Das sollten Sie lesen

Von Andreas Maier bis zum Großen Gatsby: Unsere Buchtipps für Mai 2025

Mit Bescheidenheit muss man ihm nicht kommen. "Ich glaube, mein Roman wird der beste amerikanische Roman sein, der je geschrieben wurde", verkündete F. Scott Fitzgerald, als "Der große Gatsby" noch gar nicht fertig war. Nun ja. Einer der besten wurde es auf jeden Fall, wie auch jetzt, 100 Jahre nach seinem Erscheinen im Frühjahr 1925, klar ist. Die Jubiläumsausgabe bei Manesse bietet nicht nur eine elegante neue Übersetzung (Bernhard Robben), sondern auch eine Auswahl von begleitenden Texten (etwa die Briefe des Autors), die fast so lang ist wie der Roman selbst. Fitzgeralds Prosa glänzt genauso ambivalent wie sein neureicher, aber romantischer US-Held, der in seinem Scheitern Größe gewinnt (30 Euro). Wolf Ebersberger
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Mit Bescheidenheit muss man ihm nicht kommen. "Ich glaube, mein Roman wird der beste amerikanische Roman sein, der je geschrieben wurde", verkündete F. Scott Fitzgerald, als "Der große Gatsby" noch gar nicht fertig war. Nun ja. Einer der besten wurde es auf jeden Fall, wie auch jetzt, 100 Jahre nach seinem Erscheinen im Frühjahr 1925, klar ist. Die Jubiläumsausgabe bei Manesse bietet nicht nur eine elegante neue Übersetzung (Bernhard Robben), sondern auch eine Auswahl von begleitenden Texten (etwa die Briefe des Autors), die fast so lang ist wie der Roman selbst. Fitzgeralds Prosa glänzt genauso ambivalent wie sein neureicher, aber romantischer US-Held, der in seinem Scheitern Größe gewinnt (30 Euro). Wolf Ebersberger © Manesse; iris Vallejo/pixabay/LizenzCC0; Montage: Sabine Schmid

Der Prix Goncourt ist eine Garantie für besten Lesestoff, für - wenn auch nur mit symbolischen zehn Euro dotiert - höchste Verkaufszahlen in Frankreich und weltweite Anerkennung. Auch bei uns, wo die Übersetzung des ausgezeichneten Romans meist mit ein bis zwei Jahren Verspätung erscheint. Jetzt liegt der Überraschungs-Sieger von 2023 auf Deutsch vor: Jean-Baptiste Andrea mit seinem Epos „Was ich von ihr weiß“ (Luchterhand, 24 Euro). Das Buch spielt im Italien des beginnenden 20. Jahrhunderts und führt ein ungleiches Paar durch Faschismus und Krieg. Atmosphärisch dicht wird hier die Geschichte einer Adligen und eines seltsamen Bildhauers erzählt, die sich finden und verlieren, finden und... Bernd Noack
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Der Prix Goncourt ist eine Garantie für besten Lesestoff, für - wenn auch nur mit symbolischen zehn Euro dotiert - höchste Verkaufszahlen in Frankreich und weltweite Anerkennung. Auch bei uns, wo die Übersetzung des ausgezeichneten Romans meist mit ein bis zwei Jahren Verspätung erscheint. Jetzt liegt der Überraschungs-Sieger von 2023 auf Deutsch vor: Jean-Baptiste Andrea mit seinem Epos „Was ich von ihr weiß“ (Luchterhand, 24 Euro). Das Buch spielt im Italien des beginnenden 20. Jahrhunderts und führt ein ungleiches Paar durch Faschismus und Krieg. Atmosphärisch dicht wird hier die Geschichte einer Adligen und eines seltsamen Bildhauers erzählt, die sich finden und verlieren, finden und... Bernd Noack © Luchterhand; Gianluca/pixabay/LizenzCC0; Montage: Sabine Schmid

