Stadt sagt Prüfung zu

Taubendreck in Fürth: Es gibt wieder neue Klagen

14.10.2021, 06:00 Uhr
Taubendreck in Fürth: Es gibt wieder neue Klagen

© Foto: Hans-Joachim Winckler

"Im Innenhof unseres Areals gibt es eine enorme Taubenplage", klagen Anwohner. Die Ursache: Ein Haus in der benachbarten Pickertstraße steht bis auf eine Wohnung leer. "Die Tauben fliegen ein und aus, verscheißen Höfe und Fensterbänke", so die drastische Formulierung eines Fürthers. Das Gebäude sei seit mindestens 20 Jahren großteils nicht bewohnt. "Auf den Balkonen, wohl auch in manchen Wohnungen, leben die Vögel und vermehren sich sehr." Bewohner der Königswarterstraße haben sich deshalb an die Stadt gewandt.

Jürgen Tölk, Chef des Amts für Umwelt, Ordnung und Verbraucherschutz, betont, man sei bereits vor Ort gewesen und habe einen "gewissen Taubenbefall" festgestellt. Inwieweit er aus infektionsschutzrechtlicher Sicht ein Einschreiten nötig macht, müsse man mit dem Gesundheitsamt klären. Dazu ist es wichtig, auch Dachboden und Innenhof des betroffenen Hauses zu inspizieren, um das Ausmaß von Population und Vermehrung zu beurteilen. Beide Bereiche waren laut Tölk bei der Besichtigung nicht zugänglich. Man versuche nun, den nicht in Fürth lebenden Eigentümer zu kontaktieren.

Das Haus wurde in den Jahren 2008 bis 2011 schon einmal durch die Behörden geprüft. Das Gesundheitsamt war damals der Meinung, ein Eingreifen sei nicht nötig. Wenn sich die Situation aber seither verschlechtert haben sollte, kann der Besitzer zu Vergrämungsmaßnahmen verdonnert werden. In jedem Fall will man ihn beraten und ihm dringend empfehlen, Maßnahmen zur Fernhaltung der Vögel zu ergreifen. "Es ist nicht nur im Interesse der Anwohner, sondern auch in seinem eigenen. Tölk: "Er kann nicht wollen, dass die Bausubstanz durch den ätzenden Kot geschädigt wird." Auch aus Sicht der Stadt wird ein Verfall des Hauses bedauert: Es handelt sich um ein Baudenkmal aus dem Jugendstil.

Hoffen auf eine Lösung

Eine baldige Lösung in Sachen Taubendreck zeichnet sich immerhin bei der Unterführung Schwabacher Straße ab. Hier hatte es massive Kritik gegeben, weil Gehwege und Brückenpfeiler voller Vogelkot waren. Die Tiere bevölkern das Brückenbauwerk scharenweise und nisten auch dort in Nischen unter der Decke. Die Beschwerden waren Anlass für die Stadtverwaltung, auf die Deutsche Bahn als Eigentümerin der Brücke zuzugehen, um zu klären, was man gemeinsam gegen die Verschmutzung tun kann. Für die Reinigung von Gehwegen und Pfeilern ist die Kommune zuständig, für die Vergrämungsmittel, die am Bauwerk anzubringen sind, die DB.

Das Rathaus ist im Sommer mit einer Generalreinigung in Vorleistung gegangen. Die beauftragte Firma rückte mit Spezialausrüstung an, damit die Arbeiter nicht mit dem ätzenden Exkrementen in Berührung kommen und auch nichts davon ins Grundwasser gelangt. "Die Entfernung der zentimeterdicken Kotschicht hat 17.000 Euro gekostet", sagt Tiefbauamtschef Hans Pösl. "Da muss man erst einmal schlucken." Damit das Geld nicht umsonst ausgegeben wurde, müssen die Tauben nun möglichst schnell aus der Unterführung verbannt werden. Die DB hat bereits zugesagt, tätig zu werden. "Wir werden die vorhandenen Netze und Spikes ergänzen oder austauschen, wo sie schadhaft sind", verspricht Matthias Lorenz, bei der DB für Infrastruktur, speziell für Brückenbauwerke, zuständig. Vor fünf Jahren hatte man bereits Vergrämungsvorrichtungen angebracht, die aber inzwischen teils marode sind: Spikes wurden durch Vandalismus beschädigt, die Netze von zu hohen Lastwagen zerrissen.

Der interne Dienstleister DB-Services soll die Arbeiten im Frühjahr übernehmen und dabei auch alle tierschutzrechtlichen Vorgaben einhalten. Niemand müsse befürchten, dass brütende Tauben oder Jungtiere in Nischen eingeschlossen werden, sagt Lorenz. Für Überlegungen von Tierschützern, einen Taubenschlag einzurichten, in dem sich die Vögel ansiedeln und aufhalten können, ist die Stadt durchaus offen. Jürgen Tölk: "Es muss sich aber eine Organisation finden, die ein solches Projekt dauerhaft ehrenamtlich betreut." Vor Jahren gab es bereits einen Vorstoß, die Stadt sagte sogar finanzielle Unterstützung zu. Dann aber verlief die Initiative im Sand.

"Augsburger Modell" macht Schule

In anderen Bayerischen Städten ist man da schon deutlich weiter. Im Bemühen um eine tierschutzgerechte Lösung hat man in Augsburg ein Stadttaubenkonzept entwickelt, das inzwischen als "Augsburger Modell" bekannt ist und von über 60 anderen Kommunen übernommen wurde. In betreuten Taubenschlägen, in denen die Vögel die meiste Zeit verbringen, bekommen sie Futter, Wasser und ausreichend Nistgelegenheiten. Die Eier werden dann durch Attrappen ersetzt, um die Fortpflanzung zu regulieren. Der gebundene Taubenkot (rund fünf Tonnen pro Jahr) entlastet das Stadtgebiet und wird fachmännisch entsorgt.

Bis Mitte der 1990er Jahre war man bei Beschwerden durch Abschuss gegen Tauben vorgegangen. Tierschutzorganisationen protestierten aber vehement, weil man auch so keine dauerhafte Reduzierung des Bestands erreichte. Die Taubenschläge werden heute vom "Tierschutzverein Augsburg und Umgebung" betreut.

Im Frühjahr 2019 ging in Ingolstadt der erste Taubenschlag nach dem Augsburger Modell in Betrieb. Seither wurden mehr als 400 Eier ausgetauscht, was 400 weniger Tauben am Hauptbahnhof bedeutet, der sich zum Vogel-Hotspot entwickelt hatte. Anwohner berichten von einem deutlichen Rückgang der Verschmutzungen durch Kot, weil sich die Hinterlassenschaften im Taubenhaus sammeln. Eine Ausweitung des Projekts in die Ingolstädter Altstadt und an den Nordbahnhof ist in Planung.

In Erlangen gibt es fünf Taubenstationen. Die erste wurde schon 1995 installiert. Allein im Jahr 2020 wurden über 1000 Eier entnommen. Seit Bestehen der Stationen sind es 25 919 Stück. Die Bindung der standorttreuen Tiere an ihr Taubenhaus verhindert wildes Brüten. Auch in Nürnberg gibt es Pläne für ein kommunales Taubenmanagement. Die Suche nach einem Standort läuft.

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