Landkreis noch sehr viele weitere schöne Orte zu bieten.
Krzysztof Malowaniec (AfD)
Alter: 67
Beruf: Diplom-Informatiker
Wie und wann kamen Sie zu Ihrer Partei, warum ist diese Ihre politische Heimat?
Vor der Bundestagswahl 2021 waren alle politischen Parteien gegen eine Covid-19-Impfpflicht und gleich nach der Wahl waren die meisten Parteien plötzlich dafür, nur dem Widerstand der AfD-Bundestagsfraktion und einiger Bundestagsabgeordneter der Linken (wie Sahra Wagenknecht) und der FDP (wie Wolfgang Kubicki) ist es zu verdanken, dass wir keine allgemeine Covid-19-Impfpflicht bekommen haben. Ich habe Angst vor Impfungen mit wenig geprüften Impfstoffen, was wegen dem angekündigten WHO-Pandemievertrag immer noch droht. Deshalb bin ich am 1.1.2023 in die AfD eingetreten, um diese Partei zu unterstützen, die mich und zahlreiche Mitbürger vor Impfschäden bewahren kann.
Welche drei Themen haben Sie vorrangig auf der Agenda, wenn Sie zum Landrat gewählt werden?
„Gestalten statt verwalten“ ist mein Motto, und als Landrat möchte ich folgende Themenfelder neu gestalten:
(1) Digitalisierung und Prozessoptimierung der Verwaltungsabläufe. So war z.B. das Gesundheitsamt als Abteilung des Landratsamtes schon während der Corona-Krise völlig überfordert und müsste für die Herausforderungen des voraussichtlich ab 05/2024 geltenden WHO-Pandemievertrages neu gestaltet werden.
(2) Umweltschutz und Klimawandel. Das bisherige Klimamanagement des Landkreises basiert im Wesentlichen auf computergestützten Klimamodellen, sollte aber umgestaltet und um die Berücksichtigung von Klimaexperimenten erweitert werden, insbesondere dort, wo empirische Befunde den Modellergebnissen widersprechen.
(3) Kommunale Flüchtlingspolitik. Der Landrat sollte nicht nur neue Flüchtlinge unterbringen, sondern auch einen „Remigrationsbeauftragten“ installieren, der die Abschiebung krimineller und ausreisepflichtiger Flüchtlinge steuert. Solange die unkontrollierte Zuwanderung anhält, sollte eine vorübergehende Aussetzung des Asylrechts gefordert werden.
Warum sind Sie der geeignete Kandidat für diese Aufgabe?
In meinem Berufsleben als Informatiker habe ich mich u.a. mit Digitalisierung, Prozessoptimierung und Computermodellen beschäftigt, so dass ich die Umgestaltung des Gesundheitsamtes und die Überprüfung der Klimamodelle fachlich begleiten kann. Bis 2021 war ich aktives Mitglied der Ökologisch-Demokratischen Partei (ÖDP) und kann das dort erworbene Wissen über Umweltschutz und Klimawandel als Landrat sehr gut brauchen. Außerdem war ich Vorsitzender des ÖDP-Bundesarbeitskreises Asyl und Integration und kann die dort gesammelten Erfahrungen in die kommunale Flüchtlingspolitik einbringen.
Wo liegen die Stärken und Schwächen des Landkreises?
Stark ist die gesunde Mischung aus Stadt und Land für ein vorbildliches wertschätzendes Miteinander. Nicht zuletzt durch niedrige Gewerbesteuerhebesätze ist es den Landkreiskommunen gelungen, viel Gewerbe anzusiedeln und aus dem benachbarten Nürnberg abzuwerben, was die Finanzkraft des Landkreises nachhaltig gestärkt hat.
Eine Schwäche des Landkreises Fürth ist seine Größe. Als flächenmäßig kleinster bayerischer Landkreis kann er zwar in der Kategorie „klein, aber fein“ mitspielen, aber nie in der großen Liga wie z.B. der Nachbarlandkreis Ansbach, der flächenmäßig fast so groß ist wie das Bundesland Saarland.
Was lief aus Ihrer Sicht gut, was falsch in der Kreispolitik der vergangenen Jahre?