Der Titel täuscht ein Thema vor, um das es gar nicht geht. "Der tödliche Ausgang von Sportverletzungen" (Zsolnay, 23 Euro) lässt an Dramen in Stadien denken. Das Spielfeld im Roman der serbischen Autorin Milica Vuckovic ist aber eine Beziehung. Eva zieht ihren kleinen Sohn alleine groß. Als sie Victor kennenlernt, glaubt sie, ihren Traummann gefunden zu haben. Doch der ist ein Psychopath, der sie erniedrigt, manipuliert und misshandelt. Eva ist bewusst, dass sie sich aus dieser Hölle befreien muss. Doch dann kommt er mit seinen Liebesschwüren... Milica Vuckovics sachliche Sprache erzeugt einen Sog aus Mitgefühl und Wut. Umso mehr, weil sich diese Geschichte millionenfach abspielt. Überall auf der Welt. Gabi Eisenack
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Der Titel täuscht ein Thema vor, um das es gar nicht geht. "Der tödliche Ausgang von Sportverletzungen" (Zsolnay, 23 Euro) lässt an Dramen in Stadien denken. Das Spielfeld im Roman der serbischen Autorin Milica Vuckovic ist aber eine Beziehung. Eva zieht ihren kleinen Sohn alleine groß. Als sie Victor kennenlernt, glaubt sie, ihren Traummann gefunden zu haben. Doch der ist ein Psychopath, der sie erniedrigt, manipuliert und misshandelt. Eva ist bewusst, dass sie sich aus dieser Hölle befreien muss. Doch dann kommt er mit seinen Liebesschwüren... Milica Vuckovics sachliche Sprache erzeugt einen Sog aus Mitgefühl und Wut. Umso mehr, weil sich diese Geschichte millionenfach abspielt. Überall auf der Welt. Gabi Eisenack © Zsolnay; Pexels/pixabay/LizenzCC0; Montage: Sabine Schmid

Hella Karl fühlt sich wohl in ihrem Leben. Sie ist als Feuilletonchefin einer Berliner Zeitung erfolgreich und führt eine harmonische Beziehung. Als sie einen Artikel über einen gefeierten Theaterintendanten schreibt, der sich kurz darauf das Leben nimmt, geht es für Hella rasant bergab, beruflich wie privat. "Der Einfluss der Fasane" heißt der neue Roman der Potsdamer Schriftstellerin Antje Ravik Strubel, der gespickt ist mit Bezügen zu aktuellen Debatten. MeToo, Missbrauch im Theaterbetrieb, Macht und Ohnmacht der Medien. Diese Geschichte ist trotz ihrer Tragik mit feinem Humor unterlegt und liest sich spannend wie ein Krimi. (S. Fischer, 24 Euro) Gabi Eisenack
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Hella Karl fühlt sich wohl in ihrem Leben. Sie ist als Feuilletonchefin einer Berliner Zeitung erfolgreich und führt eine harmonische Beziehung. Als sie einen Artikel über einen gefeierten Theaterintendanten schreibt, der sich kurz darauf das Leben nimmt, geht es für Hella rasant bergab, beruflich wie privat. "Der Einfluss der Fasane" heißt der neue Roman der Potsdamer Schriftstellerin Antje Ravik Strubel, der gespickt ist mit Bezügen zu aktuellen Debatten. MeToo, Missbrauch im Theaterbetrieb, Macht und Ohnmacht der Medien. Diese Geschichte ist trotz ihrer Tragik mit feinem Humor unterlegt und liest sich spannend wie ein Krimi. (S. Fischer, 24 Euro) Gabi Eisenack © S. Fischer; Andrys Stienstra/pixabay/LizenzCC0; Montage: Sabine Schmid

Eine Jugend in Berlin-Gropiusstadt wie einst Christiane F., die sogar erwähnt wird. Aber in den Nuller Jahren wohnen hier keine armen Deutschen mehr, sondern arme Migranten. Aria Aber, in Amerika gefeierte Lyrikerin, verarbeitet ihre eigene Geschichte in diesem beeindruckenden Erstling namens "Good Girl". Die ehrgeizigen Eltern fliehen aus Afghanistan und verzweifeln dann in Deutschland, während die Tochter zwischen Mietskasernentristesse, kultureller Begabung und unbändiger Lust auf ein unkonventionelles Leben ihren Weg findet. Es geht um Liebe, um Exzess, um Scham und Lügen. Ist Protagonistin Nila ein "Good Girl"? Kommt ganz auf die Perspektive an. (Claassen, 25 Euro) Thomas Correll
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Eine Jugend in Berlin-Gropiusstadt wie einst Christiane F., die sogar erwähnt wird. Aber in den Nuller Jahren wohnen hier keine armen Deutschen mehr, sondern arme Migranten. Aria Aber, in Amerika gefeierte Lyrikerin, verarbeitet ihre eigene Geschichte in diesem beeindruckenden Erstling namens "Good Girl". Die ehrgeizigen Eltern fliehen aus Afghanistan und verzweifeln dann in Deutschland, während die Tochter zwischen Mietskasernentristesse, kultureller Begabung und unbändiger Lust auf ein unkonventionelles Leben ihren Weg findet. Es geht um Liebe, um Exzess, um Scham und Lügen. Ist Protagonistin Nila ein "Good Girl"? Kommt ganz auf die Perspektive an. (Claassen, 25 Euro) Thomas Correll © Claassen; Peggy und Marco Lachmann-Anke/pixabay/LizenzCC0; Montage: Sabine Schmid

