Neue Folge "Warum"

Drehort Nürnberg: So wird der neue Franken-"Tatort" am 1. Mai

1.5.2022, 17:19 Uhr
Lösen ihren achten gemeinsamen Fall: Paula Ringelhahn (Dagmar Manzel) und Felix Voss (Fabian Hinrichs).

© BR/Hager Moss Film GmbH/Hagen Keller, NN Lösen ihren achten gemeinsamen Fall: Paula Ringelhahn (Dagmar Manzel) und Felix Voss (Fabian Hinrichs).

Er war charmant, jung und frisch verliebt. Ein Menschenfreund. Jetzt ist Lukas Keller tot, seine Kehle durchschnitten. Tritte trafen den Kopf. Warum musste der 27-jährige Informatiker sterben? Und warum mit solcher Brutalität? Das sind Fragen, die nicht nur die Kommissare Paula Ringelhahn (Dagmar Manzel) und Felix Voss (Fabian Hinrichs) im neuen Franken-"Tatort" umtreiben.

Auch die unglücklichen Eltern des Toten machen sich daran, die Hintergründe der Bluttat aufzudecken. "Wir müssen doch wissen, wie es passiert ist", sagt Marie Keller mit tränenerstickter Stimme zu ihrem Mann Fritz (Karl Markovics), von dem sie schon lange getrennt ist. Die Trauer um das geliebte Kind bringt beide wieder näher zusammen. Großartig und berührend spielt Episoden-Hauptdarstellerin Valentina Sauca diese Marie in ihrem Schmerz und ihrem unbedingten Willen, Antworten zu finden.

Mit der Verzweiflung der liebenden Mutter ist vor allem sie es, die nicht locker lässt, die beharrlich an die Türe der Freundin ihres toten Sohnes hämmert, um herauszufinden, wovor sie Angst hat, die in Lukas beruflichem Umfeld nachfragt und die seine Treffen in einem Nürnberger Hotel nachverfolgt.

Das Fatale dabei: Die Eltern sind den Ermittlern immer einen Schritt voraus. Dass Voss und Ringelhahn die beiden bei ihren Ermittlungen zu sehr aus dem Blick verlieren, ist so tragisch wie nachvollziehbar: Ist doch vor einem halben Jahr in der Oberpfalz ein ähnlicher Mordfall passiert, der bis jetzt nicht aufgeklärt wurde.

Auch dort: "Kehle durch, sofortiger Exodus", informiert Spusi-Leiter Michael Schatz (Matthias Egersdörfer) die Kommissare. Die sind ob des Ermittlungseinsatzes der Oberpfälzer Kripo gelinde gesagt: irritiert. Die Gründlichkeit ihrer Befragung sei ein Witz, brüllt der sonst so ruhige Voss über den Schreibtisch. Also versuchen die Nürnberger zu retten, was die Oberpfälzer verbockt haben, verbeißen sich in den alten Fall, um den neuen zu lösen...

"Warum" ist ein melancholischer und düsterer "Tatort", traurig und eindringlich. Er wird ruhig, beinahe elegisch erzählt, was der inneren Haltung der wortkargen Figuren angemessen ist. Ein großer Schmerz liegt über vielen Szenen mit den Eltern, bei den Ermittlungsarbeiten der Polizei blitzt immer wieder warmer Humor auf. So vermeidet Regisseur Max Färberböck allzu große Sentimentalität. Die ebenso glaubwürdige wie tragische Geschichte ist (nach "Die Nacht gehört Dir", "Ich töte niemand" und "Der Himmel ist ein Platz auf Erden") das vierte Drehbuch, das er für die Franken geschrieben und auch selbst inszeniert hat.

Vom Ende her betrachtet handelt es sich um eine konventionelle Krimigeschichte. Das Besondere daran ist, wie und aus welchem Blick sie erzählt wird: Durch die Perspektive der Hinterbliebenen, der lebenden Opfer, bekommt sie große Emotionalität und Tragik. Und so langsam, hat man den Eindruck, schält sich nach acht Folgen ein ganz eigener Franken-"Tatort"-Sound heraus: Tragödien im Krimigewand, die nachklingen.

Das liegt auch an den Ermittlern (und deren Darstellern), die aus dem Personal der bundesweiten "Tatort"-Dienststellen doch immer wohltuender herausstechen: Voss und Ringelhahn haben keine Macken (wie Faber in Dortmund), keine Leichen im Keller (wie die Kollegen im Saarland), keinen Argwohn untereinander (wie die Zürcher Ermittlerinnen), kein anstrengendes Konkurrenzverhältnis (wie die Damen in Bremen) und erst recht kein schwieriges Liebesverhältnis (wie zuletzt Bukow und König im Rostocker "Polizeiruf"). Sie ermitteln auch unter Druck in großer Einigkeit, mit Empathie und - ja, man kann dieses große Wort ruhig verwenden - im Streben nach Wahrhaftigkeit. Ein Anspruch, der in diesem Job so ehrenwert wie selbstgefährdend ist, was diesmal vor allem Voss erleben muss.

Die Guten sind in diesem "Tatort" (Sonntag, 20.15 Uhr, ARD) vielleicht ein bisschen zu gut: dramaturgische Kontraste mit dem Holzhammer. Aber das schmälert diese sehr tiefe und eindringlich erzählte Geschichte nicht.

Am Alten Kanal unterwegs

Nürnberg ist darin ziemlich präsent: Drohnenaufnahmen zeigen die Stadt häufig von oben, mit dem Auto geht es durch die Königstraße oder über den Frankenschnellweg, zu Fuß sind die Figuren am Alten Kanal oder dem Neuen Museum unterwegs und betreten das Hotel "Excelsior", das in Wahrheit "Grand Hotel" heißt. Im szenischen Kontrast zu den Drohnenaufnahmen blickt Kameramann Georgij Pestov oft von unten und sehr nah auf die Protagonisten, als wolle er die Zuschauer unter ihre Haut, in ihre Gefühle eintauchen lassen.

In Dortmund ist Kommissarin Martina Bönisch (Anna Schudt) bekanntlich vor kurzem völlig überraschend aus Deutschlands beliebtester Krimi-Reihe ausgestiegen. Deshalb zuckt man als "Tatort"-Kenner schon zusammen, wenn Felix Voss, dem ein schwerer Fehler unterläuft, sagt: "Das ist mein Ende hier." Dabei wird Nürnberg für ihn doch gerade immer süßer, beim Flirt mit Honig-Anja...

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