Relativ gut lief der Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs, welcher in den kommenden Jahren unbedingt weiter intensiviert werden muss, um den ÖPNV zu einer attraktiven Alternative für Pendler zu machen, welche dann auch bereit sind, auf das Auto zu verzichten. Katastrophal verlief dagegen die Unterbringung der Flüchtlinge, welche völlig ohne Einbezug der Bürger erfolgte. So wurde beispielsweise das Hotel Asbacher Hof in der Jahnstraße in Oberasbach vom Landratsamt als Unterkunft für 48 Flüchtlinge angemietet. Des Weiteren plante das Landratsamt den Umbau eines Fabrikgebäudes in der Sternstraße in Zirndorf zu einer Unterkunft für 150 Asylbewerber, was bereits im Vorfeld zu heftigen Protesten der Anwohner führte.
Was kann sich der Kreis in den nächsten Jahren überhaupt noch leisten, an welchen Projekten müssen eventuell Abstriche gemacht werden?
Durch Corona-Krise, Russland-Sanktionen, Energiewende und Inflation sind wir alle ärmer geworden und müssen eventuell bei einigen als Luxus angesehenen Projekten Abstriche machen, um andere lebensnotwendige Projekte finanzieren zu können. So kann z.B. beim Klimaschutzmanagement die Stelle des Klimaschutzmanagers eingespart werden, was nicht nur die Personalkosten schönt, sondern auch das Geld für umstrittene Klimaprojekte, die von ihm koordiniert und von der Klimalobby vorangetrieben werden.
Dringend erforderlich wäre dagegen die Schaffung der Stelle eines „Remonstrationsbeauftragten“, der die Beamten bei der Remonstration unterstützt. Unter Remonstration versteht man in Deutschland den Einspruch eines Beamten gegen eine Weisung seines Vorgesetzten. In der Corona-Krise wurden mehrfach grundrechtswidrige Weisungen der Bayerischen Staatsregierung von den Gerichten als unverhältnismäßig und damit nichtig erklärt, was jedoch von den zuständigen ausführenden Landkreisbeamten nicht beanstandet und erst durch gerichtliche Klagen der Geschädigten festgestellt wurde. Um dies in Zukunft im Hinblick auf den für 05/2024 angekündigten WHO-Pandemievertrag zu vermeiden, soll der Remonstrationsbeauftragte ministerielle Weisungen auf ihre Übereinstimmung mit den in Art. 1-20 des Grundgesetzes garantierten Grundrechten überprüfen und bei Verdacht auf Verstöße automatisch eine Remonstration veranlassen.
Was ist Ihr Lieblingsort im Landkreis?
Zirndorf ist seit 1983 mein Lieblingsort im Landkreis Fürth. Als Untergrundkämpfer der damals in der Volksrepublik Polen verbotenen Gewerkschaft „Solidarność“ floh ich nach Deutschland und lebte im Saarland in einem Flüchtlingsunterkunft in einem düsteren Kohledorf. Als ich 1983 zur Anhörung ins Bundesamt für Flüchtlinge nach Zirndorf fuhr, empfand ich die Stadt als einen wunderschönen Garten Eden auf Erden, den ich sofort in mein Herz schloss. Dass ich mich 40 Jahre später um den Chefposten des dortigen Landratsamtes bewerben würde, hätte ich mir damals nicht träumen lassen.
Christian Löbel (Die Linke)
Alter: 40
Beruf: Geschäftsführer des BDAJ Bayern, eines migrantisch geprägten Jugendverbands
Wie und wann kamen Sie zu Ihrer Partei, warum ist diese Ihre politische Heimat?
Mit 14 Jahren wurde ich politisch aktiv und trat damals in die SPD ein, um für eine sozialere, gerechtere Welt zu kämpfen. Die „Schröder-Jahre“ haben mich schnell desillusioniert, was die Glaubwürdigkeit der deutschen Sozialdemokratie angeht. Mein Engagement verlagerte sich daraufhin in den sogenannten „vorpolitischen Raum“, insbesondere in die Jugendarbeit, in der ich auch heute noch aktiv bin. Als die Linke gegründet wurde, trat ich im Gründungsjahr in die Partei ein und bin bis heute aktiv. Denn ich bin überzeugt: Eine Partei, die für die Interessen der Mehrheit der Menschen eintritt, die Umverteilung von unten nach oben stoppen will und die eine klare Kante gegen die extreme Rechte zeigt, ist wichtiger denn je!
Welche drei Themen haben Sie vorrangig auf der Agenda, wenn Sie zum Landrat gewählt werden?