Andreas Maiers Erinnerungen an seine Kindheit und Jugend in der Wetterau sprudeln weiter – und die Lust, sie mit dem Blick des Erwachsenen kritisch zu hinterfragen, ist ungebrochen. Im zehnten Band seines autobiografischen Projekts "Ortsumgehung", diesmal die 70er und 80er Jahre, hat buchstäblich "Der Teufel" seine Finger im Spiel - und die Weltdeutung ist noch einfach. Es gibt Gut und Böse, BRD und DDR, uns und die anderen. Universale Wahrheiten werden derweil in der "Tagesschau" verkündet – doch sie beginnen langsam zu bröckeln. Das hat wieder Maier-Witz, viel Identifikationspotenzial und Atmosphäre. (Suhrkamp, 25 Euro). Birgit Nüchterlein
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Andreas Maiers Erinnerungen an seine Kindheit und Jugend in der Wetterau sprudeln weiter – und die Lust, sie mit dem Blick des Erwachsenen kritisch zu hinterfragen, ist ungebrochen. Im zehnten Band seines autobiografischen Projekts "Ortsumgehung", diesmal die 70er und 80er Jahre, hat buchstäblich "Der Teufel" seine Finger im Spiel - und die Weltdeutung ist noch einfach. Es gibt Gut und Böse, BRD und DDR, uns und die anderen. Universale Wahrheiten werden derweil in der "Tagesschau" verkündet – doch sie beginnen langsam zu bröckeln. Das hat wieder Maier-Witz, viel Identifikationspotenzial und Atmosphäre. (Suhrkamp, 25 Euro). Birgit Nüchterlein © Suhrkamp; Pexels/pixabay/LizenzCC0; Montage: Sabine Schmid

Warum lebt eine junge Frau als Eremitin in einer Berghütte? Warum flieht ihre Cousine aus Wien zu ihr in die Einsamkeit, obwohl sie dort nicht willkommen ist? Katharina Köller braucht nur 200 Seiten, um in ihrem Roman "Wild wuchern" (Penguin, 22 Euro) eine wahrhaft wuchtige Geschichte zu erzählen. In diesem dunklen Kammerspiel passiert wenig, das Toben findet in den Frauen statt und in der Natur, die ihre Macht mit Getöse demonstriert. Vieles wird nur angedeutet, kommt Stück für Stück ans Licht: Verlassenwerden, Missbrauch, Gewalt. Johanna und Marie ziehen sich aus der Welt zurück, um sich zu befreien. Das gelingt den beiden: Sie wuchern wild da oben in den Bergen. Und dürfen endlich sein, wer und was sie sind. Großartig! Gabi Eisenack
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Warum lebt eine junge Frau als Eremitin in einer Berghütte? Warum flieht ihre Cousine aus Wien zu ihr in die Einsamkeit, obwohl sie dort nicht willkommen ist? Katharina Köller braucht nur 200 Seiten, um in ihrem Roman "Wild wuchern" (Penguin, 22 Euro) eine wahrhaft wuchtige Geschichte zu erzählen. In diesem dunklen Kammerspiel passiert wenig, das Toben findet in den Frauen statt und in der Natur, die ihre Macht mit Getöse demonstriert. Vieles wird nur angedeutet, kommt Stück für Stück ans Licht: Verlassenwerden, Missbrauch, Gewalt. Johanna und Marie ziehen sich aus der Welt zurück, um sich zu befreien. Das gelingt den beiden: Sie wuchern wild da oben in den Bergen. Und dürfen endlich sein, wer und was sie sind. Großartig! Gabi Eisenack © Penguin; Sarah Lötscher/pixabay/LizenzCC0; Montage: Sabine Schmid

Auf einem dieser Fotos aus dem Krieg sieht man ein Vorfahrtsschild aus Cherson, völlig von Einschlägen durchlöchert. "Wir sind alle durchschossen, verstümmelt", schreibt Katja Petrowskaja dazu. "Jede Nachricht trifft uns wie ein Schuss ins Innere. Jede Rakete, jeder Alarm, jeder tote Mensch, jede neue Ruine verursacht einen Schmerz, einen Zusammenbruch...". Die Autorin, 1970 in Kiew geboren, lebt in Berlin, aber auch aus der Ferne wird sie vom russischen Angriff auf ihre Heimat, die Ukraine, tagtäglich erschüttert. Die Mutter, Familie und Freunde sind ihre Zeugen vor Ort, manche sterben. "Als wäre es vorbei", ihre Kriegsbetrachtung mittels Fotografien, berührt als Chronik der Trauer und Ohnmacht. (Suhrkamp, 25 Euro) Wolf Ebersberger
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Auf einem dieser Fotos aus dem Krieg sieht man ein Vorfahrtsschild aus Cherson, völlig von Einschlägen durchlöchert. "Wir sind alle durchschossen, verstümmelt", schreibt Katja Petrowskaja dazu. "Jede Nachricht trifft uns wie ein Schuss ins Innere. Jede Rakete, jeder Alarm, jeder tote Mensch, jede neue Ruine verursacht einen Schmerz, einen Zusammenbruch...". Die Autorin, 1970 in Kiew geboren, lebt in Berlin, aber auch aus der Ferne wird sie vom russischen Angriff auf ihre Heimat, die Ukraine, tagtäglich erschüttert. Die Mutter, Familie und Freunde sind ihre Zeugen vor Ort, manche sterben. "Als wäre es vorbei", ihre Kriegsbetrachtung mittels Fotografien, berührt als Chronik der Trauer und Ohnmacht. (Suhrkamp, 25 Euro) Wolf Ebersberger © Suhrkamp; Rigby40/pixabay/LizenzCC0; Montage: Sabine Schmid

Wer Fernweh hat, aber gerade nicht die Zeit oder Gelegenheit zum Reisen hat, dem legen wir das Buch "Der blaue Lampion" von Dennis Gastmann ans Herz. "Stories von unterwegs" lautet der Untertitel - und genau das bietet der Fernsehjournalist und Schriftsteller. Der Autor hat viel von der Welt gesehen und berichtet gerne davon. Von peinlichen Momenten in Japan und der Kunst, das Gesicht nicht zu verlieren. Von üblen Tricksereien in Indien, um an das Geld ahnungsloser Touristen zu kommen. Von einem Kammerjäger in New York und dessen Kampf gegen Bettwanzen. Die Episoden sind kurzweilig und unterhaltsam - fast wie ein kleiner Urlaub! (Rowohlt, 23 Euro) Sabine Ebinger
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Wer Fernweh hat, aber gerade nicht die Zeit oder Gelegenheit zum Reisen hat, dem legen wir das Buch "Der blaue Lampion" von Dennis Gastmann ans Herz. "Stories von unterwegs" lautet der Untertitel - und genau das bietet der Fernsehjournalist und Schriftsteller. Der Autor hat viel von der Welt gesehen und berichtet gerne davon. Von peinlichen Momenten in Japan und der Kunst, das Gesicht nicht zu verlieren. Von üblen Tricksereien in Indien, um an das Geld ahnungsloser Touristen zu kommen. Von einem Kammerjäger in New York und dessen Kampf gegen Bettwanzen. Die Episoden sind kurzweilig und unterhaltsam - fast wie ein kleiner Urlaub! (Rowohlt, 23 Euro) Sabine Ebinger © Rowohlt; ertuzio/pixabay/LizenzCC0; Montage: Sabine Schmid