Nahverkehr:
Im Landkreis braucht man aktuell fast dreimal so lange mit dem ÖPNV als mit dem PKW. Das muss sich ändern! Ich setze mich ein für einen ÖPNV, der eine echte Alternative zum Auto darstellt: guter Takt, schnelle Verbindungen, Barrierefreiheit im gesamten Landkreis und stärkere Querverbindungen zwischen den Gemeinden. Ein Sozialticket soll gewährleisten, dass sich alle Mobilität leisten können. Auch das Radwegenetz muss weiter konsequent ausgebaut werden.
Inklusion & Beteiligung:
Ich möchte, dass die Menschen im Landkreis als Expert:innen in eigener Sache gehört werden. Daher strebe ich stärkere und verbindlichere Beteiligungsstrukturen für Kinder und Jugendliche, Senior:innen sowie Menschen mit Behinderungen an. Inklusion begreife ich als Querschnittsthema, denn: Unser Landkreis muss für alle da sein!
Soziales:
Menschen vor Profite! Deshalb soll der Landkreis nur Aufträge an tariftreue Unternehmen vergeben. Der Ausbau der Jugendsozialarbeit an Schulen und eine stärkere Förderung der Jugendarbeit sind ebenfalls geplant.
Warum sind Sie der geeignete Kandidat für diese Aufgabe?
Mein gesamtes Leben lang engagiere ich mich ehrenamtlich, um die Welt ein Stück besser zu machen. Diese Motivation bringe ich auch in die Politik ein. Durch mein Engagement im Jugendzentrum in Cadolzburg, im Jugendring und in der Allianz gegen Rechtsextremismus sowie durch meine berufliche Tätigkeit als Leiter eines Inklusionsprojekts und als Geschäftsführer eines migrantisch geprägten Jugendverbands verfüge ich über hohe Expertise in den Bereichen Jugendarbeit/Jugendhilfe, Inklusion und Bildungspolitik. Mein größtes Kapital ist jedoch meine Leidenschaft, unseren Landkreis für alle zu einem schöneren Ort zu machen!
Wo liegen die Stärken und Schwächen des Landkreises?
Unser Landkreis ist vielfältig. Die Stärken und Herausforderungen sind in Puschendorf anders als in Cadolzburg oder Zirndorf. Unsere Gemeinden sind lebenswerte Orte mit eigener Identität und Potenzial! Doch der ÖPNV ist kreisweit noch nicht attraktiv genug, und an vielen Stellen fehlt es auch an schnellem Internet.
Was lief gut, was falsch in der Kreispolitik der vergangenen Jahre?
Zu oft wurde im Kreistag behauptet: „Der Kreistag vertritt bereits alle Menschen“, wenn es um die Stärkung der Beteiligung ging. Unsere Anträge auf Einrichtung eines Behindertenbeirats oder auf stärkere Beteiligung von Umwelt- und Verkehrsverbänden beim Nahverkehrsplan wurden abgelehnt. Dabei sind Menschen die wahren Expert:innen in eigener Sache. Ich trete daher für eine stärkere und verbindlichere Beteiligung von jungen Menschen, Senior:innen und Menschen mit Behinderungen ein, um nur einiges zu nennen.
Was kann sich der Kreis in den nächsten Jahren überhaupt noch leisten, an welchen Projekten müssen eventuell Abstriche gemacht werden?
Gerade im Investitionsbereich kann und muss der Landkreis jetzt investieren, um die Lebensqualität zu verbessern und bleibende Werte zu schaffen. Oft wird nach Sparsamkeit gerufen, besonders bei sozialen Themen, doch gerade hier ist es oft die beste Sparmaßnahme, Geld auszugeben. Ein Platz in der stationären Jugendhilfe kostet bis zu 4.500 Euro pro Monat. Hier ist jeder Euro in der Jugendhilfe gut investiert, der verhindert, dass ein Kind in eine stationäre Einrichtung muss. Gerade im Sozialen gilt: Sparen können wir uns nicht leisten!
Was ist Ihr Lieblingsort im Landkreis?
Unser Landkreis ist reich an schönen Orten, von der Alten Veste bis zum Playmobil-Funpark, von unserer Burg in Cadolzburg bis hin zum Bleistift (Aussichtsturm). Aber mein persönlicher Lieblingsort ist ein schöner Platz im Wald, gleich hinter meiner Wohnung. Dort komme ich zur Ruhe, und manchmal findet man mich dort sogar mit dem Laptop im „Wald-Office“.
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