Steffen Kopetzky ist ein Meister, bisher verschattete historische Episoden in den Mittelpunkt seiner Romane zu rücken. Das ist ihm mit "Propaganda" über die Schlacht im Hürtgenwald und die Enthüllungen der Pentagon-Papers zum Vietnamkrieg besonders gelungen. In seinem neuen Roman "Atom" schildert er die Versuche der Nazis, mit V-Raketen doch noch den Sieg zu erzwingen - und mit der Kopplung an Nukleartechnik die finale Zerstörungskraft zu erschaffen. Der britische Spion Simon Batley macht sich also auf ins Dritte Reich, um den Chefplaner dieser Waffenprogramme aufzuspüren - und seine Jugendliebe Hedi wiederzufinden, die jetzt selbst für die Bösen arbeitet... Spannend, informativ und sehr unterhaltsam. (Rowohlt, 26 Euro) Christian Ebinger
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Steffen Kopetzky ist ein Meister, bisher verschattete historische Episoden in den Mittelpunkt seiner Romane zu rücken. Das ist ihm mit "Propaganda" über die Schlacht im Hürtgenwald und die Enthüllungen der Pentagon-Papers zum Vietnamkrieg besonders gelungen. In seinem neuen Roman "Atom" schildert er die Versuche der Nazis, mit V-Raketen doch noch den Sieg zu erzwingen - und mit der Kopplung an Nukleartechnik die finale Zerstörungskraft zu erschaffen. Der britische Spion Simon Batley macht sich also auf ins Dritte Reich, um den Chefplaner dieser Waffenprogramme aufzuspüren - und seine Jugendliebe Hedi wiederzufinden, die jetzt selbst für die Bösen arbeitet... Spannend, informativ und sehr unterhaltsam. (Rowohlt, 26 Euro) Christian Ebinger © Rowohlt; Belinda Cave/pixabay/LizenzCC0; Montage: Sabine Schmid

Bereits der erste Satz: schmerzlich wahr. "Einem Baby beim Schlafen zuzusehen, ist, als betrachte man die Zerbrechlichkeit allen Menschenlebens." Die Zerbrechlichkeit weiblicher Menschenleben, sie steht im Zentrum des Romans "Die Tochter". Zwei Freundinnen, Laura und Alina, haben fest vor, keine Mütter zu werden. Während die eine das radikal durchzieht, wird die andere es dann doch. Und das Leben platzt ungefragt herein in Person eines vernachlässigten Nachbarjungen, seiner überforderten Mutter und eines Babys, das eigentlich gar nicht leben dürfte... Auf 283 Seiten schenkt die mexikanische Autorin Guadalupe Nettel eine Ahnung davon, warum Frauen mit dem Muttersein kämpfen. Auch für Männer lesenswert. (Luchterhand, 22 Euro) Kathrin Walther
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Bereits der erste Satz: schmerzlich wahr. "Einem Baby beim Schlafen zuzusehen, ist, als betrachte man die Zerbrechlichkeit allen Menschenlebens." Die Zerbrechlichkeit weiblicher Menschenleben, sie steht im Zentrum des Romans "Die Tochter". Zwei Freundinnen, Laura und Alina, haben fest vor, keine Mütter zu werden. Während die eine das radikal durchzieht, wird die andere es dann doch. Und das Leben platzt ungefragt herein in Person eines vernachlässigten Nachbarjungen, seiner überforderten Mutter und eines Babys, das eigentlich gar nicht leben dürfte... Auf 283 Seiten schenkt die mexikanische Autorin Guadalupe Nettel eine Ahnung davon, warum Frauen mit dem Muttersein kämpfen. Auch für Männer lesenswert. (Luchterhand, 22 Euro) Kathrin Walther © Luchterhand; Christian Abella/pixabay/LizenzCC0; Montage: Sabine Schmid

Lustig, dass das Zitat fehlt: "Der Russe ist einer, der Birken liebt", heißt doch - nach Tschechow - der tolle Roman von Olga Grjasnowa. Aber es reicht ja, dass man in Russland studiert hat, so wie Steffi Memmert-Lunau, die nun in der schönen Naturkunden-Reihe einen Band über "Birken" vorlegt, voll Liebe und lesenswerter Kenntnisse. Er ist eine Ehrenrettung des bei Gärtnern, Förstern und Parkern verhassten Baumes, dem oft Billiges anhaftet. Pionierpflanze, kein Kernholz, viel zu Kehren! Zu Unrecht natürlich, wie hier bewiesen wird. Sie ist ein Gewächs des Frühlings, der Kraft und der Hoffnung, wie man aus alten Riten weiß. Der Rindenstoff Betulin taucht gar in der aktuellen Krebsforschung auf... (Matthes & Seitz, 22 Euro) Wolf Ebersberger
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Lustig, dass das Zitat fehlt: "Der Russe ist einer, der Birken liebt", heißt doch - nach Tschechow - der tolle Roman von Olga Grjasnowa. Aber es reicht ja, dass man in Russland studiert hat, so wie Steffi Memmert-Lunau, die nun in der schönen Naturkunden-Reihe einen Band über "Birken" vorlegt, voll Liebe und lesenswerter Kenntnisse. Er ist eine Ehrenrettung des bei Gärtnern, Förstern und Parkern verhassten Baumes, dem oft Billiges anhaftet. Pionierpflanze, kein Kernholz, viel zu Kehren! Zu Unrecht natürlich, wie hier bewiesen wird. Sie ist ein Gewächs des Frühlings, der Kraft und der Hoffnung, wie man aus alten Riten weiß. Der Rindenstoff Betulin taucht gar in der aktuellen Krebsforschung auf... (Matthes & Seitz, 22 Euro) Wolf Ebersberger © Matthes & Seitz; VI NA/pixabay/LizenzCC0; Montage: Sabine Schmid

Ein Krimi, der Lust aufs Verreisen macht, das ist "Grünes Gold" von Luca Ventura. Der Autor, dessen Name ein Pseudonym ist, hat den sechsten Fall seiner Serie veröffentlicht, die auf Capri spielt. Die Polizisten Enrico Rizzi und Antonia Cirillo haben einen seltsamen Mord zu lösen: Ein Unbekannter ist im Sessellift auf dem Monte Solaro erschossen worden. Das ist ein wunderbar zu lesender Krimi der klassischen Sorte: Es gibt immer wieder neue Wendungen, gleichzeitig werden die Beziehungen zwischen den Personen - Sympathien wie Spannungen - genau beschrieben. Jede Menge Italien-Feeling gibt es mit dazu. Als Ferienlektüre also bestens geeignet, auch wenn man die anderen Bücher der Reihe nicht kennt. (Diogenes, 18 Euro) Sabine Ebinger
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Ein Krimi, der Lust aufs Verreisen macht, das ist "Grünes Gold" von Luca Ventura. Der Autor, dessen Name ein Pseudonym ist, hat den sechsten Fall seiner Serie veröffentlicht, die auf Capri spielt. Die Polizisten Enrico Rizzi und Antonia Cirillo haben einen seltsamen Mord zu lösen: Ein Unbekannter ist im Sessellift auf dem Monte Solaro erschossen worden. Das ist ein wunderbar zu lesender Krimi der klassischen Sorte: Es gibt immer wieder neue Wendungen, gleichzeitig werden die Beziehungen zwischen den Personen - Sympathien wie Spannungen - genau beschrieben. Jede Menge Italien-Feeling gibt es mit dazu. Als Ferienlektüre also bestens geeignet, auch wenn man die anderen Bücher der Reihe nicht kennt. (Diogenes, 18 Euro) Sabine Ebinger © Diogenes; falco/pixabay/LizenzCC0; Montage: Sabine Schmid

Wie sich geistige Verirrung, später die Katastrophe im Kleinen entwickelt, zeigt Arno Frank in seinem neuen Roman "Ginsterburg" (Klett-Cotta, 26 Euro). Ein wuchtiges Kleinstadtepos hat der "Spiegel"-Journalist da geschaffen, mit geduldiger Einfühlsamkeit in die Seelen der Menschen, die verführt werden sollen, die erliegen, die sich wehren. Es ist das Sittenbild des Städtchens Ginsterburg zur Zeit der Machtergreifung der Nazis und Frank zeigt an ganz verschiedenen, genau gezeichneten Charakteren die Fehlbarkeit und den Mut ganz normaler Menschen. Er richtet hier nicht moralisch, er dokumentiert in glänzend literarischem Stil den schleichenden Einfluss der Faschisten. Was trügerisch beschaulich beginnt, führt in den Abgrund. Bernd Noack
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Wie sich geistige Verirrung, später die Katastrophe im Kleinen entwickelt, zeigt Arno Frank in seinem neuen Roman "Ginsterburg" (Klett-Cotta, 26 Euro). Ein wuchtiges Kleinstadtepos hat der "Spiegel"-Journalist da geschaffen, mit geduldiger Einfühlsamkeit in die Seelen der Menschen, die verführt werden sollen, die erliegen, die sich wehren. Es ist das Sittenbild des Städtchens Ginsterburg zur Zeit der Machtergreifung der Nazis und Frank zeigt an ganz verschiedenen, genau gezeichneten Charakteren die Fehlbarkeit und den Mut ganz normaler Menschen. Er richtet hier nicht moralisch, er dokumentiert in glänzend literarischem Stil den schleichenden Einfluss der Faschisten. Was trügerisch beschaulich beginnt, führt in den Abgrund. Bernd Noack © Klett-Cotta; Pete Linforth/pixabay/LizenzCC0; Montage: Sabine Schmid

"Meine Geschichte ist einfach nur eine Geschichte, keine musikalische Komposition", so Marie, Teenager im Kentucky der 80er Jahre. Ihr imaginierter Freund Chopin widerspricht: sie sei allenfalls ein Prélude! Der optimistische Glaube an die Kunst scheint für die Außenseiterin aber überlebenswichtig in einer feindlichen, provinziellen Umgebung: Ihre Familie (insbesondere den jähzornigen Vater) empfindet sie als Last und folglich die Welt der Musik und des Balletts als Schutzraum, obwohl die damit verbundenen Träume unerreichbar erscheinen. Selbst Tänzerin zeichnet Elisabeth Heichelbech in ihrem Roman "Chopin in Kentucky" überaus humorvoll das Porträt einer jungen Kämpferin – weitere Variationen erwünscht. (Schöffling, 24 Euro) Regina Heider
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"Meine Geschichte ist einfach nur eine Geschichte, keine musikalische Komposition", so Marie, Teenager im Kentucky der 80er Jahre. Ihr imaginierter Freund Chopin widerspricht: sie sei allenfalls ein Prélude! Der optimistische Glaube an die Kunst scheint für die Außenseiterin aber überlebenswichtig in einer feindlichen, provinziellen Umgebung: Ihre Familie (insbesondere den jähzornigen Vater) empfindet sie als Last und folglich die Welt der Musik und des Balletts als Schutzraum, obwohl die damit verbundenen Träume unerreichbar erscheinen. Selbst Tänzerin zeichnet Elisabeth Heichelbech in ihrem Roman "Chopin in Kentucky" überaus humorvoll das Porträt einer jungen Kämpferin – weitere Variationen erwünscht. (Schöffling, 24 Euro) Regina Heider © Schöffling & Co.; Mark/pixabay/LizenzCC0; Montage: Sabine Schmid

Wunderbar, dass es das noch gibt: Blumenmaler! Adriana Picker, Australierin in New York, ist eine solche, und wie es sich gehört, zeichnet sie die "Blüten" ihres gleichnamigen Bandes (Gerstenberg, 28 Euro) ebenso botanisch genau wie begeistert von der Schönheit der Natur, von Formen, Farben, feinen Gerüchen. Denn muss man eine Engelstrompete, diese hochgiftige Diva, nicht auch riechen? Da braucht es gar nicht die rosa Exotik von Orchideen, auch heimischer Flieder oder Lupinen vom Feld verströmen in diesen Illustrationen (samt nützlicher Kurztexte) ihre ganze üppige Pracht: ein Rausch, gerade recht als Anreiz für die Sommerbepflanzung... Wolf Ebersberger
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Wunderbar, dass es das noch gibt: Blumenmaler! Adriana Picker, Australierin in New York, ist eine solche, und wie es sich gehört, zeichnet sie die "Blüten" ihres gleichnamigen Bandes (Gerstenberg, 28 Euro) ebenso botanisch genau wie begeistert von der Schönheit der Natur, von Formen, Farben, feinen Gerüchen. Denn muss man eine Engelstrompete, diese hochgiftige Diva, nicht auch riechen? Da braucht es gar nicht die rosa Exotik von Orchideen, auch heimischer Flieder oder Lupinen vom Feld verströmen in diesen Illustrationen (samt nützlicher Kurztexte) ihre ganze üppige Pracht: ein Rausch, gerade recht als Anreiz für die Sommerbepflanzung... Wolf Ebersberger © Gerstenberg; Annette Meyer/pixabay/LizenzCC0; Montage: Sabine Schmid